DHV-Landesgewerkschaftstag lehnt einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung ab und fordert sichere Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen sowie ein Festhalten an der gesetzlichen Schuldenbremse

Der 21. Gewerkschaftstag des Landesverbandes Niedersachsen/Bremen der DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V., der am Samstag in Verden stattgefunden hat, zeigte sich besorgt über die rasant steigenden Energiepreise in Deutschland. Er fordert finanzielle Entlastung für Mieter und besonders energieabhängige Unternehmen sowie eine Anhebung der Entfernungpauschale für Berufspendler.

Der DHV-Landesgewerkschaftstag erwartet bei der Umsetzung klimapolitischer Ziele Augenmaß. Bürger und Wirtschaft dürfen finanziell nicht überfordert und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht gefährdet werden. Er erteilt daher Plänen für einen beschleunigten Ausstieg aus dem im Kohlekompromiß für 2038 festgeschriebenen Ende der Kohleverstromung eine entschiedene Absage.

Der Landesgewerkschaftstag begrüßt die Absicht der koalitionären Verhandlungspartner für eine neue Bundesregierung, an der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse festzuhalten, Steuern nicht zu erhöhen und keine neuen Substanzsteuern einzuführen. Er warnt jedoch davor, diese Absicht durch Bildung neuer Schattenhaushalte oder Ausgabenverlagerungen auf die Sozialversicherungsträger zu unterlaufen. Insbesondere die Kranken- und Pflegeversicherung befinden sich bereits jetzt an den Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Die GKV hat bereits für 2022 zusätzliche Milliardenhilfe vom Bund in Höhe von 7 Milliarden Euro angemeldet.

Der Landesgewerkschaftstag begrüßt weiterhin die Ankündigung der koalitionären Verhandlungspartner, das Mindestrentenniveau von 48 Prozent zu sichern und keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des Renteneintrittsalters vorzunehmen. Die angekündigten Bestandsschutzmaßnahmen reichen nach Auffassung des Gewerkschaftstages jedoch nicht aus, um auch den Beziehern geringer Einkommen im Alter ein auskömmliches Einkommen zu sichern. Zur Vermeidung von Altersarmut sind daher weitere Maßnahmen erforderlich.

Zur Finanzierung der notwendigen Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz sieht der Landesgewerkschaftstag auch bei Einhaltung der Schuldenbremse ausreichend Handlungsspielräume, u.a. im Bereich der Subventionen, von denen viele nicht mehr notwendig und sinnvoll sind, sowie insbesondere bei der Verhinderung und Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Nach verschiedenen Studien entgehen dem deutschen Fiskus durch Steuerhinterziehung und Steuerflucht alljährlich Einnahmen von weit mehr als 100 Milliarden Euro.

Gastredner des Landesgewerkschaftstages war der DHV-Bundesvorsitzende Henning Röders, der sich in seinem Referat schwerpunktmäßig mit der vom Bundesarbeitsgericht (BAG) verkündeten Aberkennung der Tariffähigkeit der DHV befasste, die er als schweren und nicht nachvollziehbaren Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie wertete. Röders erinnerte an die langjährige Historie der 1893 gegründeten DHV, die bereits zehn Jahre nach der am 23.12.1918 vom Rat der Volksbeauftragten gesetzlich eröffneten Möglichkeit zum Abschluss von Tarifverträgen knapp 1000 Tarifverträge vorweisen konnte und seit ihrer Wiedergründung nach der Zwangsauflösung durch die Nazis wieder rund 24.000 Tarifverträge getätigt hat, darunter den ersten Bundestarifs (West) für das private Bankgewerbe nach dem Zweiten Weltkrieg. Der DHV die Tariffähigkeit abzuerkennen entbehre daher jeder nachvollziehbaren Grundlage. Der Hauptvorstand habe daher vor zwei Tagen Verfassungsbeschwerde gegen die BAG-Entscheidung erhoben, was von den Versammlungsteilnehmern mit großem Beifall quittiert wurde.

Über die aktuelle gewerkschaftspolitische Arbeit der DHV in Niedersachsen und Bremen berichtete Geschäftsführerin Martina Hofmann, die dabei einen Einblick in die vielfältige Bildungsarbeit des Landesverbandes gab.

Bei den Vorstandswahlen gab es einen Wechsel an der Spitze des Landesverbandes. Neuer Vorsitzender wurde der Betriebsrat der Talanx AG, der Hannoveraner Matthias Rickel. In ihrem Amt als Stellvertreterin bestätigt wurde das Betriebsrats- und Aufsichtsratsmitglied der AGRAVIS, Annette Wolters aus Braunschweig. Als Schriftführer wiedergewählt wurde der Bremer Peter Rudolph, der die DHV u.a. im Berufsbildungsausschuß der Handelskammer Bremen sowie in der Vertreterversammlung der Verwaltungsberufsgenossenschaft vertritt. Vervollständigt wird der neue Vorstand durch die Beisitzerinnen und Beisitzer Doreen Hinze, Sabine Wilmes-Lender Jürgen Osteroth und Jörg Schulze. Im Aufsichtsrat der DHV wird der Landesverband weiterhin durch Netto-Betriebsrat Hartmut Rath aus Algermissen vertreten.

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