Manche Äußerungen von Politikern und Interessenvertretern offenbaren eine besorgniserregende Realitätsverweigerung in der deutschen Sozialpolitik. Während manche kategorisch Leistungskürzungen ausschließen und jegliche Reform als „unseriös“ abtun, ignorieren sie die drängenden Herausforderungen unseres Sozialstaats und die berechtigten Sorgen der Beitragszahler.
Christliche Soziallehre: Solidarität UND Eigenverantwortung
Aus christlich-gewerkschaftlicher Sicht basiert ein funktionierender Sozialstaat auf dem Prinzip der Subsidiarität: Hilfe zur Selbsthilfe steht im Vordergrund, staatliche Unterstützung soll befähigen, nicht dauerhaft alimentieren. Die katholische Soziallehre betont seit jeher, dass Solidarität und Eigenverantwortung keine Gegensätze sind, sondern sich ergänzen müssen.
Eine Ablehnung jeglicher Strukturreformen wird weder der christlichen Verantwortungsethik noch den Interessen der arbeitenden Menschen gerecht. Manche Gewerkschaft, die primär die Interessen von Nicht-Arbeitenden verteidigt, verliert ihre Legitimation als Interessenvertretung der Beschäftigten.
Klare Haltung: Null Toleranz bei Sozialbetrug
Es muss klar Position bezogen werden gegen organisierte Kriminalität im Sozialbereich. Die Machenschaften krimineller Banden – Menschen aus Südosteuropa werden nach Deutschland gelockt, in Schrottimmobilien untergebracht und mit fingierten Arbeitsverträgen zum Amt geschickt – zeigen das Ausmaß des Problems auf. Bei Sozialbetrug darf es keine Toleranz geben! Jeder erschlichene Euro schadet dem Vertrauen in den Sozialstaat und belastet ehrliche Beitragszahler!
Die Frage bleibt jedoch: Warum besteht bei manchen Politikern und Lobbyvertretern diese Entschlossenheit nur bei der Betrugsbekämpfung, aber nicht bei anderen notwendigen Strukturreformen? Es stellen sich drängende Fragen:
- Finanzierbarkeit:Wie sollen die steigenden Sozialausgaben langfristig finanziert werden, ohne die Beitragszahler zu überlasten? Die in die Diskussion eingeworfene Aussage, es gebe „keinen Aufwuchs beim Bürgergeld“ ist angesichts der absoluten Zahlen irreführend.
- Arbeitsanreize:Wie kann sich Arbeit wieder lohnen? Das aktuelle System schafft in vielen Fällen Fehlanreize, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen.
- Missbrauchsbekämpfung:Wie können Schlupflöcher, die zu Betrug und Bereicherung geradezu einladen, geschlossen und den kriminellen Ausnutzern des Systems das Handwerk gelegt werden?
- Hier hat Fahimi völlig recht – die organisierten kriminellen Banden müssen schonungslos verfolgt werden. Ihre klare Haltung zu Sozialbetrug verdient Unterstützung. Doch warum blockiert der DGB dann andere notwendige Reformen?
- Aufstockerbetriebe:In der berechtigten Kritik u.a. auch der DGB-Gewerkschaften steht der „steuerfinanzierten Kombi-Lohn“ – warum kämpfen aber manche Kritiker dann nicht konsequenter gegen Kombi-Löhne statt für höhere Sozialleistungen? Vor allem für Gewerkschaften muss das ein wichtiges Anliegen sein!
Christliche-gewerkschaftliche Alternative: Würde durch Arbeit
Die christliche Gewerkschaftsbewegung vertritt einen Ansatz der auch im 21. Jahrhundert aktuell ist: Menschliche Würde entfaltet sich durch sinnvolle Arbeit und gesellschaftlichen Beitrag. Ein Sozialstaat, der Menschen dauerhaft in Passivität hält, wird diesem Anspruch nicht gerecht.
Unsere Reformvorschläge:
- Aktivierende Arbeitsförderung: Stärkung von Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen
- Entbürokratisierung und Digitalisierung des Sozialstaates
- Flexiblere Hinzuverdienstgrenzen: Arbeitsaufnahme attraktiver machen
- KI-Steuer zur Finanzierung der Sozialsysteme: Unternehmen, die den Faktor Arbeit durch KI-Einsatz ersetzen, müssen weiterhin einen Beitrag zur Finanzierung des Sozialstaates leisten.
Kritische Fragen zur Rentenpolitik:
- Wie kann die Rente der „Babyboomer“ finanziert werden, ohne die nachfolgenden Generationen zu überlasten? Generationengerechtigkeit muss ernst genommen werden – die junge, wie die ältere Generation haben ein Recht auf ein nachhaltiges Rentensystem!
- Warum lehnen manche Kritiker jegliche Reformierung oder gar Flexibilisierung im Rentensystem ab?
- Wie kann die betrieblichen Altersvorsorge weiter gestärkt werden? Das geplante zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz ist ein richtiger Schritt. Die Tarifpartner sowie die Betriebsparteien müssen mit Vereinbarungen auf tariflicher und betrieblicher Ebene bestehende Regelungen weiter entwickeln und weiße Flecken schließen.
Pflegereform: Menschlichkeit statt Polemik
Die Kritik an Karenzzeiten in der Pflege ist berechtigt, aber manche Polemik wird der Komplexität des Problems nicht gerecht. Statt konstruktiver Vorschläge wird so nur Empörung geliefert. Wenn es nur um die tausenden Pflegefälle gehen würde, würden wir nicht dieses sozialstaatliche Dilemma haben und diskutieren. Wer nachgewiesen krank und pflegebedürftig ist, soll auch unterstützt werden.
Christlich-gewerkschaftliche Alternativen:
- Ausbau der Kurzzeitpflege
- Stärkung ambulanter Dienste
- Entlastung pflegender Angehöriger durch flexible Arbeitszeiten
- Aufwertung der Pflegeberufe durch bessere Bezahlung
Die Zeit ist reif für einen Kurswechsel in der deutschen Sozialpolitik – mit christlicher Verantwortungsethik.