Zu dem heute von den Bundesministern Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP) vorgestellten Rentenpaket II der Ampel-Koalition hat sich in einer ersten Stellungnahme der Bremer CGB-Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende Peter Rudolph wie folgt geäußert:
Mehr als zwei Jahre nach der letzten Bundestagswahl hat die Bundesregierung endlich ihr Konzept für ein Rentenpaket II offengelegt. Das Konzept beinhaltet kaum Überraschungen, sondern schreibt im wesentlichen nur das fest, was bereits angekündigt wurde:
- die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent über das Jahr 2025 hinaus,
- die Festschreibung des Renteneintrittsalters sowie
- die Einführung der Aktienrente.
Eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, die Altersarmut verhindert und eine nachhaltige Altersvorsorge gewährleistet, wie sie die christlichen Gewerkschaften und andere Arbeitnehmer- und Sozialverbände gefordert haben, wird es hingegen weiterhin nicht geben. Während sich die Pensionäre in Deutschland ebenso wie die Beamten über die von den Tarifparteien im Dezember vereinbarte Einmalzahlung in Höhe von 1800 Euro freuen dürfen und sich die Mehrheit der Schweizer in einer Volksabstimmung für die Einführung einer 13.Monatsrente ausgesprochen haben, müssen sich die Beitragszahler und Altersrentner der deutschen Rentenversicherung darauf einstellen, dass sie zukünftig mehr Geld für ihre Altersvorsorge aufwenden müssen. Positiv zu bewerten ist, dass das Renteneintrittsalters nicht heraufgesetzt wird, wie dies die Wirtschaftsverbände gefordert haben und auch die FDP weiterhin befürwortet. Ebenfalls positiv zu bewerten ist, dass die Ampel entgegen den Erwartungen auch die Rentenformel unangetastet lassen will und nicht dem Vorschlag des Sachverständigenrats folgt, der für eine Stärkung des Nachhaltigkeitsfaktors plädiert hatte. Gemeint war allerdings eine Inflationsindexierung, durch die die Renten zukünftig geringer gestiegen wären als bisher.
Von der umstrittenen Aktienrente, die von den christlichen Gewerkschaften abgelehnt wird, ist keine kurzfristige finanzielle Entlastung der Rentenversicherung zu erwarten. Die FDP, die die Aktienrente in die Diskussion gebracht hat, erhofft sich von dem kapitalgedeckten Fonds eine höhere Rendite als sie mit den gesetzlich begrenzten Anlageformen für die Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung erwirtschaftet werden kann. Ob die Spekulationserwartung von 5%, wie sie der Sachverständigenrat in seiner Befürwortung der Aktienrente geäußert hat, realistisch ist, muss sich aber erst noch zeigen. In jedem Fall muss der kapitaldeckte Fonds erstmal über ausreichend Kapital verfügen, um Renditen erwirtschaften zu können. Vorgesehen ist der Aufbau eines Kapitalstocks von 200 Milliarden Euro bis 2036, für den jährlich 12 Milliarden Euro aus öffentlichen Darlehen bereitgestellt werden sollen. Ob der Aufbau eines solchen Kapitalstocks angesichts der bereits vorhandenen Haushaltsprobleme gelingen kann und wie geplant ab 2036 Renditen an die Rentenversicherung ausgeschüttet werden können, ist aus CGB-Sicht höchst zweifelhaft.
Eine Sicherung der Rentenfinanzen durch höhere Bundeszuschüsse erscheint ebenso illusorisch, nach dem die Bundesregierung gerade erst gezwungen war, im jüngst verabschiedeten Bundeshaushalt 2024 den Bundeszuschuss an die Rentenversicherung um 600 Millionen Euro zu kürzen. Trotz Aktienrente geht denn auch die Ampel in ihrem Rentenpaket II davon aus, dass spätestens ab 2028 die Rentenversicherungsbeiträge angehobenwerden müssen.
Die im Rentenpaket angekündigte Stabilisierung des Rentenniveaus von 48 Prozent über das Jahr 2025 bietet den Rentenbeziehern und zukünftigen Rentnern somit zwar eine vorübergehende Kalkulationsgrundlage, schützt aber nicht vor Altersarmut. In Deutschland müssen bereits jetzt 42,3% der Rentner mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1250 Euro monatlich auskommen. Dies betrifft etwa 7,5 Millionen Menschen im Ruhestand. Für Frauen sieht es noch schlechter aus. Von den Rentnerinnen müssen sich 36,2% mit einer Rente von unter 1000 Euro monatlich begnügen. Dabei werden zur Vermeidung von Altersarmut bereits jetzt 4,3% der rund 21 Millionen Bestandsrenten durch einen Grundrentenzuschlag von durchschnittlich rund 90 Euro aufgestockt. Es ist damit bereits abzusehen, dass auch das jetzt von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Rentenpaket II nicht die letzte Rentenreform sein wird.
Als Vorbild für eine wirkliche Rentenreform empfiehlt sich ein Blick nach Österreich. Österreich hat auch ein umlagefinanziertes Rentensystem, bei dem aber auch die Selbständigen und Politiker beitragspflichtig sind. Der Rentenversicherungsbeitrag ist mit 22,8% höher als in Deutschland, wobei die Arbeitnehmer aber mit 10,25% weniger als die Hälfte tragen müssen. Das gesetzliche Renteneintrittsalter beträgt für Männer in Österreich 65 Jahre und wird für Frauen derzeit sukzessive auf 65 Jahre angehoben. Mit 80% ist das Rentenniveau in Österreich deutlich höher als Deutschland. Die Pension, wie die Rente in Österreich heißt, wird wie die meisten Gehälter zudem vierzehnmal im Jahr gezahlt und jährlich sozial gestaffelt in Anlehnung an die Inflationsentwicklung angehoben, in diesem Jahr um bis zu 9,7%. Bei dem Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Rente in Österreich voll versteuert werden muss, bei einem höheren Eingangssteuersatz als in Deutschland