Liebe Mitglieder aller Teilgewerkschaften des CGB im Saarland,
zu Beginn des letzten Jahres hatten wir das hundertjährige Jubiläum des Saarlandes begangen. Das Saarland hat in dieser Zeitspanne ein Vielfaches an politischen und ökonomischen Umweltzungen erlebt. Zwei Mal war es ein politisches eigenständiges Gemeinwesen und zwei Mal erfolgte die Eingliederung in den deutschen Staat. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sorgte der Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie für einen Umbruch gewaltigen Ausmaßes für viele Beschäftigte in ihrem Berufsleben aber auch für einen allgemeinen sozialen Wandel. Diese Transformationsprozesse haben viel Kraft in Anspruch genommen und waren auch immer wieder schmerzhaft, aber in vielen Bereichen erfolgreich.
Nun erleben wir erneut einen einschneidenden Umbruch, aus einer Richtung, die kaum einer von uns erwartet hat. Seit über einem Jahr hat die Corona-Virus-Pandemie mit ihren globalen Auswirkungen den Alltag von uns allen auf eine Art beeinflusst, die wir vorher nicht für möglich gehalten haben. Zunächst schien es so, dass das Virus die Fehler und Schwächen der Globalisierung gnadenlos aufdeckt, etwa in dem die Anfälligkeit von Lieferketten, die den Großteil der Erde umspannen, offensichtlich wird. Dieser Effekt hat sich mittlerweile in vielen Bereichen, besonders im Zusammenhang des Einkaufens und des Bezahlens, ins Gegenteil gewandelt. Die Digitalisierung hat hier noch stärker an Fahrt aufgenommen, so dass dem Virus hier aus der Rückschau eher die Rolle eines Katalysators zukommt, der bereits bestehende Entwicklungen noch beschleunigt.
Die Wucht der Auswirkungen des letzten Jahres ist für uns alle bereits spürbar aber die tatsächlichen und kompletten Folgen, werden wir noch lange nicht vollständig überblicken können. Das Mittel der Kurzarbeit ist für Beschäftigte sowohl im produzierenden Sektor, wie auch im Dienstleistungsgewerbe zu einem bekannten Begleiter geworden. Hier wird die Sicherheit des Arbeitsplatzes gegen einen akuten monetären Verzicht versprochen. Ein Versprechen, dass sich hoffentlich für die meisten Betroffenen bewahrheitet. Andere Bereiche, wie die Gastronomie, wurden vor Monaten komplett in den Ruhemodus versetzt und erleben erst seit Kurzem wieder die Möglichkeit unter massiven Auflagen ihrem Geschäft nachzugehen. Für viele Gaststätten wird leider auch gelten, was sich für zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte deutlich abzeichnet, die Türen werden dauerhaft geschlossen bleiben.
Sinn und Zweck dieser Maßnahmen ist es, unser Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Gesundheitssektor ist die Zeit der Corona-Virus-Pandemie mit besonders großen Herausforderungen und Belastungen verbunden, und dabei war die Ausgangslage alles andere als ideal. Kaum einem Beschäftigten, außerhalb von Krankenhäusern, war vor einem Jahr der Begriff Triage bekannt, dass wir seine umfassende Umsetzung nicht erleben mussten, verdanken wir dem medizinischen Personal in all seinen Ausprägungen. Ihrem unermüdlichen Einsatz unter schweren Bedingungen gilt unser besonderer Dank.
Das letzte Jahr stand im Zeichen der Eindämmung, mit dem Ziel das Schlimmste, in Form einer unkontrollierten Virusausbreitung, zu verhindern. Hoffentlich werden wir in einem Jahr sagen können, dies erreicht zu haben. Dann gilt es aber auch, uns mit unser veränderten Situation nicht zuletzt in unserem Arbeitsumfeld auseinanderzusetzen. Hier hat der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) mit seinem diesjährigen Mai-Motto
Klare Kante für Arbeitnehmerrechte
einen entscheidenden Eckpunkt gesetzt. Wir christlichen Gewerkschaften werden weiterhin alles daransetzen, unsere Errungenschaften in den Bereichen von familienfreundlichen Arbeitszeiten, Kündigungsschutz, angemessener tariflich festgelegter Vergütung, Arbeitsschutz und vielem Mehr entschieden zu verteidigen. Mit dem Wissen um den Erhalt unserer über lange Zeit erkämpften Fortschritte können wir uns erneut den Herausforderungen der Zukunft stellen und auch den nächsten Wandlungsprozess meistern. In diesen unsicheren und unübersichtlichen Zeiten müssen wir uns unserer Erfahrungen und Kenntnisse erinnern, damit wir nicht Gefahr laufen unseren inneren Kompass aus dem Blick zu verlieren. Lasst uns Hoffnung und Zuversicht aus den überwunden Katastrophen und Hindernissen der letzten hundert Jahre ziehen, so werden wir auch die vor uns liegenden Herausforderungen bestehen.
Lukas Menzel