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55. Richterwoche des Bundessozialgerichts

Vom 26. bis 28. Juni 2023 fand die 55. Richterwoche des Bundessozialgerichts in Kassel statt. Die Veranstaltung zählt mit ihren über 300 Teilnehmenden zu einer der größten jährlichen Fortbildungsveranstaltungen für das Sozialrecht und beleuchtet traditionell aktuelle Themen mit sozialrechtlichem Bezug. So widmete sich die Richterwoche in diesem Jahr unter der übergreifenden Frage „Was ist NEU?“ der Einführung des Bürgergelds, Änderungen im Recht der Opferentschädigung und dem Betreuungsrecht.

Nach der Eröffnung der Veranstaltung und der Begrüßung der Anwesenden durch den Präsidenten des Bundessozialgerichts Prof. Dr. Rainer Schlegel folgten Grußworte der Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Leonie Gebers, des Hessischen Justizministers Prof. Dr. Roman Poseck und der Bürgermeisterin der Stadt Kassel Ilona Friedrich. Hiernach widmete sich Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, Richter des Bundesverfassungsgerichts, verfassungsrechtlichen Aspekten sozial-rechtlicher Rechtsprechung und stellte Leitlinien des sozialen Rechtsstaats dar. Prof. Dr. Claudia Bittner, Richterin am Hessischen Landessozialgericht, informierte über die Neuerungen im Opferentschädigungsrecht. Die Ausführungen der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Opfer schwerer Gewalttaten und Terroranschläge, Prof. Dr. Daniela Birkenfeld, öffneten am zweiten Tag den Blick auf die Praxis der Opferbetreuung und -entschädigung in einem hochsensiblen Bereich. Frau Vanessa Ahuja, Vorständin der Bundesagentur für Arbeit, schilderte eindrücklich die Anstrengungen der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter, die Änderungen des SGB II mit der Einführung des Bürgergelds mit Leben zu füllen und zu einer für die Kunden der Jobcenter verständlichen Sprache auch in Formularen und Bescheiden zu kommen. Abschließend sensibilisierte Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp, Universität Göttingen, im Umgang mit Klagenden vor dem Hintergrund des geänderten Betreuungsrechts.

Erstmals nach der Pandemie konnten auch Arbeitsgemeinschaften, in denen die Richterinnen und Richter des Bundessozialgerichts sich der Diskussion und dem fachlichen Austausch stellen, unter großer Beteiligung präsent und digital durchgeführt werden. (Auszug Pressemitteilung des BSG vom 29.06.2023)

Für den CGB nahm Martin Fehrmann teil und berichtet, aus der Rede von Frau Ahuja , dass die Bezeichnung „Bürgergeld“ keinesfalls nur eine Namensänderung sei, sondern mit den gesetzlichen Änderungen auch ein neues Rollenverständnis in den gesetzlichen Regelungen verankert sei. Die Umstellung auf eine bürgerfreundliche Sprache – auch wenn diese sukzessive verläuft – zeige nicht nur den Willen des Gesetzgebers den Betroffenen „mitzunehmen“, sondern auch in den auf Schulung und Qualifizierung ausgerichteten Grundgedanken; nicht mehr vermitteln um „jeden Preis“. Sicherlich wird diese Wandlung des Rollenverständnisses eine ständige Führungsaufgabe in den Jobcentern werden.

Das Soziale Entschädigungsrecht wird künftig im SGB XIV gebündelt und neu strukturiert. Das Gesetz regelt Ansprüche von Gewalt- und Terroropfern, aber auch von Impfgeschädigten neu. Die meisten Rechtsänderungen werden ab 2024 greifen. Insbesondere die Regelungen zu den Schnellen Hilfen, Traumaambulanzen und das Erleichterte Verfahren sind neben dem erweiterten Gewaltbegriff und der vermuteten Wahrscheinlichkeit bei psychischen Erkrankungen als Schädigungsfolge eine enorme Verbesserung der Stellung des Geschädigten. Damit zieht der Gesetzgeber Konsequenzen aus dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin im Dezember 2016. 

Infolge des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) wurde die Überarbeitung des Betreuungsrechtes notwendig. Das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts soll die Selbstbestimmung von betreuten Menschen und die Qualität der rechtlichen Betreuung stärken. . Das neue Betreuungsrecht wirkt sich auch auf die Sozialgerichtsbarkeit aus, da auch hier mit der Bestellung eines besonderen Vertreters die Regelungen des neuen Betreuungsrechts zu beachten sind.

In den folgenden Arbeitsgemeinschaften wurden Entscheidungen des Bundessozialgerichts der letzten 1 ½  Jahre und durch Teilnehmer herangetragene Rechtsfragen erörtert und vertieft.

Martin Fehrmann nahm an den Arbeitsgemeinschaften des 5. Senates (Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung), des 7. Senates (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und die des 12. Senates (Versicherungs- und Beitragsrechts) teil.

In seiner  Arbeitsgemeinschaft erläuterte der 12. Senat die Konkretisierung seiner Rechtsprechung zur  Beschäftigteneigenschaft von GmbH-Geschäftsführern mit Gesellschaftsbeteiligung dar.

Das Foto zeigt den Vorsitzenden Richter des 12. Senates, Herrn Andreas Heinz, zusammen mit Martin Fehrmann

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