Interessant für alle Arbeitnehmer

Datenschutz ist wichtig. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, nach DSVGO Auskunft über alle Ihre Daten, welche er gespeichert hat, verarbeitet oder nutzt, zu geben. Dies sollte er innerhalb von vier Wochen bewerkstelligt haben.

Leider stellt sich das in der Praxis in der Arbeitswelt meisten nicht so leicht dar. Nun gibt es jedoch seit November 2023 ein treffendes Urteil.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat einem Kläger mit Urteil vom 3. November 2023 (Az. 5 Ca 877/23) eine Entschädigung in Höhe von 750 Euro zugesprochen, weil sein Auskunftsersuchen an ein Unternehmen, bei dem er sich beworben hatte, verspätet beantwortet habe.

Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte der Beklagten im März 2017 seine Bewerbungsunterlagen zugesandt. Mit Schreiben vom 18.05.2023 begehrte der Kläger von der Beklagten Auskunft nach der DSGVO darüber, ob und welche Daten zu seiner Person gespeichert seien. Er setzte der Beklagten eine Frist bis zum 02.06.2023. Das Schreiben ging der Beklagten am 18.05.2023 per Email zu. Die Beklagte nahm keine Stellung bis zum 03.06.2023. Sodann erinnerte der Kläger die Beklagte mit Email vom 03.06.2023 an sein Anliegen. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.06.2023 eine Negativauskunft mit dem Inhalt, dass keine Daten des Klägers bei ihr gespeichert seien. Per E-Mail vom 09.06.2023 bat der Kläger die Beklagte um Mitteilung, aus welchem Grund diese die Auskunft nicht zuvor erteilt habe. Per E-Mail vom 13.06.2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Auskunft mit Blick auf Artikel 12 DSGVO fristgerecht erteilt worden sei. Mit Email vom 13.06.2023 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 1.000 Euro wegen behaupteter Verletzung des Art 12 DSGVO auf. Die Beklagte lehnte den Anspruch des Klägers mit Email vom 14.06.2023 ab.

Das Gericht begründet seine Entscheidung, dass der Verantwortliche zwar nach 19 Tagen auf das Auskunftsersuchen geantwortet habe, aber gemäß Artikel 12 Abs. 3 der Datenschutzgrundverordnung eine „unverzügliche“ Beantwortung Voraussetzung ist.

Die DSGVO sieht zwar in Art. 12 Abs. 3 für die Beantwortung eine maximale Frist von einem Monat ab Eingang des Antrags vor. Diese Höchstfrist darf aber nicht routinemäßig, sondern nur in schwierigeren Fällen ausgeschöpft werden. Angelehnt an § 121 BGB, ist unter „unverzüglich“ „ohne schuldhaftes Zögern” zu verstehen. Da „unverzüglich” weder „sofort” bedeutet noch damit eine starre Zeitvorgabe verbunden ist, kommt es auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ist aber ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben. Die speziellen Umstände für einen erhöhten zeitlichen Bearbeitungsaufwand müssen vom Verantwortlichen dargelegt werden.

Nach Ansicht des Gerichts ist der Verantwortliche auch verpflichtet, die Struktur der Organisation so zu gestalten, dass eine fristgerechte Bearbeitung von eingehenden Anträgen möglich ist.

Da der Kläger in Ungewissheit über seine personenbezogenen Daten gelassen worden sei, sieht das Gericht den immateriellen Schaden darin, dass der Kläger seine Daten vorübergehend nicht kontrollieren konnte. Darüber hinaus konnte der Betroffene nicht überprüfen, ob und wie die Beklagte seine persönlichen Daten verarbeitet hatte.

Für nähere Informationen zu Entscheidung:

www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/arbg_duisburg/j2023/5_Ca_877_23_Urteil_20231103.html

oder als link Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 877/23 (justiz.nrw)

Henning Röders

Bundesvorsitzender

Gehaltstarifabschluss Privatbanken

Anfang Juli einigte sich der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes mit den verhandelnden Gewerkschaften verdi und DBV auf folgenden Tarifabschluss:

  • 2 Nullmonate (Juni und Juli)
  • Gehaltserhöhungen:

5,5 % mehr ab 1.8.2024

3 % mehr ab 1.8,2025

2 % mehr ab 1.7.2026

  • Erhöhungen Nachwuchskräftevergütungen:

150 Euro mehr ab 1.8.2024

50 Euro mehr ab 1.8.2025

50 Euro mehr ab 1.7.2026

  • Laufzeit bis September 2026 (28 Monate)

Des Weiteren einigten sich die Tarifparteien auf Tarifgespräche zur Weiterentwicklung des Tarifentgeltsystems und zu einer modernen und individuellen Arbeitszeitgestaltung.

Die Gewerkschaften waren mit sehr hohen Forderungen in die Verhandlungen gegangen:

Verdi: 12,5 %, mindestens 500 Euro und 250 Euro mehr für Nachwuchskräfte – und das bei 12 Monaten.

DBV: 16 % bei einer Laufzeit von 24 Monaten, mindestens 600 Euro mehr; Nachwuchskräfte 250 Euro mehr; 1 Stunde Arbeitszeitverkürzung auf 38 Wochenstunden

Begleitet wurden die Verhandlungsrunden mit der üblichen Begleitmusik von Warnstreikaktionen.

Gemessen an den hohen Forderungen ist der Tarifabschluss ernüchternd. „Die Kunst des Machbaren“, wie der DBV seine Tarifinformation als Überschrift versieht, ist noch eine freundliche Umschreibung dieses Verhandlungsergebnisses, das weit hinter den Forderungen der Gewerkschaften zurückgeblieben ist. 10, 5 % mehr Gehalt und 250 Euro mehr Nachwuchskräftevergütung bei einer Laufzeit von 28 Monaten haben die durch die Tarifforderungen geschürten hohen Erwartungen nur unzureichend erfüllt. Besonders der Tarifabschluss 2022 war mit 13 Nullmonaten und zwei linearen Gehaltserhöhungen mit einem Gesamtvolumen von sehr mageren 5,0 % bei einer Laufzeit von 35 Monaten ein Schlag ins Kontor für die Beschäftigten der Privatbanken. Die Kluft zu den Beschäftigten der Sparkassen hat sich mit dem Abschluss Anfang Juli noch vergrößert. Denn diese profitierten von einer monatlichen Stückelung der Inflationsausgleichsprämie in 2023, einer Sockelanhebung von 200 Euro und einer Gehaltserhöhung von 5,5 % ab März 2024. In den unteren und mittleren Entgeltgruppen beträgt die Gesamtsteigerung damit deutlich über 10 % bis über 16 % – und das bei einer Laufzeit von nur 24 Monaten!

Natürlich wachsen die Wünsche bei Tarifverhandlungen nicht in den Himmel. Ein Tarifabschluss stellt immer die Kunst des Machbaren dar. Auch gehört zur Wahrheit, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten der Privatbanken unter 10 Prozent liegt und somit weder verdi noch DBV ein ernstzunehmendes Druckpotential bei den Privatbanken entfalten können. Die verhandelnden Gewerkschaften sollten deshalb selbstkritisch reflektieren, ob man nicht zukünftig etwas realistischere Forderungen aufstellen sollte.

V.I.S.d.P.: Henning Röders

 

 

 

Veranstaltung der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zum Thema gute Arbeit

Veranstaltung der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zum Thema gute Arbeit

Am 15.07.2024 hatte die SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zu einer Veranstaltung mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil eingeladen. Unter dem Motto “Für gute Arbeit: sicher, gerecht, zukunftsfest” hielt er ein Impulsreferat, diskutierte mit der hamburgischen Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer sowie mit der hamburgischen DGB-Vorsitzenden Tanja Chawla und stellte sich den Fragen des Publikums.Als DHV-Bundesvorsitzender unter lauter DGB-Betriebsräten und hauptamtlichen DGB-Gewerkschaftssekretären war ich zwar ein Exot. Aber dennoch war die Veranstaltung durchaus kurzweilig und interessant. Hubertus Heil nannte Punkte, denen ich als christlicher Gewerkschafter durchaus zustimmen kann, wie u.a.:

  • Tariftreuegesetz zur Steigerung der Tarifbindung: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen sollte auch an die Bindung oder Anwendung von einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen gekoppelt werden. Die Gegner einer solchen Regelung sollten bedenken: Die Orientierung an dem wirtschaftlichsten Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis benachteiligt viel zu oft die Unternehmen, die sich an tarifvertragliche Regelungen halten und deshalb leider dem Preiswettbewerb mit tariflosen Unternehmen nicht standhalten können.
  • Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen: Auch der CGB fordert dies, um tariftreue Unternehmen vor Dumpinglohnkonkurrenz in Schutz zu nehmen. (zur Beschlusslage des DHV-Bundesgewerkschaftstages und des CGB-Bundeskongresses s. Artikel zu 75 Jahren Tarifvertragsgesetz) Bundesgewerkschaftstages
  • Digitales betriebliches Zugangsrecht für Gewerkschaften: Eine solche Regelung gibt es bereits im Bundespersonalvertretungsgesetz und sollte in alle Landespersonalvertretungsgesetze und in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen werden. Dabei sollte das digitale Zugangsrecht für alle Arbeitnehmervereinigungen gelten, die unter den Schutz der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz fallen

Positiv war auch, dass der Bundesarbeitsminister auf die Verpflichtung der Bundesregierung aus der EU-Mindestlohnrichtlinie einging, einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindungsquote auf 80 % der Arbeitnehmer/innen zu erstellen. Allerdings glaube ich nicht, dass der Bundesregierung einen solchen Plan noch vor der Bundestagswahl 2025 vorlegen wird.

Beim Thema Mindestlohn kritisierte der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Arbeitgeberseite in der Mindestlohnkommission, die mit ihrem Nein eine stärkere Anhebung des Mindestlohns verhindert habe. Er machte eine deutliche Ansage, dass er sich ein erneutes Patt zwischen Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter nicht noch einmal ansehen werde. Für mich war diese Äußerung ein deutliches Zeichen, dass es im Wahljahr 2025 sehr wahrscheinlich wieder eine SPD-Initiative in Richtung überproportionale Erhöhung des Mindestlohns – vielleicht auf 15 €? – geben wird. Mal sehen, wie sich die FDP verhalten wird.

Diese Kritik von Bundesarbeitsminister Heil ist verwunderlich, da die Mindestlohnkommission den 2023 geltenden Mindestlohn auf Grundlage der von der 2014 amtierenden Großen Koalition unter der damaligen SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles verabschiedeten gesetzlichen Regelung festgelegt hatte. Die Aussage des Bundesarbeitsministers ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Mindestlohn endgültig zum Spielball politischer Interessen geworden ist und die Mindestlohnkommission nur noch eine Farce darstellt.

Auf andere kritische Punkte ging Hubertus Heil nur unvollständig ein. Mit markigen Worten plädierte er gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters – ohne aber zumindest anzudeuten, wie die Finanzierungsfrage gelöst werden könne. Auch das Thema Bürgergeld streifte er nur kurz, ohne die Probleme mit den Kosten und den fehlenden Arbeitsanreizen zu erwähnen. Zum Versagen im sozialen Wohnungsbau fiel ihm nur das Lob ein, dass es endlich wieder ein Bauministerium gibt. Nun, vielleicht fehlte auch die Zeit, auf diese Kritikpunkte näher einzugehen.

Henning Röders

 

Hitzewelle und Arbeitsplatz

Der Sommer hat uns diese Tage voll im Griff, es ist wieder heiß geworden.

Obwohl es immer heißer wird, gibt es am Arbeitsplatz kein generelles Recht auf “hitzefrei”. Arbeitgeber haben jedoch eine Fürsorgepflicht, die aus dem Arbeitsschutzrecht, der Arbeitsstättenverordnung und der Fürsorgepflicht resultiert. Diese umfasst spezifische Maßnahmen für Schwangere, ältere Mitarbeiter und Arbeiten im Freien.

Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 legt Mindestanforderungen für erträgliche Raumtemperaturen fest, ist jedoch rechtlich nur eine Empfehlung. Arbeitgeber müssen bei Raumtemperaturen ab 26° tätig werden, bei über 30° zwingend Maßnahmen ergreifen und ab 35° gilt der Arbeitsplatz als ungeeignet. Maßnahmen können Rollos, Lüftung, Getränke und frühere Arbeitszeiten umfassen, eine Klimaanlage ist nicht verpflichtend.

Bei Arbeiten im Freien gelten besondere Maßnahmen, und für den Bergbau oder an Hitzearbeitsplätzen werden zusätzliche Pausen bei hohen Temperaturen vorgeschlagen. Arbeitgeber müssen Gefahren für Leben und Gesundheit minimieren und geeignete Sonnenschutzsysteme einrichten, um die Raumtemperaturen niedrig zu halten. Ventilatoren und kühle Getränke sollten bereitgestellt werden.

Im Home-Office ist der Arbeitgeber nur für den Arbeitsschutz verantwortlich, wenn er den Arbeitsplatz eingerichtet hat. Ein Arbeitnehmer darf nicht selbst “hitzefrei” nehmen, da dies als Arbeitsverweigerung gilt und zu einer Kündigung führen kann!

Der Betriebs-/Personalrat hat bei Hitze Mitbestimmungsrechte und kann Maßnahmen vor die Einigungsstelle bringen. Im Extremfall, bei Nichterfüllung der Fürsorgepflichten, können rechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Anklage wegen einer Straftat drohen – z.B. wegen fahrlässiger Körperverletzung, sollte ein Arbeitnehmer infolge einer unterlassenen Hitzeschutzmaßnahme  körperlichen Schaden erleiden. Praktische Maßnahmen gegen Hitze umfassen die Bereitstellung von Getränken, Verlegung der Arbeitszeit und persönliche Anti-Hitze-Maßnahmen wie kühle Kleidung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr.

Kommen Sie gut und gesund durch den Sommer!

Harm Marten Wellmann

“Ver.di’s Verhandlungsdebakel im Handel – Eine kritische Bestandsaufnahme”

Die jüngsten Verhandlungsergebnisse  von ver.di für den Einzel- sowie Groß- und Außenhandel lässt viele Beschäftigte ratlos zurück. Was als Durchbruch verkauft wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als mageres Zugeständnis, das an den realen Problemen der Branche vorbeigeht. Man sieht hier, wohin ein gewerkschaftliches Tarifmonopol führt.

Nehmen wir Petra S.*, langjährige Kassiererin bei einer großen Supermarktkette. “Mit der Lohnerhöhung kann ich mir gerade mal einen Kaffee mehr pro Woche leisten”, sagt sie kopfschüttelnd. “Von wegen Inflationsausgleich – das ist ein schlechter Witz.”

Ähnlich sieht es Markus K.*, Lagerist bei einem Großhändler. Er hatte auf Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und auf eine wesentlich höhere Lohnerhöhung gehofft. Stattdessen heißt es weiter: Überstunden schieben bei dünner Personaldecke. “Ver.di hat uns echt hängen lassen”, meint er enttäuscht.

Diese Einzelschicksale werfen ein Schlaglicht auf die größere Frage: Hat ver.di noch die Schlagkraft, um die Interessen der Beschäftigten wirksam zu vertreten? Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Der Handel muss sich mal wieder einmal dank der Einheitsgewerkschaft mit Brosamen begnügen.

Besonders bitter: Die Mobilisierungskraft von ver.di scheint zu schwinden. Groß angekündigte Warnstreiks verpufften weitgehend wirkungslos. In einer Großstadt wie Köln beteiligten sich gerade mal knapp über 200 Mitarbeiter aus dem Handel – ein Armutszeugnis für eine Millionenmetropole und für die zweitgrößte Gewerkschaft im DGB. Vielleicht sollte sich die Einheitsgewerkschaft lieber auf ihr Kerngeschäft im öffentlichen Dienst zurückziehen. Hier sind sie ohne Frage sehr gut organisiert, in allen anderen Bereichen müsste man ein großes Fragezeichen setzen, wenn man die Tarifergebnisse als Grundlage nimmt.

Die Handelsbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen wie Digitalisierung, Automatisierung der Verkaufsprozesse, Personalabbau und wachsender Konkurrenzdruck. Damit die Beschäftigten nicht im Hinblick auf die Arbeits- und Gehaltsbedingungen ins Hintertreffen geraten, ist es eine Rückbesinnung auf gewerkschaftliche Kernwerte wie Solidarität, Kampfbereitschaft und eine klare Kante gegenüber den Arbeitgebern notwendig. „Back to the roots“ – so sagt man im Neudeutschen. Ver.di hat es in dem über ein Jahr dauernden Tarifkonflikt im Handel nicht geschafft, dieser Herausforderung gerecht zu werden.  Die Gewerkschaft hat es versäumt, die realen Nöte der Basis in handfeste Forderungen und gute Abschlüsse zu übersetzen. Stattdessen wirkt sie angesichts der dürftigen Verhandlungsergebnisse wie ein zahnloser Tiger, der vor den Arbeitgebern einknickt.

*Namen für den Artikel geändert

Harm Marten Wellmann

Kurzbericht zur Vertreterversammlung der BGHW am 15.05.2024

In der letzten Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft für Handel und Warenlogistik (BGHW) standen vor allem Gesundheitsförderung, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit im Mittelpunkt.  

Der Vorstandsvorsitzende und die Geschäftsführung gaben einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen u.a. im Bereich der Arbeitssicherheit und Gesundheitsförderung. Ein Vortrag vom Präsidenten des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS), Frank Plate, über das Verhältnis des BAS zu den gewerblichen Berufs-genossenschaften krönte die Veranstaltung. Er betonte die Zusammenarbeit des BAS mit der BGHW und anderen gewerblichen Berufsgenossenschaften und deren Bedeutung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.

Ein weiteres wichtiges Thema auf der Vertreterversammlung war Gesundheits-förderung und Teilhabe durch Sport. Die Bedeutung von Sport und Bewegung für die Gesundheit der Beschäftigten wurde diskutiert, ebenso wie Möglichkeiten der Förderung von sportlichen Aktivitäten am Arbeitsplatz.

Hier wurde besonderes Augenmerk auf den Behindertensport und Teilhabe auf die anstehenden Paralympics in Paris gelegt.       

Weitere Themen auf der Vertreterversammlung waren die Kampagne “Komm gut an.” in den sozialen Medien zur Förderung der Sicherheit am Arbeitsplatz, vor allem auf dem Arbeitsweg.

Die BGHW-Fachtagung “Sicherheit und Gesundheit im Handel und in der Waren-logistik” findet im September 2024 in Dresden statt.

Das ISSA Symposium Global Supply Chains Berlin im Oktober 2024 findet zum Thema Nachhaltigkeit entlang globaler Lieferketten statt.

Belohnungssysteme für Erste-Hilfe-Leistungen sowie Ausnahmegenehmigungen und die Sicherheit elektronischer Artikelsicherungssysteme im Einzelhandel bildeten weitere Themen in der Vertreterversammlung.

Abschließend wurden die nächsten Termine sowie die Sitzungstermine für das Jahr 2025 angekündigt.

Die BGHW setzt sich weiterhin aktiv für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten im Handel und in der Warenlogistik ein und fördert innovative Ansätze zur Prävention und Gesundheitsförderung.

Harm Marten Wellmann

 

Erste Tarifeinigung im Tarifstreit Handel: Verhandelt oder nicht verhandelt, das ist hier die Frage!

Erste Tarifeinigung im Tarifstreit Handel: Verhandelt oder nicht verhandelt, das ist hier die Frage!

Gewerkschaftlich Monopole in Tarifbereichen sind nicht unbedingt gut und ein Garant für einen guten Abschluss. Das zeigt die Tarifeinigung in Hamburg im Bereich Einzelhandel.

Der Tarifabschluss im Hamburger Einzelhandel vom 8. Mai 2024 wird von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di als “Durchbruch” gefeiert und soll wegweisend für die stockenden Tarifverhandlungen im Bereich Handel in anderen Bundesländern sein. Der Unternehmensverband HDE bezeichnet den Tarifabschluss ebenfalls als Erfolg – allerdings deswegen, weil dieser deutlich unter den ursprünglichen Forderungen von ver.di liegt! Die Fakten sprechen für die HDE-Sichtweise: Trotz Erhöhungen der Löhne um 5,3 Prozent rückwirkend ab Oktober 2023 und weitere 4,7 Prozent ab Mai 2024 sowie zusätzlicher Zugeständnisse, bleibt der Tarifabschluss weit hinter den Forderungen der Gewerkschaft zurück! Insgesamt sind es 11.8% Lohnerhöhung (plus mickrige 40 € Sockelbetragserhöhung) auf 36 Monate zuzüglich 5 Nullmonate. Die Forderung von verdi waren, wenn wir uns richtig erinnern, 13% auf 12 Monate!  Es war zu erwarten, dass es ein Delta zwischen Forderung und Resultat gibt – aber doch nicht so hoch! Es hat den Anschein, als ob gar nicht richtig verhandelt worden war.

Die Laufzeit des Vertrags beträgt ungewöhnliche 36 Monate (erstmalig im Handel), und die vereinbarte Inflationsausgleichsprämie von 1.000 Euro zum 1. Juni 2024 wird nur anteilig an Teilzeitbeschäftigte ausgezahlt. Die Gewerkschaft konnte keine ihrer Forderungen wie die nach der gemeinsamen Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge richtig durchsetzen.  Sozialmächtigkeit in einem Bereich indem man das gewerkschaftliche Tarifmonopol inne hat sieht anders aus!

Die Lohnerhöhungen entsprechen nicht einmal den gestiegenen Lebenshaltungskosten, und die Vereinbarung mit einer Laufzeit von 36 Monaten stellt einen massiven Rückschlag für alle Arbeitnehmer und nicht nur für die verdi-Mitglieder dar. Der Handelsverband Deutschland hat mit freiwilligen Lohnerhöhungen insgesamt in Höhe von 10% bereits Fakten geschaffen, die ver.di anscheinend nicht umgehen konnte. Die Beschäftigten mussten Reallohnverluste hinnehmen. Eine strategisch klügere Verhandlungsführung seitens der Gewerkschaft hätte höchstwahrscheinlich bessere Ergebnisse erzielen können.

Zusammenfassend zeigt dieser Tarifabschluss eigentlich, dass verdi außer heißer Luft im Bereich Handel nicht wirklich etwas zustande bringt. Angesichts eines über ein Jahr dauernden Tarifkonflikts und mehrerer Streikaktionen hätten die Beschäftigten im Hamburger Einzelhandel mehr erwarten dürfen!

Wie man salopp formulieren könnte: Wer dicke Backen macht, sollte auch pfeifen können. Ansonsten nimmt einen, wie man das am Tarifergebnis ablesen kann, die Arbeitgeberseite nicht ernst! 

Schade um die drei verlorenen Jahre für die Beschäftigten im Handel!

Harm Marten Wellmann