Letzte Woche wurde mir eine folgende Ergänzungsformulierung zu einem Arbeitsvertrag zugespielt:
“Nach mündlicher Information für den Mitarbeiter vom …(Datum Anfang August) nimmt der Arbeitgeber rückwirkend folgende Information in den Arbeitsvertrag mit auf:
– Arbeitsbescheinigungen, Krankheitsmeldungen usw., welche vom Steuerberater erstellt oder online abgerufen werden müssen, werden mit 13 Euro (pro Abruf bzw. pro Erstellung) vom Gehalt des Mitarbeiters abgezogen.
Unterschrift Arbeitgeber und Mitarbeiter”
Der Kollege, der mir das Dokument schickte, fragte mich, ob mir so etwas schon einmal untergekommen wäre. Ich sagte ihm, dass mir eine solch ungeheuerliche Arbeitsvertragsergänzung noch nie in meinen fast 24 Jahren Gewerkschaftstätigkeit untergekommen war und dass ich hoffe, eine solche Vereinbarung nicht noch einmal lesen zu müssen. Es ist ein Unding, dass Beschäftigte für Bescheinigungen, die im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses notwendig sind, zahlen sollen. Gerade im Hinblick auf Krankheitsmeldungen sehe ich eine solche Arbeitgeberforderung am Rande der Sittenwidrigkeit. Ein solches Begehren erzeugt unzulässigen Druck auf die betroffenen Beschäftigten, von einer Krankmeldung Abstand zu nehmen. Es geht hier nicht nur um die Kosten, die auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden sollen, sondern auch um die Botschaft “Alles, was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung steht, soll zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.” Wenn so etwas Schule macht, was kann dann auf den Arbeitnehmer noch abgewälzt werden? Die Kosten für die Erstellung der monatlichen Gehaltsbescheinigung, des Nachweises für die Sozialversicherung oder für die Bearbeitung der Genehmigung des Urlaubsantrages?
Dieser Vorgang erinnerte mich an eine Begebenheit vor ein paar Jahren. Ich hatte einmal eine Schwestergewerkschaft bei einer Tarifverhandlung als rechtlicher Berater unterstützt. Der Arbeitgeber ging unverfroren mit der Forderung in die Verhandlungen, Betriebsräte für die Dauer ihrer Betriebsratstätigkeit das Gehalt zu kürzen. In dieser Zeit würden sie ja nicht produktiv für das Unternehmen tätig sein. In einer hitzigen Diskussion wies ich die Arbeitgeberseite darauf hin, dass diese Forderung rechtswidrig sei. Ich durfte mir dann in einer Arbeitgebererwiderung anhören, ich würde hier die Kreise stören. Als die Verhandlungskommission der Schwestergewerkschaft in der internen Beratung war, kam sogar der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite noch herein und fragte, was die Gewerkschaftsseite an Zugeständnis bieten würde, damit die Arbeitgeberseite von ihrer Forderung nach Kürzung der Gehälter während der Betriebsratsarbeit Abstand nehme.
Die weitaus überwiegende Mehrheit der Arbeitgeber gehen fair mit ihren Beschäftigten um und bringen diesen gegenüber große Wertschätzung entgegen. Leider gibt es solche schwarzen Schafe, deren Verfehlungen die vielen guten gelebten Sozialpartnerschaften überdecken.
Henning Röders