Hamburg, 24.01.2017
Die Berufsgewerkschaft DHV bewertet den Entwurf der Bundesregierung zum Lohngleichheitsgesetz als einen Entwurf mit Symbolcharakter, aber wenig praktischen Auswirkungen.
Es ist ein selbstverständliches Anliegen der DHV, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben nicht wegen ihres Geschlechts oder Ihrer Entscheidung für eine Familie diskriminiert werden. Sie sieht aber diesen Schutz der Beschäftigten ausreichend gewährleistet durch die bestehenden gesetzlichen Vorschriften. Insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bietet ausreichenden Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben. Zudem schützt die Tarifbindung – sei es in Form von unmittelbarer Geltung oder durch arbeitsvertraglichen Verweis auf bestehende Tarifverträge – vor Diskriminierung im Arbeitsleben. Denn die Tarifverträge beinhalten verbindliche Regelungen zur Eingruppierung der Beschäftigten nach der Art ihrer ausgeübten Tätigkeit unter der Berücksichtigung ihrer Berufserfahrung und ihrer Qualifikation und unterscheiden nicht nach Geschlecht. Zudem hat die Bundesregierung richtigerweise die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert. Wenn ein öffentliches Interesse besteht, können Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden; damit unterliegen auch bisher tariflose Unternehmen ihrer verpflichtenden Anwendung.
Die Bundesregierung beziffert in ihrem Entwurf die bereinigte Lohnlücke auf 7 %. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 93 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse von dem Gesetz nicht betroffen sind. Insofern hat das Gesetz allenfalls Symbolcharakter. Eine flächendeckende Lösung der Problematik kann nur in einer konsequenten Anwendung und Umsetzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes liegen, der auch durch das Tarif- und Betriebsverfassungsrecht geboten ist..
Die Gefahr von Diskriminierungen ist immer in den Bereichen hoch, in denen dem Gewicht des Arbeitgebers nur ein geringes oder gar kein Gegengewicht der Arbeitnehmer entgegensteht. In den meisten Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten, für die das Lohngleichheitsgesetz Anwendung finden soll, bestehen Betriebsräte, die bei der Einstellung und in Bezug auf die Eingruppierung von Beschäftigten ein Mitbestimmungsrecht und die Pflicht haben, im Betrieb die Gleichstellung von Frauen und Männern zu gewährleisten. Zudem ist die Tarifbindung von Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten in der Regel höher als in kleineren Unternehmen. Für kleinere Unternehmen, in denen wegen geringerer Tarifbindung und/oder fehlender Betriebsräte die Gefahr einer Lohnungleichheit potentiell höher ist, soll aber das geplante Lohngleichheitsgesetz keine Anwendung finden. Bedauerlich ist, dass das Gesetz dort keine Anwendung finden soll, wo die Probleme am größten sind, nämlich in kleinen oder mittelständischen Betrieben mit unter 200 Beschäftigten.
V.i.S.d.P.: Henning Röders