Bericht WOW-Seminar

Arbeit ist mehr als nur ein Tun: Wie lässt sich das Wohlbefinden von Arbeitnehmern verbessern – auch vor dem Hintergrund zunehmender Belästigung am Arbeitsplatz?

Datum: 12.03.2024

Vom 20.-22. Februar 2024 trafen sich die Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Arbeitnehmerorganisationen aus knapp zwanzig unterschiedlichen Ländern in der zypriotischen Hafenstadt Larnaca. Anlass war ein Seminar der World Organisation of Workers (WOW) unter dem Titel „Arbeit ist mehr als nur ein Tun: Wie lässt sich das Wohlbefinden von Arbeitnehmern verbessern – auch vor dem Hintergrund zunehmender Belästigung am Arbeitsplatz?“ Das Thema ist auch in der deutschen Arbeitswelt von großer Bedeutung und Aktualität, so dass die DHV die Gelegenheit ergriffen hatte, mit den Landesgeschäftsführern Marc Endlich (Baden-Württemberg) und Lukas Menzel (Rheinland-Pfalz/Saar u. Hessen) ebenfalls vor Ort vertreten zu sein.

Die Eröffnung erfolgte durch Herrn Erik Maas (WOW Vorstandsmitglied Europa, Niederlande), der die Wichtigkeit der Arbeitszufriedenheit für Beschäftigte betonte, da von dieser in entscheidender Weise die Identifikation mit der ausgeübten Tätigkeit abhängt und so direkte Auswirkungen auf die Produktivität hat. Auch der Präsident der WOW, Wayne Prins, aus Kanada war zum Seminar angereist und hob die Bedeutung der Zufriedenheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hervor, da dies auch eine Frage der Ehre bzw. Würde eines Jeden in seinem Arbeitsleben sei. Angesichts der Wichtigkeit des Themas ist es nur folgerichtig, dass man sich auch über nationale Grenzen hinweg austauscht und zusammenschließt, um ein wirkmächtiges Netzwerk aufzubauen. Das Seminarprogram bestand aus zehn Vorträgen und Diskussionsrunden mit Dozenten aus dem akademischen Bereich, Gewerkschafts-vertreterinnen mit umfassenden Erfahrungen aus der Praxis und Rednern, die die erfolgreiche Einführung von Programmen zur Verbesserung des Wohlbefindens von Beschäftigten am Arbeitsplatz vorstellten.

Aufgrund dieses sehr umfassenden Programms werden hier nur einige Ausführungen beispielhaft wiedergeben. Ein sehr interessantes Projekt stellte der Kollege Rolf Weber (Kifra Dänemark) in seinem Beitrag „Arbeitszufriedenheit ist von großem Wert“ vor. Ein eigens für die Untersuchung der Jobzufriedenheit ins Leben gerufene dänisches Institut hat eine Messskala aus sieben Faktoren entwickelt. In den Bereichen Bedeutung, Fähigkeit, Führung, Einfluss, Gleichgewicht, Erfolg und Kollegen konnten die Befragten jeweils null bis hundert Punkte vergeben und so einen Gesamtwert für die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit erhalten. Die Forscher haben errechnet, dass sich ein Punkt in der Gesamtbetrachtung Jobzufriedenheit mit einem Wert von 2.110 € angeben lässt. Bei einer Steigerung der Zufriedenheit der Beschäftigten erfolgt ein Rückgang bei Krankheitstagen und der Fluktuation auf Arbeitsplätzen.

Die gesamtgesellschaftlichen Vorteile, die sich aus einer höheren Wertschätzung der Angestellten für ihre Arbeit ergeben, stellte Herr Mikael Arendt Laursen (Kifra Dänemark) näher vor. Die Steigerung der Jobzufriedenheit schlägt sich nicht einfach nur in einer hören individuellen Freude und persönlichen Erfüllung nieder, sondern hat einen direkten Einfluss auf Produktivität und Entwicklungsfortschritt in den jeweiligen Unternehmen. So kann die Steigerung der Jobzufriedenheit mit einer höheren Wochenarbeitsleistung von ein bis zwei Stunden beziffert werden, die Anzahl der Krankentage sinkt erheblich und man hat einen späteren Renteneintritt von durchschnittlich 4,6 Jahren errechnet. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ist der Rückschluss offensichtlich, dass mit der Erhöhung der Zufriedenheit von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ein entscheidendes Instrument zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels vorliegt.

Die Kollegin Sara Nedergaard Aksholm (Kifra Dänemark) stellte anschließend noch ein weiteres Ergebnis der umfassenden Forschungen zu diesem Themengebiet vor. Mit dem Arbeitszufriedenheit Indexwert wurde ein Instrument entwickelt, das es sowohl einzelnen Angestellten, als auch Unternehmen ermöglicht, mit Hilfe der App GAIS die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter zu ermitteln und anschließend langfristig zu verbessern. Über GAIS können Nutzer anhand der für Arbeitszufriedenheit entscheidenden sieben Faktoren einen Selbsttest durchführen und erhalten im Anschluss einen aussagekräftigen Wert für ihre Jobzufriedenheit. So wird diese nicht nur konkret und nachvollziehbar, sondern bietet auch die Möglichkeit Entwicklungen und Trends in der Belegschaft zu verfolgen.

Am Ende des Seminars waren noch einmal alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gefragt, sich einzubringen. Der europäische WOW Vorstand ist der festen Überzeugung, dass sich der Einfluss der Organisation auf die europäischen Institutionen in Brüssel noch steigern lässt. Die Solidarität der Mitgliedsorganisationen untereinander steht weiterhin im Vordergrund, es sollen aber drei Hauptanliegen formuliert werden, die zukünftig in Brüssel besonders gefördert werden sollen. Unter der Leitung von Wolfgang Prischinger (WOW Präsident Europa, Österreich) haben sich aus den Anwesenden Arbeitsgruppen gebildet, die entsprechende Vorschläge formuliert und vorgestellt haben. Der Europavorstand wird die Ergebnisse der Gruppenberatungen auswerten und seine Arbeit anhand der Ergebnisse zukünftig verstärkt ausrichten.      

Als Fazit der hoch informativen Vorträge und der intensiven Beratungen betonten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer einhellig die große Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und des Austausches über nationale Grenzen hinweg. Auch wurde eindeutig bewiesen, dass es sich bei den Themen Wohlbefinden von Beschäftigten und Jobzufriedenheit mitnichten um vernachlässigbare „Wellnesthemen“ handelt. Vielmehr lassen diese sich auf konkrete Daten festsetzen und haben für die Gestaltung der zukünftigen Arbeitswelt eine immense Bedeutung.

Lukas Menzel                                                                                                                            DHV-Rheinland-Pfalz/Saar

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