Warum Vereinbarungen so wichtig sind!
Deutschland ist im Ausnahmezustand. Das Corona-Virus hat auch uns erreicht. Viele Arbeitgeber schicken jetzt ihre Angestellten ins Homeoffice um arbeitsfähig zu bleiben, um die Ansteckungsgefahr zu verringern, um Angestellte die zur Risikogruppe gehören zu schützen. Wenn es im Betrieb schon Regelungen zum Thema Homeoffice zum Beispiel durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifvertrag gibt, umso besser. Aber was ist eigentlich zu beachten?
Grundsätzlich gilt: Einen gesetzlichen Anspruch, von zu Hause aus zu arbeiten, gibt es nicht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Unternehmen das Homeoffice als generell vereinbar mit dem Organisationskonzept ansieht, dies entsprechend dokumentiert hat und eine Abwägung der beiderseitigen Interessen zugunsten des Arbeitnehmers ausfällt. Das heißt, auch wenn man als Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten möchte, weil man Angst hat, sich anzustecken, braucht man die Zustimmung des Arbeitgebers. Umgekehrt gilt, dass Arbeitgeber nicht einseitig anordnen können, ob und wann Mitarbeiter im Homeoffice zu arbeiten haben. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Gewerbeordnung umfasst zwar generell die Befugnis zur Bestimmung des Arbeitsorts. Da aber die Wohnung als intimste Privatsphäre des Arbeitnehmers besonderen Schutz genießt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig zwingen, seine Privaträume als Büro zu benutzen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können hierzu allerdings Vereinbarungen treffen.
Vereinbarungen zum Homeoffice sind sinnvoll. Das gilt gerade auch dann, wenn über einen möglicherweise längeren Zeitraum im Homeoffice gearbeitet werden soll.
Ab ins Homeoffice und beide sind einverstanden. Damit allein ist es nicht getan. Es gilt: Ein Arbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz – egal, ob zu Hause oder im Büro! Es gilt auch für Homeoffice die Arbeitsstättenverordnung. § 2 Absatz 7 ArbStättV besagt, dass Telearbeitsplätze vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten sind und damit konkreten Regelungen unterliegen. Vom Arbeitgeber fest eingerichtet – das kann auch für eine bestimmte Zeit gelten, zum Beispiel während der Corona-Pandemie. Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer im Homeoffice mit allen Mitteln auszustatten, die für die Arbeit benötigt werden.
Der Arbeitgeber muss für technische Sicherheit sorgen. Beim Homeoffice sind einige Besonderheiten zu beachten. Nicht jeder Arbeitnehmer verfügt über ausreichend schnelles und stabiles Internet. Gegebenenfalls muss die Bandbreite erhöht und damit der Tarif verändert werden. Die Kosten hierfür trägt der Arbeitgeber. Rechtsgrundlage ist der allgemein anerkannte Aufwendungsersatzanspruch entsprechend § 670 BGB, der besagt, dass Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung ganz oder teilweise von zu Hause aus erbringen, zusätzlich zu ihrem vertraglichen Entgelt unter Umständen einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Nutzung ihrer Wohnung, des Internets, Telefons etc. haben können.
Viele Arbeitnehmer müssen während ihrer Arbeitszeit auch telefonisch unter der Nummer des Arbeitgebers erreichbar sein. Auch dafür hat der Arbeitgeber zum Beispiel über Diensthandys und Rufnummernumleitung zu sorgen. Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass Mitarbeiter ihr privates Handy benutzen. Das kann man zwar vereinbaren, aber dann müsste der Arbeitgeber auch hier unter Umständen einen Teil der Kosten übernehmen.
Im Idealfall stellt der Arbeitgeber den Mitarbeitern im Homeoffice einen Laptop zur Verfügung. Dies dient schon allein der Datensicherheit. Familienmitglieder sollten keinen Zugriff auf den Rechner haben, Software und Datenschutz sollten auf dem neuesten Stand sein. Das ist bei privaten Rechnern nicht immer gegeben. Arbeitnehmer müssen unter Umständen auch währen des Homeoffice Zugriff auf Betriebsinterna, Intranet etc. haben. Hierzu kann die Einrichtung eines VPN, eines virtuellen privaten Netzwerkes notwendig sein.
Auch Arbeitsschutz ist ein Thema. Der Arbeitsplatz sollte sinnvoll gewählt werden. Er entscheidet häufig darüber, wie produktiv das Homeoffice tatsächlich ist. Nicht jeder Mitarbeiter hat so viel Wohnraum, dass ein Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Wie geht man damit um? Für Mitarbeiter, die nur hin und wieder zu Hause Mails lesen und beantworten mag der Küchentisch ausreichend sein. Aber was ist mit Mitarbeitern, die keinen Schreibtisch und Bürostuhl zu Hause haben? Arbeitet man am Couchtisch, so bekommt man schnell Rückenprobleme. Das Arbeitszimmer sollte nicht gerade der Ort sein, an dem sich das komplette Familienleben abspielt. Da ist Ablenkung durch Kinder, laufende Fernseher etc. vorprogrammiert. Hier hilft es einen Zeitplan aufzustellen. Die Arbeitszeit richtet sich auch beim Homeoffice nach dem Arbeitsvertrag. In der Regel sind das 8 Stunden täglich. Wer jetzt schnell ins Homeoffice „umzieht“, den stellen diese Dinge vor Herausforderungen. Hier macht es Sinn mit dem Arbeitgeber klare Ziele zu definieren. Muss ich am Couchtisch arbeiten, dann brauche ich mehr Pausen. 8 Stunden hält man so nicht durch.
Eine erforderliche schnelle der Arbeitsstättenverordnung entsprechende Homeoffice-Einrichtung wird sich oft nicht bewerkstelligen lassen. Auch hier gilt: konkrete Absprachen mit dem Arbeitgeber sind sinnvoll.
Zu beachten ist auch immer das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß BetrVG. Welche Arbeitnehmer sollen im Homeoffice arbeiten? Wie wird die Tätigkeit überwacht, wie wird die Arbeitszeit erfasst, ab wann wird im Homeoffice gearbeitet und wann wird das Homeoffice wieder beendet?
Auch wichtig: Welchen Versicherungsschutz haben Arbeitnehmer im Homeoffice? Es gibt eindeutige Regelungen zum Versicherungsschutz an der Arbeitsstätte und zu Wegeunfällen. Im Homeoffice wird oft Privates und Berufliches nicht sauber voneinander getrennt. Aus diesem Grund müssen Arbeitnehmer hier Schutzlücken in Kauf nehmen. Wer z. B. im Homeoffice arbeitet und sich auf dem Weg vom Schreibtisch zum Kühlschrank durch Ausrutschen verletzt, kann keinen Arbeitsunfall geltend machen (Bundessozialgericht, Urteil v. 5.7.2016, Az: B 2 U 2/15 R). Etwas anderes ist es allerdings, wenn der Weg innerhalb der Wohnung eindeutig dienstlich ist (z. B. Unfälle auf dem Weg zu einem Raum, in dem der Mitarbeiter ungestört mit einem Kollegen im Unternehmen telefonieren kann Bundessozialgericht, Urteil v. 27.11.2018, Az.: B 2 U 28/17 R). Hat ein Arbeitnehmer keine private Unfallversicherung, dann kann es sinnvoll sein mit dem Arbeitgeber auch hierzu eine Vereinbarung zu treffen.
Silke Schönherr-Wagner