Anlässlich des Senatsempfangs für Betriebs- und Personalräte am 12.Dezember im Bremer Rathaus hat der CGB Christliche Gewerkschaftsbund an alle Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft appelliert, sich mit ihren Fraktionen und Parteien für die Abschaffung des Tarifeinheitsgesetzes und Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung einzusetzen.
Peter Rudolph, CGB-Landesvorsitzender: „Es reicht nicht aus, die Arbeit der Betriebs- und Personalräte in Sonntagsreden und mit einem jährlichen Empfang zu würdigen. Es muss vielmehr endlich etwas getan werden, dass nicht in immer mehr Betrieben die Arbeitgeber nach Gutsherrenart schalten und walten können, weil es keinen Betriebsrat gibt oder auch kein Tarifvertrag Anwendung findet.“
Der CGB setzt sich für den Erlass eines Gewerkschaftsgesetzes ein, dass die Rechtstellung der Gewerkschaften, die Anforderungen an ihre Tariffähigkeit sowie die Voraussetzungen und Grenzen von Arbeitskampfmaßnahmen regelt und Einschränkungen der grundgesetzlich verankerten Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie durch Richterrecht und hier insbesondere durch gesetzes-übersteigende Rechtsfortbildung Einhalt gebietet. Weiterhin tritt der CGB dafür ein, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen dadurch zu erleichtern, dass in den Tarifausschüssen den antragstellenden Sozialpartnern ein Stimmrecht eingeräumt wird, um Veto-Möglichkeiten einzelner Ausschussgruppen auszuschließen. Schließlich erwartet der CGB, dass unter Beteiligung aller gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen unverzüglich der in der EU-Mindestlohn-Richtlinie vorgesehene Aktionsplan zur Erhöhung der Tarifbindung erstellt wird, der verpflichten ist, wenn die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt
Der CGB verweist darauf, nur noch knapp 9 Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Deutschland über einen Betriebsrat verfügen und damit nur noch rund 42 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Westdeutschland und 35 Prozent in Ostdeutschland von Betriebsräten vertreten werden. Dies hat Auswirkungen auf die Tarifbindung. Tarifverträge gibt es insbesondere in den Wirtschaftszweigen wie dem öffentlichen Dienst oder der Metallindustrie, in denen ein hoher gewerkschaftlicher Organisationgrad besteht und die Arbeitsstätten über einen Betriebs- bzw. Personalrat verfügen.
Die EU-Mindestlohn-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, zur Erhöhung der Tarifbindung Aktionspläne zu erstellen, wenn die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt. Deutschland ist von dieser Quote mit einer Tarifbindung von lediglich 43 Prozent derzeit meilenweit entfernt. Legislative und Judikative haben vielmehr mit dem Tarifein-heitsgesetz und der Mächtigkeitsrechtsprechung mit dazu beigetragen, die grundgesetzlich verankerte Tarifautonomie auszuhöhlen und den Abschluss von Tarifverträgen zu erschweren.
Das 2015 von der Großen Koalition beschlossene und rechtlich umstrittene Tarifeinheitsgesetz, das aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits 2017 nachgebessert werden musste, legt fest, dass in ei-nem Betrieb keine konkurrierenden Tarifverträge zur Anwendung kommen können, sondern der Tarifvertrag der Organisation mit den meisten Mitgliedern im Betrieb. Das Gesetz behindert damit die Tarifarbeit und Entwicklung kleiner und neuer Gewerkschaften und damit den Gewerkschaftspluralismus.
Ähnlich verhält es sich mit der sogenannten Mächtigkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), auf deren Grundlage verschiedenen Gewerkschaften in Deutschland im Laufe der Jahre die Tariffähigkeit aberkannt und damit ihre wesentlichste Arbeitsgrundlage entzogen wurde. Da das BAG nicht bereit ist, seine aufgrund des geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrades in Deutschland seit langem überholte Mächtigkeits-Recht-sprechung aufzugeben, sollte der Gesetzgeber handeln und ein Gewerkschaftsgesetz erlassen. Spätestens dann, wenn die Mindestlohnrichtlinie greift und die Bundesregierung in einem Aktionsplan konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Tarifbindungsquote von 80 Prozent festlegen muss, wird die Mächtigkeits-Rechtsprechung ad absurdum geführt, da Gewerkschaften dann defacto dazu gezwungen sein werden, Tarifverträge auch in Bereichen abzuschließen, in denen sie den für die Tariffähigkeit vom BAG geforderten Organisationsgrad nicht nachweisen können.