Tarifrunde 2025 Volks- und Raiffeisenbanken: Beschäftigte dürfen nicht Anschluss verlieren

Am 13.12.2024 trafen sich DHV und AVR anlässlich der Gehaltstarifrunde 2025, die am 15.01.2025 ihren Auftakt haben wird. Im Gespräch brachten wir deutlich unsere Erwartungen an einen fairen Abschluss zwischen AVR und der verhandelnden Gewerkschaft zum Ausdruck:

  • Gehaltserhöhung: 10 % für 12 Monate
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 350 Euro
  • Wahlrecht: Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde auf 38 Wochenstunden oder höhere Sonderzahlung in Höhe von 150 % des Gehalts
  • Zuschläge für Rufbereitschaft nach der Instant Payment-Verordnung entsprechend der TVÖD-Regelung
  • Rufbereitschaft von weniger als 12 Stunden: Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 12,5 Prozent des tariflichen Stundenentgelts
  • Rufbereitschaft von mehr als 12 Stunden: Die Pauschale beträgt
  • für die Tage Montag bis Freitag das 2-Fache,
  • Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das 4-Fache

des tariflichen Stundenentgelts

  • Entfristung der rentennahen Teilzeit (renaTe)
  • Verlängerung Altersteilzeitabkommen

Bezüglich Erhöhung der Gehälter und der Ausbildungsvergütungen signalisierte der AVR, dass die Arbeitgeber einen Nachholbedarf anerkennen, der im Tarifabschluss seinen Niederschlag finden muss. Dieses Signal bereits im Vorfeld der Verhandlungen ist zu begrüßen. Wir erwarten von der Arbeitgeberseite, dass sie mit ihrem ersten Gehaltsangebot ein deutliches Zeichen in Richtung eines angemessenen Gehaltstarifabschlusses gibt! Es gilt, die Attraktivität des Gehaltsniveaus bei den Volks- und Raiffeisenbanken zu steigern, damit diese im Wettstreit um die Fachkräfte bestehen können. Die Mitarbeitergewinnungszulage, die zunehmend zur Anwendung kommt, ist hierfür nicht das geeignete Instrument, sondern darf nur in Ausnahmefällen gezahlt werden.

Verhandlungsbereitschaft zeigte der AVR auch beim Thema renaTe. Die Verhandlungen werden zeigen, ob es zu der von uns gewünschten Entfristung kommt.

Unsere Vorschläge zur Arbeitszeitverkürzung und zur Zahlung von Zuschlägen für Rufbereitschaft nach der Instant Payment-Verordnung stießen dagegen auf deutliche Ablehnung seitens des AVR. Eine Verkürzung der Arbeitszeit sieht der AVR in Zeiten des Fachkräftemangels als ein falsches Zeichen. Für tarifliche Zuschläge bei Rufbereitschaft sehen die Arbeitgeber keinen Regelungsbedarf. In einer kontroversen Diskussion widersprechen wir der Positionierung des AVR. Eine Verkürzung der Arbeitszeit im Rahmen einer Work Life-Balance ist für die Beschäftigten ein wichtiges Thema. Der Abschluss bei den öffentlichen Banken in 2022 hat gezeigt, dass eine Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit realisierbar ist. Die Rufbereitschaft bedeutet vor allem an den Wochenenden eine erhebliche Einschränkung der Freizeitgestaltung. Dem muss durch eine Zuschlagsregelung Rechnung getragen werden.

Die DHV wird die Tarifrunde 2025 kritisch und mit konstruktiven Vorschlägen begleiten.

 

DHV-LANDESVERBAND MITTELDEUTSCHLAND KRITISIERT DIE UMSETZUNG DER TARIFÜBERLEITUNGEN IN DEN DRK-REFORMTARIFVERTRAG AB 01.01.2025. DIESE BERGEN ERHEBLICHE RISIKEN UND WERDEN SOWOHL INDIVIDUELLE ALS AUCH STRUKTURELLE NACHTEILE NACH SICH ZIEHEN.

Die abgeschlossenen Überleitungstarifverträge, von der DHV zu Verdi für das DRK Thüringen, bringen einige problematische Aspekte mit sich, die einer kritischen Betrachtung bedürfen.

  1. Einschnitte bei Besitzstandswahrung und Zulagenregelung
  2. Geringe Entgeltsteigerungen und Anpassungsgeschwindigkeit
  3. Ausdehnung der tariflichen Arbeitszeitregelung auf 44 Wochenstunden weiterhin möglich
  4. Widersprüchliche Tarifentwicklung und mangelnde Anpassung an Branchenspezifika
  5. Luft nach oben bei Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Arbeitsbedingungen
  6. Kürzungen bei Sonderzahlungen: Ein unhaltbarer Zustand für DRK-Mitarbeiter/innen

Fazit des DHV-Geschäftsführers Sebastian Gräfe: Die Überleitungstarifverträge bis hin zum DRK-Reformtarifvertrag wurden zwar mit einem gewissen Enthusiasmus aufgenommen, doch die Realität sieht für viele Mitarbeiter im DRK Thüringen ganz anders aus. Die vermeintlichen Chancen, die diese Verträge bieten, erweisen sich oft als trügerisch. Zwar gibt es einige positive Aspekte, wie die Zulagen zur Besitzstandswahrung, doch diese sind kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Entgeltsteigerungen sind sehr langsam, und die Unklarheiten bezüglich der Arbeitszeitregelungen sind nicht nur frustrierend, sondern auch inakzeptabel.

Der Reformtarifvertrag kann in keiner Weise mit den maßgeschneiderten Lösungen des ehemaligen DHV-TV mithalten, was zu einer wachsenden Unzufriedenheit unter den Beschäftigten führt. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie ein so bedeutender Arbeitgeber wie das DRK Thüringen es sich leisten kann, seine Mitarbeiter mit einem derart unzureichenden Tarifvertrag abzuspeisen. Um im harten Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können, muss der Tarifvertrag an vielen Stellen dringend überarbeitet werden.

Die Kürzung der Sonderzahlungen um ein Zwölftel ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter, die ohnehin schon unter den steigenden Lebenshaltungskosten leiden. Die versprochenen Inflationsausgleiche sind mehr als fragwürdig und werfen die Frage auf, ob das DRK wirklich an einer fairen Entlohnung interessiert ist. Auch die 24-Stunden-Dienste werden nicht nur als Belastung wahrgenommen, sondern auch die Wertschätzung der Mitarbeiter bleibt auf der Strecke.

Es ist höchste Zeit, dass das DRK Thüringen die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter ernst nimmt und die notwendigen Schritte unternimmt, um einen fairen und zukunftsfähigen Tarifvertrag zu schaffen. Andernfalls wird es nicht nur an Fachkräften mangeln, sondern auch an der Loyalität und Motivation derjenigen, die bereits für das DRK arbeiten.

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DHV-Position zur Absage der Tarifverhandlungen zwischen dem AGV Versicherungen und dem DBV

2021 hat uns das Bundesarbeitsgericht die Tariffähigkeit als tariffähige Gewerkschaft abgesprochen und eine jahrzehntelange bewährte Tarifpartnerschaft zwischen der DHV und dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV Versicherungen) beendet.

Aktuell lassen wir dieses Urteil vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüfen. Die Aberkennung der Tariffähigkeit der DHV ist aus unserer Sicht vor allem in zweierlei Hinsicht falsch:

  1. Die Mächtigkeitsrechtsprechung des BAG ist nicht mehr zeitgemäß! 
  2. Die Beschäftigten, die sich bewusst für die Mitgliedschaft in der DHV als christliche Weltanschauungsgewerkschaft entschieden haben, haben keine Möglichkeit der Teilhabe am Tarifverhandlungsprozess.

Wir rechnen mit einer Entscheidung des EGMR in 2025 und gerade wenn man sich die aktuelle Entwicklung im Versicherungsbereich anschaut, wäre es wichtig, dass wir zeitnah dort wieder in Tarifverhandlungen einsteigen.

Die Aberkennung der Tariffähigkeit der DHV hat im Bereich der Versicherungen eine Lücke hinterlassen, die die Kombination aus dem Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV) und der nicht tariffähigen Arbeitnehmerorganisation NAG nicht ausfüllen kann. Im Gegenteil: Nun hat der AGV Versicherungen die Verhandlungen mit dem DBV abgesagt, weil aus seiner Sicht die Forderungen der Gewerkschaft völlig überzogen sind.

Der Wunsch der Beschäftigten in den Versicherungen nach einer deutlichen Gehaltserhöhung ist berechtigt – gerade vor dem Hintergrund, dass der unbefriedigende letzte Gehaltstarifabschluss und die unnötige Verlängerung des Gehaltstarifvertrages mit einer dürftigen Gehaltserhöhung als Preis für eine Inflationsausgleichszahlung zu einem krassen Nettolohnverlust der Beschäftigten geführt haben. Diese Erwartungshaltung muss in einer Gehaltsforderung angemessen berücksichtigt werden. ABER: Eine Gehaltsforderung darf nicht jegliches Maß verlieren, da sie sonst utopisch ist! Eine Forderung, die in ihrer Gesamtheit ein Plus von über 20 Prozent auf 12 Monate bedeuten würde, fällt unter diese Kategorie – zumal, wenn dieselbe Gewerkschaft vor ein paar Wochen einen Tarifabschluss im Finanzbereich mit einer Laufzeit von 33 Monaten und mit einer Gehaltserhöhung in mehreren Stufen und einem Gesamtvolumen von 11,9 Prozent getätigt hatte! Eine Gewerkschaft, die ein solches Vorgehen an den Tag legt, darf sich nicht darüber wundern, wenn der Verhandlungspartner keine Basis für Verhandlungen sieht!

Mit ihrem Vorgehen hat sich DBV/NAG als seriöse und realistische gewerkschaftliche Kraft zu verdi zumindest für die anstehende Tarifrunde aus dem Spiel gebracht.

Es bleibt also nur verdi und die Hoffnung das die DHV wieder zurückkehrt an den Verhandlungstisch und anstelle von Utopien, mit viel Engagement und Realismus die Interessen der Arbeitnehmer in der Versicherungsbranche vertritt.

Unsere Bundesfachgruppe Versicherungen wird eine Tarifempfehlung für die kommende Tarifrunde im 1. Quartal 2025 abgeben und ist offen für jede Form von Dialog mit dem AGV.

Henning Röders DHV-Bundesvorsitzender; Matthias Rickel Mitglied des DHV-Hauptvorstands Konzernbetriebsratsvorsitzender Talanx AG; Johann Lindmeier Vorsitzender des DHV-Landesverbands Bayern                                                                                               

DHV-Positionen zu den Tarifverhandlungen Volks- und Raiffeisenbanken

Im Januar 2025 beginnen die Tarifverhandlungen bei den Volks- und Raiffeisenbanken. DHV und AVR treffen sich am 13.12.2024 in Bonn zu einem Austausch über die gegenseitigen Positionen.

Die DHV stellt an die tarifverhandelnden Parteien folgende Erwartungen für einen fairen Tarifabschluss:

Gehaltserhöhung: 10 % für 12 Monate

Das Gehaltsniveau bei den Volks- und Raiffeisenbanken ist derzeit nicht konkurrenzfähig gegenüber anderen Branchen. Das zeigt sich darin, dass immer mehr Institute betriebliche Ausnahmeregelungen vom Tarifvertrag anwenden, um jüngere Beschäftigte zu gewinnen und um Bestandsbeschäftigte von einem Abwandern zu anderen Arbeitgebern abzuhalten. Betriebliche Abweichungen von der tariflichen Vergütung müssen aber die Ausnahme bleiben und dürfen nicht zur Regel werden – deshalb ist eine deutliche Gehaltssteigerung notwendig!

Wegen der zunehmenden Unsicherheitsfaktoren, die die Entwicklung der Lebenshaltungskosten beeinflussen können, sollte der Gehaltstarifvertrag eine kurze Laufzeit haben. Dies würde die Tarifparteien in die Lage versetzen, zeitnah zu reagieren, sollte die Inflation wieder anziehen.

Erhöhung der Auszubildendenvergütungen um 350 Euro

Um junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern, muss die Kohle stimmen! Die Privatbanken und öffentlichen Banken sind hinsichtlich des Azubi-Vergütungsniveaus mit den jüngsten Abschlüssen den Volks- und Raiffeisenbanken enteilt. Deshalb ist eine ordentliche Erhöhung geboten!

Wahlrecht: Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde oder höhere Sonderzahlung

Viele Beschäftigte legen einen immer größeren Wert auf die Work-Life-Balance. Bei den öffentlichen Banken haben die Tarifpartner diesem Bedürfnis nach einer stärkeren Vereinbarkeit von Familie und Beruf Rechnung getragen. Seit dem 01.01.2024 gilt eine Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde auf 38 Wochenstunden. Die DHV spricht sich bei den Volks- und Raiffeisenbanken ebenfalls für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38 Stunden aus. Alternativ sollen die Beschäftigten weiter 39 Wochenstunden arbeiten können und dafür einen Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von 150 % (bislang 100 %) des Gehalts erhalten. Die Betriebsparteien sollen auch die Möglichkeit haben, den Zuschlag auf die Sonderzahlung auf das monatliche Gehalt umzulegen.

Zuschläge für Rufbereitschaft nach der Instant Payment-Verordnung entsprechend der TVÖD-Regelung

Ab Januar 2025 gilt die Instant Payment EU-Verordnung. Die Banken müssen dann an jedem Tag des Jahres zu jeder Zeit einen reibungslosen Ablauf von Sofort-Überweisungen sicherstellen. Es wird erforderlich sein, dass die Bankbeschäftigten Rufbereitschaft leisten. Die DHV erwartet von den Tarifverhandlungen, dass der über die normale hinausgehende Rufbereitschaftsdienst eine angemessene tarifliche Berücksichtigung in Form einer Zuschlagsregelung entsprechend dem TVÖD findet:

  • Rufbereitschaft von weniger als 12 Stunden: Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 12,5 Prozent des tariflichen Stundenentgelts
  • Rufbereitschaft von mehr als 12 Stunden: Die Pauschale beträgt
  • für die Tage Montag bis Freitag das 2-Fache,
  • Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das 4-Fache des tariflichen Stundenentgelts

Entfristung der rentennahen Teilzeit (renaTe)

Die rentennahe Teilzeit erfreut sich zunehmender Beliebtheit unter den Beschäftigten. Für die Banken ist renaTe ein gutes Instrument, ältere Mitarbeiter/innen in einem sozialverträglichen Umfang in Beschäftigung zu halten.

Die rentennahe Teilzeit läuft zwar noch bis zum 31.12.2025. Doch schon mit dem Anfang 2025 zu erwartenden Tarifabschluss sollte eine unbefristete Dauer von renaTe vereinbart werden.

Verlängerung Altersteilzeitabkommen

Das bis zum 31.12.2025 befristete Altersteilzeitabkommen soll im Rahmen der Tarifrunde Anfang 2025 ebenfalls verlängert werden.

Die DHV wird die Tarifrunde 2025 kritisch und mit konstruktiven Vorschlägen begleiten. Hierzu wird das Gespräch mit dem AVR weitergesucht.

 

 

EU Instant Payment-Verordnung: Betriebsparteien sind in der Handlungspflicht!

Ab dem 09.01.2025 gilt die EU Instant Payment-Verordnung. Gemäß deren Maßgaben müssen die Banken für einen reibungslosen Ablauf des Zahlungsverkehrs an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr sorgen. Sofortüberweisungen müssen innerhalb von 10 Sekunden ausgeführt können – auch wenn es keinen zwingenden Grund dafür gibt.

Was bedeutet diese EU-Verordnung für die Beschäftigten n den Banken? Welche Auswirkungen hat diese auf die betriebliche Mitbestimmung? Auf diese Fragen gibt die angehängte DHV-Information Antworten.

Zum Herunterladen der Information

Von DHV unterstützte Arbeitnehmerliste DHV & Freunde erzielt beachtliche Erfolge bei Personalratswahlen

Bei der DAK-Gesundheit fanden im Oktober 2024 Personalratswahlen statt. Aufgrund einer Umstrukturierung fanden die Wahlen außerhalb des regulären gesetzlichen Zeitraums 01.03.-31.05.2024 statt.

Bei den Listenwahlen konnte die von der DHV unterstützte Arbeitnehmerliste „DHV & Freunde“ sehr gute Ergebnisse erzielen:

  • 5603 Thüringen/Nordhessen: 4 Sitze

Verdi erzielte nur 3 Sitze, die Arbeitnehmerliste stellt damit die Mehrheit!

  • 5601 Berlin/Brandenburg: 2 Sitze
  • 5605 Hessen: 1 Sitz
  • 5602 Sachsen: 1 Sitz 
  • 5701 Südbayern: 1 Sitz
  • 5504 Niedersachsen: 1 Sitz
  • Rheinlandpfalz/Saar: 2 Sitze

Diese erfreulichen Wahlergebnisse zeigen den großen Wunsch der Beschäftigten, anderen Listen als die Gewerkschaftslisten von verdi und GdS ihr Vertrauen zu schenken. Der Bundesbetriebsgruppenvorsitzende DAK-Gesundheit Jörg Steinbrück „Ich gratuliere den gewählten Kandidatinnen und Kandidaten der Arbeitnehmerliste „DHV & Freunde“. Ich freue mich über die Erfolge, die auch in der neuen Amtsperiode eine gute Präsenz von DHV-Arbeitnehmervertretern in den Personalratsgremien der DAK-Gesundheit ermöglicht haben.“   

Die DHV gratuliert den gewählten DHV-Mitgliedern zu ihrer Wahl und wünscht ihnen viel Erfolg in ihrer Arbeit für die Interessen der Beschäftigten der DAK-Gesundheit!

V.i.S.d.P.: Henning Röders

Handel und Logistik: “Champagner in der Zentrale, Wasser im Markt? – Zeit für echte Wertschätzung!”

Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern in Märkten und der Logistik im Vergleich zu Mitarbeitern in der Unternehmenszentrale ist ein weitverbreitetes Phänomen, das tiefgreifende Auswirkungen auf die Unternehmenskultur und den Geschäftserfolg hat. In vielen Unternehmen lässt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen dieser verschiedenen Mitarbeitergruppen beobachten.

Besonders auffällig sind die Unterschiede bei den Arbeitszeiten und der gewährten Flexibilität. Während Mitarbeiter in der Zentrale häufig von flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten und Gleitzeit-Modellen profitieren, sind Beschäftigte in Märkten und Logistikzentren im Regelfall an starre Schichtsysteme gebunden. Sie müssen ihre Arbeit zwingend vor Ort verrichten und häufig auch an Wochenenden und Feiertagen arbeiten. Diese unterschiedliche Behandlung setzt sich bei der Vergütung und den Zusatzleistungen fort. Die Zentrale-Mitarbeiter erhalten in der Regel höhere Grundgehälter, haben Zugang zu Leistungsboni und variablen Vergütungsmodellen sowie umfangreichen Zusatzleistungen wie Firmenwagen oder Diensthandys. Im Gegensatz dazu müssen sich Mitarbeiter in Märkten und Logistik meist mit niedrigeren Gehaltsstufen und weniger Zusatzleistungen zufriedengeben, wobei häufig nur tarifliche Mindeststandards erfüllt werden.  Es wirkt hier wie der Unterschied zwischen Front und Etappe.

Dennoch sollte der Arbeitgeber und vor allem Zentralen nicht vergessen, wer die eigentliche Arbeit verrichtet und wo das Geld verdient wird. Ohne Märkte und Logistik braucht man im Regelfall auch keine Zentrale.

Auch die grundlegenden Arbeitsbedingungen unterscheiden sich erheblich. In der Zentrale ist eine ergonomische Büroausstattung selbstverständlich. Die Räume sind klimatisiert und bieten eine ruhige Arbeitsumgebung. Demgegenüber sind Markt- und Logistikmitarbeiter mit körperlich belastenden Tätigkeiten konfrontiert, arbeiten teilweise unter extremen Temperaturbedingungen und erfahren eine hohe physische Beanspruchung.

Diese Ungleichbehandlung führt zu verschiedenen negativen Folgen. Die Motivation der Mitarbeiter in Märkten und Logistik sinkt, was sich in einer höheren Fluktuation in diesen Bereichen niederschlägt. Es entsteht eine Art “Zwei-Klassen-Gesellschaft” im Unternehmen, die den Wissensaustausch zwischen den Abteilungen erschwert.  Ein Beispiel bietet sich gerade an bei einer Firma aus Düsseldorf, die gerade jedem Mitarbeiter in der Verwaltung ein Paar Turnschuhe eines deutschen Traditionsunternehmens mit drei Streifen im Firmendesign geschenkt hat, während die restlichen Arbeitnehmer in den Märkten und der Logistik einen Tiefkühl-Muffin der Eigenmarke erhielten. Zudem erhielten die Mitarbeiter der Zentrale wohl einen extra Urlaubstag während auch hier die anderen Arbeitnehmer keinen Sonderurlaub zum Firmenjahrestag erhielten. Von der eigentlichen Geburtstagsfeier mit internationalem Stargast mal ganz abgesehen. Für uns als Gewerkschaft ist dies unverständlich und nicht nachvollziehbar. Wertschätzung und gegenseitiger Respekt sieht anders aus.

Für das Unternehmen ergeben sich daraus ernst zu nehmende Risiken, wie der Verlust qualifizierter Mitarbeiter, mögliche Imageschäden, eine ineffiziente Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und potenzielle arbeitsrechtliche Konflikte.

Um diese Probleme anzugehen, sind sowohl kurzfristige als auch langfristige Maßnahmen erforderlich. Kurzfristig sollten Unternehmen eine Angleichung der Sozialleistungen anstreben, die Arbeitsplatzausstattung verbessern und Partizipationsmöglichkeiten einführen. Langfristig ist die Entwicklung durchlässiger Karrierewege wichtig und die Förderung des abteilungsübergreifenden Austauschs.

Die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern in verschiedenen Unternehmensbereichen stellt eine bedeutende Herausforderung dar, die aktiv angegangen werden muss. Eine schrittweise Angleichung der Arbeitsbedingungen ist nicht nur aus Fairness-Gründen geboten, sondern auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Nur wenn Unternehmen diese Thematik ernst nehmen und konkrete Verbesserungsmaßnahmen einleiten, können sie langfristig erfolgreich und nachhaltig wirtschaften. Die Investition in faire und ausgewogene Arbeitsbedingungen über alle Unternehmensbereiche hinweg zahlt sich durch höhere Mitarbeiterzufriedenheit, geringere Fluktuation und bessere Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen aus.

Liebe Arbeitgeber, wir wissen, dass es verschieden Ausbildungs- und Arbeitslevel und auch verschiedene Arbeitsplätze gibt. Dennoch kann man – wenn man möchte – versuchen, es besser zu machen und nicht noch zu verschlimmern.

 

Tarifabschluss Öffentliche Banken: Kein großer Wurf

Nach einem langen Ringen erzielten die Tarifparteien in der vergangenen Woche einen Gehaltstarifabschluss.

Das Gesamtvolumen des Abschlusses in Höhe von 11,9 % klingt dabei größer, als es die vereinbarten Gehaltserhöhungen und die Gesamtlaufzeit letztendlich hergeben.

  • Die Laufzeit von 33 Monaten ist enttäuschend lange – vor allem vor dem Hintergrund der ebenfalls überaus langen Laufzeit des letzten Abschlusses (35 Monate).
  • Eine Einmalzahlung zum Ausgleich der 5 Nullmonate vom 01.06.-31.10.2024 ist nicht vereinbart worden.
  • Die Gehaltserhöhung von 6,0 % zum 01.11.2024 sieht zwar ordentlich aus. Die letzte Gehaltserhöhung zum 01.07.2023 liegt aber bereits über ein Jahr zurück. Zudem fiel diese mit 2,0 % in der Zeit der historisch höchsten Inflation der Bundesrepublik Deutschland äußerst dürftig aus.
  • Die Erhöhungen von 2,8 % zum 01.11.2025 und von 2,7 % zum 01.11.2026 können kaum zufriedenstellen. Sie mögen zwar nominell über der derzeitigen Inflation von 1,9 % liegen. Gefühlt liegt aber die Inflation bei den Dingen des täglichen Lebensbedarfs weitaus höher. Zudem ist schon allein wegen der steigenden CO 2-Bepreisung und der von vielen Gasversorgern angekündigten deutlichen Erhöhung der Gaspreise-Netzentgelte mit einem Wiederanziehen der Inflation im nächsten Jahr zu rechnen.

Der letzte Tarifabschluss von 2022 mit den Gehaltserhöhungen von 3,0 % zum 01.07.2022 und von 2,0 % zum 01.07.2023 bedeutete für die Beschäftigten der öffentlichen Banken einen kräftigen Reallohnverlust. Dieser wird mit dem jüngsten Tarifabschluss nicht ausgeglichen. Gemessen an den Gehaltsforderungen der Gewerkschaften

  • DBV: 14,5 % auf 12 Monate, Mindesterhöhung von 500 €
  • Verdi: 12,5 % für 12 Monate, Mindesterhöhung 500 €

haben diese mit dem jüngsten Tarifabschluss einen Offenbarungseid geleistet. Denn sie haben noch nicht einmal mit einer Vertragslaufzeit von 33 Monaten das Gehaltserhöhungsvolumen erreicht, das sie für eine Laufzeit von 12 Monaten gefordert hatten. Eine solche Fehleinschätzung, was man in einer Tarifrunde erreichen kann, sollte den verhandelnden Gewerkschaften zu denken geben.

 

Gehaltstarifabschluss Privatbanken

Anfang Juli einigte sich der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes mit den verhandelnden Gewerkschaften verdi und DBV auf folgenden Tarifabschluss:

  • 2 Nullmonate (Juni und Juli)
  • Gehaltserhöhungen:

5,5 % mehr ab 1.8.2024

3 % mehr ab 1.8,2025

2 % mehr ab 1.7.2026

  • Erhöhungen Nachwuchskräftevergütungen:

150 Euro mehr ab 1.8.2024

50 Euro mehr ab 1.8.2025

50 Euro mehr ab 1.7.2026

  • Laufzeit bis September 2026 (28 Monate)

Des Weiteren einigten sich die Tarifparteien auf Tarifgespräche zur Weiterentwicklung des Tarifentgeltsystems und zu einer modernen und individuellen Arbeitszeitgestaltung.

Die Gewerkschaften waren mit sehr hohen Forderungen in die Verhandlungen gegangen:

Verdi: 12,5 %, mindestens 500 Euro und 250 Euro mehr für Nachwuchskräfte – und das bei 12 Monaten.

DBV: 16 % bei einer Laufzeit von 24 Monaten, mindestens 600 Euro mehr; Nachwuchskräfte 250 Euro mehr; 1 Stunde Arbeitszeitverkürzung auf 38 Wochenstunden

Begleitet wurden die Verhandlungsrunden mit der üblichen Begleitmusik von Warnstreikaktionen.

Gemessen an den hohen Forderungen ist der Tarifabschluss ernüchternd. „Die Kunst des Machbaren“, wie der DBV seine Tarifinformation als Überschrift versieht, ist noch eine freundliche Umschreibung dieses Verhandlungsergebnisses, das weit hinter den Forderungen der Gewerkschaften zurückgeblieben ist. 10, 5 % mehr Gehalt und 250 Euro mehr Nachwuchskräftevergütung bei einer Laufzeit von 28 Monaten haben die durch die Tarifforderungen geschürten hohen Erwartungen nur unzureichend erfüllt. Besonders der Tarifabschluss 2022 war mit 13 Nullmonaten und zwei linearen Gehaltserhöhungen mit einem Gesamtvolumen von sehr mageren 5,0 % bei einer Laufzeit von 35 Monaten ein Schlag ins Kontor für die Beschäftigten der Privatbanken. Die Kluft zu den Beschäftigten der Sparkassen hat sich mit dem Abschluss Anfang Juli noch vergrößert. Denn diese profitierten von einer monatlichen Stückelung der Inflationsausgleichsprämie in 2023, einer Sockelanhebung von 200 Euro und einer Gehaltserhöhung von 5,5 % ab März 2024. In den unteren und mittleren Entgeltgruppen beträgt die Gesamtsteigerung damit deutlich über 10 % bis über 16 % – und das bei einer Laufzeit von nur 24 Monaten!

Natürlich wachsen die Wünsche bei Tarifverhandlungen nicht in den Himmel. Ein Tarifabschluss stellt immer die Kunst des Machbaren dar. Auch gehört zur Wahrheit, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten der Privatbanken unter 10 Prozent liegt und somit weder verdi noch DBV ein ernstzunehmendes Druckpotential bei den Privatbanken entfalten können. Die verhandelnden Gewerkschaften sollten deshalb selbstkritisch reflektieren, ob man nicht zukünftig etwas realistischere Forderungen aufstellen sollte.

V.I.S.d.P.: Henning Röders

 

 

 

DHV-Information zu den jüngsten Verhandlungsergebnissen im Handel

“Ver.di’s Verhandlungsdebakel im Handel – Eine kritische Bestandsaufnahme”

Die jüngsten Verhandlungsergebnisse von ver.di für den Einzel- sowie Groß- und Außenhandel lässt viele Beschäftigte ratlos zurück. Was als Durchbruch verkauft wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als mageres Zugeständnis, das an den realen Problemen der Branche vorbeigeht. Man sieht hier, wohin ein gewerkschaftliches Tarifmonopol führt.

Nehmen wir Petra S.*, langjährige Kassiererin bei einer großen Supermarktkette. “Mit der Lohnerhöhung kann ich mir gerade mal einen Kaffee mehr pro Woche leisten”, sagt sie kopfschüttelnd. “Von wegen Inflationsausgleich – das ist ein schlechter Witz.”

Ähnlich sieht es Markus K.*, Lagerist bei einem Großhändler. Er hatte auf Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und auf eine wesentlich höhere Lohnerhöhung gehofft. Stattdessen heißt es weiter: Überstunden schieben bei dünner Personaldecke. “Ver.di hat uns echt hängen lassen”, meint er enttäuscht.

Diese Einzelschicksale werfen ein Schlaglicht auf die größere Frage: Hat ver.di noch die Schlagkraft, um die Interessen der Beschäftigten wirksam zu vertreten? Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Der Handel muss sich mal wieder einmal dank der Einheitsgewerkschaft mit Brosamen begnügen.

Besonders bitter: Die Mobilisierungskraft von ver.di scheint zu schwinden. Groß angekündigte Warnstreiks verpufften weitgehend wirkungslos. In einer Großstadt wie Köln beteiligten sich gerade mal knapp über 200 Mitarbeiter aus dem Handel – ein Armutszeugnis für eine Millionenmetropole und für die zweitgrößte Gewerkschaft im DGB. Vielleicht sollte sich die Einheitsgewerkschaft lieber auf ihr Kerngeschäft im öffentlichen Dienst zurückziehen. Hier sind sie ohne Frage sehr gut organisiert, in allen anderen Bereichen müsste man ein großes Fragezeichen setzen, wenn man die Tarifergebnisse als Grundlage nimmt.

Die Handelsbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen wie Digitalisierung, Automatisierung der Verkaufsprozesse, Personalabbau und wachsender Konkurrenzdruck. Damit die Beschäftigten nicht im Hinblick auf die Arbeits- und Gehaltsbedingungen ins Hintertreffen geraten, ist es eine Rückbesinnung auf gewerkschaftliche Kernwerte wie Solidarität, Kampfbereitschaft und eine klare Kante gegenüber den Arbeitgebern notwendig. „Back to the roots“ – so sagt man im Neudeutschen. Ver.di hat es in dem über ein Jahr dauernden Tarifkonflikt im Handel nicht geschafft, dieser Herausforderung gerecht zu werden.  Die Gewerkschaft hat es versäumt, die realen Nöte der Basis in handfeste Forderungen und gute Abschlüsse zu übersetzen. Stattdessen wirkt sie angesichts der dürftigen Verhandlungsergebnisse wie ein zahnloser Tiger, der vor den Arbeitgebern einknickt.

*Namen für den Artikel geändert