„Vielfalt predigen, Monopol leben“

Manchmal fragt man sich, ob Gewerkschaften wirklich für die Menschen kämpfen, die sie vertreten sollen – oder eher für sich selbst.

Besonders die großen Einheitsgewerkschaften im DGB – ver.di, IG Metall, IG BCE, GEW, NGG, EVG, IG BAU – predigen stolz Werte wie Vielfalt, Mitbestimmung und Demokratie. Doch wer genau hinsieht, merkt: Vieles davon gilt nur, solange es das eigene Monopol nicht stört.

Stellen Sie sich vor: Sie wollen ihre Arbeit, ihre Stimme und ihre Rechte über eine Gewerkschaft vertreten lassen. Doch die Tür, die Ihnen offenstehen sollte, wird zugeschlagen. Nicht weil Ihre Anliegen nicht ernst genommen werden – sondern weil Sie nicht Teil des großen Apparats sind. Kleine oder alternative Gewerkschaften werden skeptisch beäugt, meistens sogar aktiv abgewehrt und angegangen. Vielfalt? Ja, bitte – nur nicht vor der eigenen Haustür. 

Warum? Ganz einfach: Mitglieder sind Macht. Wer viele Mitglieder hat, hat Einfluss – auf Tarifverträge, Politik und Öffentlichkeit. Jede neue Gewerkschaft, die Mitglieder gewinnt, schränkt diese Macht ein. Da kann das Prinzip der Tarifeinheit noch so gut klingen – hinter der juristischen Fassade steckt oft das gleiche Kalkül wie bei jedem Konzern: Kontrolle behalten, Konkurrenz ausschalten. 

Und während diese Einheits-Gewerkschaften offiziell von Mitbestimmung sprechen, erleben Beschäftigte im Alltag oft das Gegenteil: Entscheidungen werden zentral getroffen, politische Kontakte gepflegt und Tarifprozesse gesteuert – alles ohne echte Mitwirkung und Mitbestimmung der Basis. Wer versucht, das zu ändern, gilt schnell als Störenfried. 

Dabei wäre Konkurrenz ein Gewinn für uns alle. Mehr Gewerkschaften bedeuten: Mehr Wahlmöglichkeiten, mehr Anpassung an die Realität einzelner Branchen, mehr Druck auf die Apparate, die sich sonst bequem auf ihrem Monopol ausruhen. Stattdessen sehen wir, wie ein Ideal – Demokratie und Vielfalt – eher als Schutzmechanismus für den eigenen Machtbereich genutzt wird.

Man muss das nicht kompliziert machen: Gewerkschaften sind für die Menschen da, nicht für ihre eigene Vormachtstellung. Wenn Vielfalt ein Wert ist, dann darf sie nicht am eigenen Zaun enden.

 

Fazit: Wir brauchen Gewerkschaften, die nicht nur predigen, sondern wirklich zuhören. Die Vielfalt zulassen, ohne Angst vor Konkurrenz.

Die Demokratie leben – in jedem Betrieb, in jeder Branche, für jede Stimme.

 

Nur so werden Gewerkschaften wieder das, was sie eigentlich sein sollten: Partner der Beschäftigten, nicht Hüter eines Monopols.

 

Harm Marten Wellmann

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