DHV fordert den sofortigen Stopp der unwürdigen Videoüberwachung bei Amazon

Zur vom Onlinehändler Amazon praktizierten Überwachung von Mitarbeitern gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen in Frankreich und Deutschland. Die Berufsgewerkschaft DHV hält diesen Zustand nicht für akzeptabel und fordert Amazon auf, diese Überwachung unverzüglich einzustellen.

Die französische Datenschutzbehörde CNIL hatte eine Geldstrafe von 32 Mio. € gegen die Logistiksparte von Amazon France (3% des Umsatzes) verhängt, weil die Arbeiter in den Versandzentren zu stark überwacht werden. Dazu gehört die Geschwindigkeit, mit der Artikel gescannt werden, und die Leerlaufzeit der Scanner. Alle Daten werden einen Monat lang gespeichert und statistisch ausgewertet, was die Behörde für unzulässig hält. Die Überwachung kann dazu führen, dass die Lagerarbeiter jede Pause oder Unterbrechung rechtfertigen müssen.

Die gleiche Frage hatte auch eine Datenschutzbehörde in Deutschland beschäftigt, die Amazon diese Form der Datenerhebung untersagte. Am 9. Februar 2023 kam das Verwaltungsgericht Hannover aber zu einer anderen Entscheidung. Seither darf Amazon im Logistikzentrum Winsen (Luhe) bei Hamburg die Arbeitsgeschwindigkeit unverändert mit Handscannern überwachen.

Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zur Videoüberwachung von Amazon-Mitarbeitern: Eine kritische Analyse

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 9. Februar 2023 bezüglich der Videoüberwachung von Amazon-Mitarbeitern wirft wichtige Fragen bezüglich des Schutzes der Privatsphäre und der Arbeitnehmerrechte auf. Das Gericht entschied, dass Amazon in bestimmten Bereichen seiner Logistikzentren weiterhin Kameras zur Überwachung der Mitarbeiter einsetzen darf, solange diese keine sensiblen Bereiche wie Toiletten oder Umkleideräume abdecken. Diese Entscheidung wirft jedoch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und des Rechts auf Privatsphäre auf. Die Verwendung von Überwachungskameras kann das Gefühl der Mitarbeiter, ständig beobachtet zu werden, verstärken und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen. Des Weiteren besteht die Gefahr des Missbrauchs solcher Überwachungssysteme durch den Arbeitgeber, um beispielsweise Mitarbeiter zu überwachen oder zu disziplinieren, anstatt sie vor tatsächlichen Sicherheitsrisiken zu schützen. Dies kann zu einem Klima der Überwachung und des Misstrauens am Arbeitsplatz führen, was sich negativ auf das Arbeitsklima und die Produktivität auswirken kann. Es ist daher entscheidend, dass Gerichte und Gesetzgeber sicherstellen, dass die Verwendung von Überwachungstechnologien am Arbeitsplatz streng reguliert und auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird. Arbeitnehmer müssen vor unzulässiger Überwachung geschützt werden, während gleichzeitig angemessene Sicherheitsmaßnahmen gewährleistet werden. Insgesamt fordert das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover eine sorgfältige Abwägung zwischen den Rechten der Arbeitgeber auf Sicherheit und den grundlegenden Rechten der Arbeitnehmer auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung.

Ganz anders die französische Entscheidung!

Die Entscheidung der französischen Datenschutzbehörde vom 27. Dezember 2023, die die Videoüberwachung von Amazon-Mitarbeitern verbietet, ist ein bedeutender Schritt in Richtung des Schutzes der Privatsphäre und der Arbeitsrechte. Diese Entscheidung unterstreicht die Anerkennung der grundlegenden Rechte der Arbeitnehmer und sendet ein starkes Signal an Arbeitgeber, dass Überwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz nicht über das angemessene Maß hinausgehen dürfen. Mit Hilfe der verhängten Geldstrafe werden die Würde und Privatsphäre der Mitarbeiter gewahrt, und es fördert ein Arbeitsumfeld, das auf Vertrauen und Respekt basiert. Darüber hinaus trägt es dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung des Datenschutzes zu schärfen und zeigt, dass auch in einer digitalisierten Welt die Rechte der Arbeitnehmer geschützt werden müssen. 

Aus den genannten Gründen fordert die DHV Amazon auf die menschenverachtende und die mehr als fragwürdige Überwachung Ihrer Mitarbeiter unverzüglich zu beenden,

 

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Zum zweiten Mal haben die Unternehmen im Handel bei stockenden Tarifverhandlungen die Löhne freiwillig erhöht

Inmitten des anhaltenden Tarifkonflikts im Einzelhandel erhöhen einige Handelsunternehmen erneut ihre Löhne und Gehälter eigenständig. Die Schwarz Gruppe, die Lidl und Kaufland umfasst, sowie die Rewe-Gruppe (Rewe, Penny, Toom), Aldi und der Möbelhändler Ikea haben angekündigt, ihre Mitarbeiterlöhne zu erhöhen. Im Oktober 2023 erhöhten die Unternehmen bereits ihre Entgelte um fast fünf Prozent. Im Vergleich zu den aktuellen Tariftabellen können sich die Arbeitnehmer nun über einen Anstieg von 10 Prozent freuen. Aldi Süd hat bisher keine spezifischen Daten preisgegeben.

Die tarifgebundenen Unternehmen im Lebensmittelhandel akzeptieren die Empfehlung des Handelsverbandes Deutschland (HDE), die Löhne und Gehälter vor einem offiziellen Tarifabschluss freiwillig, um höchstens zehn Prozent zu erhöhen und diese Erhöhung später mit dem Tarifabschluss zu verrechnen. Laut Steven Haarke, dem Tarifgeschäftsführer von HDE, wie er der Presse gegenüber äußerte, sei nach elf Monaten Tarifkonflikt mit über 60 Verhandlungsrunden bundesweit seiner Ansicht nach, Verdi leider kein Interesse an einem zeitnahen Abschluss im Einzelhandel hätte.

Ohne die Zustimmung des HDE und seiner Landesverbände sind tarifgebundene Unternehmen nicht berechtigt, ihre Löhne und Gehälter zu erhöhen. Wenn diese auch bereits im Oktober 2023 angehoben wurden, ist jetzt nur eine Erhöhung der Differenz erlaubt. Laut einem Sprecher des Unternehmens plant die Edeka-Gruppe, sich an der Empfehlung des Verbands zu orientieren.

Die Einheitsgewerkschaft kritisierte das Vorgehen der Arbeitgeberseite und rief auch in dieser Woche wieder zu Warnstreiks bei den Beschäftigten im Einzelhandel auf. Silke Zimmer, ein Mitglied des Bundesvorstands von Verdi, erklärte, dass der Handelsverband versucht, den Streikwillen durch Ankündigungen von freiwilligen Lohnanhebungen zu unterdrücken. Das Gebot der Stunde laut Frau Zimmer sei eine Wiederaufnahme der Verhandlungen und ein Abschluss eines Tarifs, der den steigenden Preisen entspricht. Nur durch einen Tarifvertrag können tarifverbindliche Erhöhungen erzielt werden.

Seit Monaten gibt es kaum Fortschritte bei den Tarifverhandlungen für die Millionen Arbeitnehmer im Einzelhandel. Trotz zahlreicher Warnstreiks war die verfahrene Lage unverändert geblieben. Die Forderungen der verhandelnden Gewerkschaft im Einzelhandel belaufen sich auf eine Erhöhung von mindestens 2,50 Euro pro Stunde in allen Regionen und eine Laufzeit des Tarifvertrages von einem Jahr. Zudem je nach Region noch zusätzliche Ansprüche und Forderungen gestellt werden. Zuletzt gab es auch keine Fortschritte bei den Spitzengesprächen auf Bundesebene. Die Einheitsgewerkschaft beschuldigt die Arbeitgeber, die Verhandlungen zu behindern und eine tarifliche Blockadepolitik zu betreiben.

Wir fragen uns eher, wann die große Einheitsgewerkschaft endlich ihre Versprechen einlöst, welche sie gegenüber den Arbeitnehmern und vor allem Ihren Mitgliedern abgeben, hat.

Wir möchten daran erinnern, dass diese Einheitsgewerkschaft derzeit das tarifliche Monopol im Bereich Handel hat. Aber anders als im öffentlichen Dienst oder öffentlichen Nahverkehr wirken Warnstreiks und Aktionen und auch das Vorgehen bei Verhandlungen im Handel eher etwas dilettantisch als professionelle Gewerkschaftsarbeit! Und wir fragen uns warum?

Ist es der interne Konflikt bei der großen Einheitsgewerkschaft (Causa Akman vs. Zimmer) oder ist man im Handel einfach etwas schwach auf der Brust oder hat nicht die besseren Trümpfe in der Hand? Um es in Anlehnung an eines italienischen Bayerntrainers zu sagen „Was erlauben verdi“?   

Natürlich üben wir auch Kritik am Vorgehen von HDE und den Mitgliedsunternehmen. Wenn sie gute und ordentliche Mitarbeiten haben und halten wollen dann müssten dieses auch ordentlich bezahlt werden. Die beste und ehrlichste Anerkennung für die Leistung, die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern geben kann, ist eine ordentliche Lohnerhöhung!

Wir fordern beide Seiten auf endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren und ein vernünftiges und ordentliches Ergebnis für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verhandeln.

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Quo vadis Einzelhandel?

Aktuell hat der Einzelhandel in Deutschland einige Schwierigkeiten. Insbesondere die Inflation und die Wirtschaftsflaute haben einen erheblichen Einfluss auf viele Unternehmen und deren Arbeitnehmer. Laut dem Einzelhandelsverband wird ein bedeutendes Ladensterben erwartet. Dies hat auch Auswirkungen auf zahlreiche Innenstädte und natürlich für viele Arbeitnehmer. Viele Insolvenzen tragen weiter zu einem Klima der Unsicherheit bei.

Der Einzelhandelsverband geht davon aus, dass in diesem Jahr erneut ein bedeutendes Ladensterben stattfinden wird. Laut der Vorhersage des Handelsverbands Deutschland (HDE) sollen insgesamt 5.000 Läden für immer schließen. Dadurch dürften sich die Zahl der Geschäfte, die seit 2020 geschlossen haben, auf 46.000 erhöhen. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth äußerte gegenüber der Presse, dass dies eine schlechte Nachricht für den Einzelhandel und insbesondere für die Stadtzentren darstellt. Für viele Menschen ist der Einkauf der Hauptgrund für den Besuch einer Innenstadt. Für viele Arbeitnehmer im Einzelhandel ist jetzt der Blick in die Zukunft ungewiss. Falls Geschäfte schließen und damit fehlen, werden hier nicht nur gesamte Stadtzentren, sondern auch viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen betroffen sein.

Derzeit leidet die Branche unter einer Wirtschaftsflaute und einer hohen Inflation. Gemäß HDE stiegen die Einnahmen im Einzelhandel im letzten Jahr ausschließlich aufgrund von Preiserhöhungen um 2,9 Prozent auf fast 650 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu verringerten sie sich, bereinigt von der Inflation, um 3,4 Prozent. In diesem Jahr sollte die Lage etwas besser sein. Es wird erwartet, dass die Einnahmen um 3,5 Prozent steigen, was in Wirklichkeit einem Anstieg von einem Prozent entspricht. Als Verband des Handels verlangt man sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Ladensterbens. Es ist erforderlich, dass alle Beteiligten aus den Bereichen Handel, Kommunen, Gastronomie und Kultur vor Ort zusammenarbeiten.

Wir als Gewerkschaft stehen im konstruktiven Austausch mit allen Beteiligten aus den Bereichen Handel, Kommunen und Politik gerade durch unsere Mitglieder Fachbereich Handel.

Wir stehen an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel seit über 130 Jahren!

Harm Marten Wellmann

Tarifverhandlungen Groß- und Außenhandel NRW: Wir warten und warten und warten!

Wie aus „ohne uns kein Geschäft“ ein „mit uns noch kein Tarifabschluss“ geworden ist.

Am 24.01.2024 wurde in NRW die 9. Verhandlungsrunde im Groß- und Außenhandel begangen, wieder ergebnislos und bundesweit. In den anderen Tarifverhandlungen im Handel sieht es nicht anders aus.

Beide Seiten – Arbeitgeber wie die verhandelnde Gewerkschaft verdi – schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

Leidtragende sind in jedem Fall die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf deren Rücken dieses Spiel ausgetragen wird.

Bisher gab es neun Verhandlungsrunden, denn seit April 2023 wird verhandelt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Bereits seit 2022 hat man sich auf diese große Verhandlungsrunde eingeschworen, wenn man sich erinnern kann. Eine Parole von „Dieses Mal holen wir uns alles zurück!“ und „Mehr!“ schwebt noch in der Luft.   

Komisch ist für uns ja nur, dass bis dato nichts dabei rumgekommen ist. Wenn ihr so stark seid, wo seid ihr dann? Warum dauert das so lange? Wenn ihr so mächtig seid als die zweitgrößte Gewerkschaft im DGB, warum handelt ihr dann nicht so? Oder warum handelt ihr im Bereich Handel nicht so? Ihr habt doch nach eigenen Angaben beim BAG 15% der Arbeitnehmer im Handel organsiert.   

Wo ist der große Streik von verdi im Handel, wie für den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst oder im öffentlichen Nahverkehr oder wie der Bahnstreik, der wesentlich kleineren GTL? Selbst die Bauern haben es Euch vorgemacht!

Bei aller Liebe als Gewerkschaft zum Streikrecht und aus der Grundüberzeugung heraus, dass gerade die Beschäftigten im Handel mehr als nur Applaus, sondern eine ordentliche Gehaltserhöhung verdient haben, verstehen wir Eure Argumentation nicht.

Wenn die Arbeitgeberseite nicht ordentlich mit Euch verhandelt, warum wartet Ihr dann noch auf was? 

Ist es nicht eine gewerkschaftliche Bankrotterklärung als zweitgrößte DGB-Gewerkschaft mit nur 300 Streikenden zum Landtag Düsseldorf zu ziehen und dort die Tarifforderungen zu unterstreichen?

Das wirkt doch gelinde gesagt etwas lächerlich, bei über einer Million Arbeitnehmern im Handel allein in NRW und ihr habt mehr als 150.000 Mitglieder allein im Handel – wir erinnern uns an die 15% Organisationsgrad. Wo waren die denn? Hatten alle Urlaub oder waren krank? Nein, ein paar hatten Angst vor Repressalien des Arbeitgebers, wenn sie sich der Demonstration anschließen, laut einem Artikel. Wir glauben, hierzu kann und sollte sich jeder seine eigene Meinung bilden.        

Wir möchten an dieser Stelle einen alten verdi-Mann aus Duisburg zitieren, „Wer dicke Backen macht, sollte auch pfeifen können!“. Der Pfiff war wohl nicht laut genug.

Die Verhandlungen scheinen ja nicht besser zu laufen, wie vorher immer kommuniziert wurde und das Argument, dass ja noch wir als DHV da wären, die ansonsten noch verhandeln könnten. Man müsse ja abschließen, wenn man alleine wäre und dann würde und könnte man schon agieren und verlangen, was man wollte. Dieses Argument zählt im Moment nicht mehr. Ihr habt im Handel und im Großhandel ein gewerkschaftliches Monopol.

Liefert doch endlich mal Eure Versprechen ab, liebe große Einheitsgewerkschaft. Wo ist das „mehr“ für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, geschweige für Eure Mitglieder?  Ach ja, die neue Forderung in der 9. Verhandlungsrunde, dass jetzt eine gewerkschaftliche Differenzierungsklausel mit einer Einmalzahlung oder war es, wie Rewe es abgelehnt hat, eine Gehaltserhöhung nur für verdi-Mitglieder gefordert wird?

Mal Butter bei die Fische verdi, wo ist der große Streik, wenn die Arbeitgeberseite nicht einigungsbereit ist? Oder habt ihr euch totgestreikt?

Zieht dieses Argument des Arbeitskampfes bei der Arbeitgeberseite im Bereich Handel nicht mehr?

Man munkelt, es gäbe Arbeitgeber, die durch Eure Wochenstreiks oder Streikmaßnahmen, enorme Gewinne, aufgrund der nicht zu zahlenden Lohnkosten, einfahren und der Streik trotzdem keine Wirkung zeigt.

Ihr habt es geschafft, dass sich die Arbeitgeberseite im Handel über jeden Streiktag freut. Und somit wird das alles auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen.  

Verdi, liefert doch bitte endlich mal nicht nur heiße Luft für Eure Mitglieder, sondern für die gesamte Arbeitnehmerschaft ein vernünftiges Ergebnis ab.

Ihr wolltet den Alleinvertretungsanspruch für die Arbeitnehmerschaft. Im Moment habt Ihr diesen inne. Also werdet diesem gerecht!

Stop complaing! Start organizing!

Oder wie man im Pott sagt, Ärmel hochkrempeln und malochen!

In diesem Sinne allen DHV-Mitgliedern und allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Handel und der Warenlogistik ein kräftiges Glück auf!

Harm Marten Wellmann

CGB Bremen kritisiert Senatsbeschluss zu Sonntagsöffnungen

Seit Jahren streiten der CGB und seine für den Handel zuständige Berufsgewerkschaft DHV für die Einhaltung des Sonntagsschutzes und gegen eine Aufweichung des Sonntagsverkaufsverbotes im Einzelhandel. Eine aktuelle reprä­sentative Meinungsumfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov hat erst kürzlich wieder bestätigt, dass CGB und DHV mit ihrer Ablehnung erweiterter Sonntagsöffnungen richtig liegen. 53 Prozent der Befragten lehnten ebenso wie die christlichen Gewerkschaften eine Lockerung des Verbotes der Ladenöffnungen an Sonntagen ab. Lediglich 37 Pro­zent begrüßen solche Lockerungen. Gleichwohl hat der Bremer Senat am 06.12.24 auch für dieses Jahr wieder groß­zügige Ausnahmeregelungen für Ausnahmen vom Sonntagsverkaufsverbot in der Stadtgemeinde Bremen beschlos­sen.

Entsprechend den Vorschlägen des Handelsverbandes Nordwest hat der Senat per Verordnung Sonntagsöffnungen anlässlich von zwölf Veranstaltungen genehmigt. Der CGB hatte bereits in seiner Stellungnahme zum Verordnungsent­wurf darauf hingewiesen, dass es sich bei Veranstaltungen wie dem Vegesacker Kinderfest, den Dorffesten in Findorff und Oslebshausen, dem Weinfest in Borgfeld, der Gewerbeschau und der Messe WeserArt in Osterholz sowie dem Gröpelinger Sommer und Feuerspuren-Festival in Gröpelingen jeweils nur um ortsteilbezo­gene Events ohne besondere wirtschaftliche oder touristische Bedeutung handelt, die eine Ausnahme vom Sonntags­verkaufsverbot rechtfertigen würden. Von den vom Handelsverband für eine Sonntagsöffnung genannten Anlässen rechtfertigen nach Auffassung des CGB und seiner zuständige Berufsgewerkschaft DHV somit lediglich die Osterwiese, La Strada, das Vegefest so­wie der Freimarkt eine Sonntagsöffnung. Dies gilt insbesondere für den Bremer Freimarkt, bei dem aufgrund der unstrit­tig besonderen Bedeutung auch auf eine räumliche Begrenzung der Ausnahmeregelung verzichtet werden könnte.

Der CGB kritisiert bereits seit Jahren, dass der Senat dem Handel in der Stadtgemeinde Bremen unter Bezugnahme auf ein mit einigen Institutionen im Jahre 2008 vereinbartes Konzept, alljährlich eine weitgehend gleichbleibende Zahl von Sonntagsöffnungen mittels Ausnahmeregelung ermöglicht, für die jeweils nach Anlässen gesucht wird, mit denen sich die Ausnahmeregelungen begründen lassen. Dabei wird zudem mit geschätzten Besucherzahlen operiert, die zu­meist nicht nachprüfbar belegt werden können.

Der CGB erwartet vom Senat, dass er offensiv das grundgesetzlich verankerte Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit gewährleistet, in dem rechtlich mögliche Ausnahmen restriktiv gehandhabt werden. Er erinnert daran, dass das Bun­desverwaltungsgericht bereits in einer Entscheidung vom 26.11.2014 (69/2014) die Messlatte für Ausnahmen vom Ver­bot der Sonntagsarbeit heraufgesetzt und deutlich gemacht hat, dass es keinen erheblichen Schaden i.S. des Ge­setzes darstellt, „wenn der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe nicht hinter dem Wunsch zurücktreten muss, spontan auftre­tende Bedürfnisse auch sofort erfüllt zu bekommen.“

 

 

Kritische Reflexion zum digitalen Einkaufen

Neulich hatte ich in Mannheim Aufenthalt und wollte im Hauptbahnhof eine Kleinigkeit kaufen. Ich fand eine Filiale der Supermarktkette tegut…teo. Man kann mit einer App oder einer Giro-/Kreditkarte in den Laden gelangen. Drinnen bezahlt man an einer Selbstbedienungskasse. Der Kauf ging problemlos vonstatten.

Also alles gut? Für mich als Gewerkschafter nicht. Meine Rechnung: Mindestens eine/r Verkäufer/in pro Schicht ist weggefallen. Zwei Schichten sind erforderlich, um den Laden in der Mannheimer Hauptbahnhofspassage zu betreiben. Hinzu dürften noch Aushilfen und/oder noch eine weitere Teilzeit-/Vollzeitkraft kommen. Statt etwa 4-5 stationäre Beschäftigte dürfte der digitale Einkaufsladen nur noch eine oder zwei Beschäftigte benötigen, die für das Auffüllen des Ladenangebots mehrerer Geschäfte zuständig sein dürften.

Was heute noch eher einen Seltenheitswert hat, wird in wenigen Jahren in vielen Supermärkten Standard sein. Man geht dann eben in den digitalen Discountmarkt und erledigt die Einkäufe mit der App oder mit Giro-/Kreditkarte. Für die Einzelhandelsketten ein lohnendes Geschäft: Man spart massiv an Personalkosten ein, lässt die Belieferung der Märkte durch Subunternehmer erledigen, braucht sich nicht mit den Tarifforderungen der Gewerkschaften zu beschäftigen, und man hat dann auch noch den gläsernen Kunden, dessen Einkaufsverhalten getrackt werden und den man mit zielgerichteter Produktwerbung enger an sich binden kann.

Was passiert aber mit den hunderttausenden Beschäftigten, deren Arbeitsplätze in den nächsten Jahren überflüssig werden? Diese kann man nicht einfach in Alternativjobs lotsen. Ich erinnere mich an den Slogan “Schleckerfrauen in die Kitas” – die wenigsten Beschäftigten hatten den Weg dorthin genommen. Man kann nicht Verkäufer/innen in Arbeitskräftemangelbereiche wie Kindergärten, Pflegeheime, Schulen, Restaurants oder in die IT-Branche lotsen. Die wenigsten können vom einfachen Verkäufer hin zu IT-Experten oder Quereinsteiger in Schulen hochqualifiziert werden. Und sich den ganzen Tag dem Kinderlärm in den Kitas auszusetzen, Menschen zu pflegen und in Restaurants an Abenden und an Wochenenden zu arbeiten – das muss man wollen, für einen solchen Job muss man brennen! Ansonsten leiden diese Personengruppen/Kunden, und man selber geht an der Arbeit kaputt. Viele Beschäftigte werden eher früher in Rente gehen oder werden ihr Dasein als Bürgergeldempfänger/in fristen.

Die Entwicklung hin zum “digitalen Einkaufserlebnis” (Slogan tegut…teo) kann man nicht aufhalten, aber sie hat für mich einen sehr schalen Beigeschmack: Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste sozialisiert. Aber wir alle müssen uns auch die Frage stellen: Warum kommt es so? Weil wir es wollen! Manche sind sicher auf billige Einkäufe angewiesen. Viele, die es sich aber anders leisten könnten, gehen lieber auf Rabattjagd nach dem Motto “Geiz ist geil!”, anstatt als Kunde den inhabergeführten Einzelhändler um die Ecke zu unterstützen.

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Ein kurzer Bericht von der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik

Am 08.11.2023 fand in Mannheim die Vertreterversammlung der BGHW statt. Neben der eigentlichen Sitzung bildeten die Vorgespräche in den Gruppen der Versicherten und der Arbeitsgeber sowie die Verleihung der goldenen Hand, dem Präventionspreis der BGHW, den Rahmen für die Versammlung. Die gelebte Parität der BGHW wurde in der gesamten Veranstaltung gut sichtbar. 

Dies war nach der konstituierenden Versammlung in Heidelberg die erste „Arbeitssitzung“. Nach dem obligatorischen Berichten des Vorsitzenden und der Geschäftsführung folgten die Arbeitsthemen. Die Themen waren vielfältig, insbesondere wurden die Schulungsmaßnahmen in der Prävention, die Rückkehr zur Normalität nach Corona, das Angebot von Fahrsicherheitsschulungen seitens der BG, die Zunahme von Fahrassistenten bis hin zum möglichen autonomen Fahren und die möglichen Risiken, die KI und die möglichen Vor- und Nachteile angesprochen.  Ein weiteres Thema waren die EAS-Systeme an Kassen. Hier kommt es bei einigen Geräten vor, speziell bei der Entfernung des Diebstahlschutzes, dass die Strahlungsschwellenwerte kurz überschritten werden. Zu den möglichen Folgen und Risiken gibt es noch keine Erkenntnisse. Man ist im Austausch mit den Herstellern und wird die Problematik weiterverfolgen. Auch die Öffentlichkeitsarbeit und das Beschreiten neuer medialer Wege der BGHW in der öffentlichen Wahrnehmung wurde diskutiert. Die BGHW wird hier zukünftig weiter ihren Weg der Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien ausbauen.   

 MdB Peter Weiß von der CDU und Bundeswahlbeauftragter für die Sozialversicherungswahlen hielt ein paar spannende Grußworte zur Sozialversicherung, Unfallversicherung und den Sozialwahlen. Er regte zur Diskussion über die aktuelle Situation der Sozialversicherung und deren Zukunft an.

Am Abend rundete die Preisverleihung der goldenen Hand, welche alle zwei Jahre verliehen wird, die Versammlung ab.

Die „goldene Hand“ wurde insgesamt an 7 Preisträger verliehen und live im Internet gestreamt.

Ausgezeichnet wurden hier Erfindung und Einfälle, die im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes den Preisträgern eingefallen sind.

So wurden unter anderem ein „Sichtbarmachen“-system von Ecken für Stapelfahrer im Lager, eine smarte Steckdose, eine Leitersicherung an LKW und eine Lichtweste beim Beladen von Schiffen ausgezeichnet. All die präventiven Maßnahmen erhöhen den Schutz der Arbeitnehmer. Sie können Unfälle vermeiden und vielleicht auch in anderen Bereichen Anwendung finden.

DHV-Positionierung zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Handel

Die DHV, insbesondere die Fachgruppe Handel und Warenlogistik, begrüßt die Initiative, im Rahmen von Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimawandel im deutschen Einzel- und Großhandel auf saisonales Obst- und Gemüsesortiment umzustellen und beispielsweise von Flugtransporten abzusehen. Auch wenn dies für Verbraucher zur Folge hat, dass man nicht mehr jedes Obst und Gemüse zu jeder Jahreszeit automatisch bekommt.  Was das konkret für den Verbraucher bedeutet? Wer zukünftig einkaufen geht, wird sich darauf einstellen müssen, dass bestimmte Waren nur noch saisonal angeboten werden. Als Beispiel könnte man hier grünen Spargel, Trauben und Erdbeeren nennen. Für Gemüse oder Obst, welches außerhalb der Saison bislang auf dem Luftweg nach Deutschland gebracht wurde, bedeutet dies, dass diese Waren künftig auf dem deutschen Markt wegfallen. Die DHV-Fachgruppe für Handel und Warenlogistik begrüßt diese nachvollziehbare Umstellung im deutschen Handel im Rahmen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit in der Konzentration auf Obst und Gemüse aus europäischer, deutscher und regionaler Produktion.

Filialsterben im deutschen Einzelhandel setzt sich fort

Die DHV ist besorgt über das anhaltende Filialsterben im deutschen Einzelhandel, von dem besonders die Bekleidungsbranche betroffen ist. Allein im I. Quartal dieses Jahres haben bereits 37 Mode- und Schuhhändler ein Insolvenz- oder Schutzschirmverfahren angemeldet. Aktuell hat das Unternehmen Gerry Weber angekündigt, dass es 122 seiner 149 deutschen Läden und 28 Outlet-Stores bis September schließen will. Die angekündigte Schließung bedeutet den Wegfall von ca. 350 Vollzeitstellen im Verkauf und von 75 in der Zentrale. Der Modekonzern, der sich bereits 2019 nur mit Hilfe eines Insolvenzverfahrens vor dem Aus retten konnte, hatte im April erneut ein Insolvenzverfahren in Eigenregie beantragt und will sich nun verstärkt auf die Modeherstellung und sein Großhandelsgeschäft konzentrieren.

Auch die frühere Gery Weber-Tochter Hallhuber, die 2021 nach einem Insolvenzverfahren von zwei Investoren übernommen wurde, befindet sich erneut in Schieflage und kämpft ums Überleben. Es geht um 110 Filialen und rund 1100 Beschäftigte. Ob auch diesmal das Insolvenzverfahren ein glückliches Ende findet ist fraglich.

Beim Modehändler Peek & Cloppenburg sind von dem am 1.Juni eröffneten Insolvenzverfahren in Eigenregie derzeit „nur“ 350 der über 1500 Arbeitsplätze in der Zentrale betroffen, die abgebaut werden sollen, wie das Unternehmen im Mai in einer Pressemitteilung ankündigte. Die Beschäftigten der 67 deutschen Filialen und des Online-Stores der Modekette müssen aktuell nicht um ihre Arbeitsplätze bangen. Ob dies auch längerfristig der Fall sein wird, bleibt abzuwarten angesichts von 400 Millionen Euro Schulden des Düsseldorfer Konzerns.

Für die Mehrzahl der Beschäftigten der Schuhhandelskette Reno, die bereits im März Insolvenz anmelden musste, ist es bereits traurige Gewissheit, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Nach dem kein neuer Investor gefunden wurde, steht das Ende für 150 der 180 Reno-Standorte in Deutschland fest. Lediglich 30 Standorte sollen im Rahmen von Übernahmen fortgeführt werden. Etwa 120 der ehemals 1100 Beschäftigten haben damit die Chance auf Erhaltung ihres Arbeitsplatzes.

Für die Schuhhandelskette Görtz hat sich zwar in Rahmen des bereits im September letzten Jahres eingeleiteten Insolvenzverfahrens in Eigenregie ein neuer Investor gefunden, ein Ende der Fahnenstange ist dennoch nicht in Sicht. War man noch im Februar davon ausgegangen, das Unternehmen mit der Hälfte der ehemals 160 Filialen fortführen zu können, mussten bereits im Mai weitere Filialschließungen angekündigt werden, da sich der Umsatz nicht wie erwartet entwickelt hatte.

Die Reihe der Hiobsbotschaften ließe sich fortsetzen. Die Corona-Pandemie ist vorbei; die erhoffte Erholung der krisengeschüttelten Schuh- und Modebranche lässt jedoch auf sich warten. Keine rosigen Zeiten für die Einzelhandelsbeschäftigten.

Streik EDEKA Berbersdorf Juni 2023

Streik Berbersdorf EDEKA

Im großen Zentrallager des Einzelhändlers Edeka in Berbersdorf bei Chemnitz wurde am Donnerstag, 8. Juni, zum geplanten 3 tägigen Streik ausgerufen . Die DHV unterstützte den Streikaufruf der verhandelnden Gewerkschaft und rief ihre Mitglieder zur Streikteilnahme auf.

Die steigenden Ausgaben für Lebensmittel, Wohnen, Energie und Fahrtkosten sowie Verzögerungstaktiken der Arbeitgeber bei den laufenden Tarifverhandlungen andererseits veranlassen die Beschäftigten zur Teilnahme an Streikaktionen. Die Mehrheit der Beschäftigten im Handel ist zunehmend von Geldsorgen und Altersarmut betroffen. Konkret gefordert wird eine Erhöhung aller Löhne um 13 Prozent sowie eine Vorschusserhöhung von 27 Cent pro Stunde für bestimmte Lohn- und Gehaltsgruppe. Das Angebot der Arbeitgeberseite war bisher mehr als ungenügend.

Es bleibt zu hoffen, dass der Tarifkonflikt im Handel mit einem guten Abschluss zu Ende geht, der den Beschäftigten in ihrer schwierigen Situation hilft.