Stellungnahme des DHV-Hauptvorstands zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg im Tariffähigkeitsverfahren

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,                                

das Landesarbeitsgericht hat uns die Tariffähigkeit aberkannt, weil unser Organisationsgrad an Beschäftigten im Verhältnis zur Zahl der insgesamt in den von unserem Tarifzuständigkeitsbereich erfassten Branchen zu niedrig ist!

Diese Entscheidung ist überraschend und unverständlich. Sie ist auch ungerecht, da sie die Arbeit von uns allen über die vielen Jahre und Jahrzehnte nicht würdigt. Das ist enttäuschend, aber die DHV ist damit aber noch lange nicht aus dem Rennen. Wir kämpfen weiter bis zum BAG, erforderlichenfalls auch bis zum EUGH, weil wir von unserer guten Gewerkschaftsarbeit überzeugt sind und uns unsere Mitglieder unterstützen und hinter uns stehen. Das Geheimnis von Erfolg ist, niemals aufzugeben!

Wir sind eine Gewerkschaft mit langer Tradition. 1893 gegründet sind wir heute eine etablierte und anerkannte Tarifpartnerin, die seit den 50er Jahren bis heute Tarifverträge in unseren Kernbereichen Handel, Banken, Versicherungen sowie im Gesundheitswesen verhandelt und notfalls auch erstreikt.

Die Arbeitswelt hat sich gewandelt, aber auch das Interesse der Menschen, sich in Gewerkschaften zu organisieren. Während in den 60er Jahren noch rund 35 Prozent aller Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder waren, sind es heute nur noch knapp 15 Prozent. Dabei werden Organisationsgrade über 10 Prozent allenfalls in der Industrie und im Öffentlichen Dienst erreicht. Bei Organisationen wie der verdi bewegt sich die Spannbreite beispielsweise von gerade mal 10 Prozent im Handel bis zu vielleicht 4 Prozent in der Altenpflege (Bsirske: “Der Organisationgrad der verdi ist in der Altenpflege unterirdisch“) Der Organisationgrad sagt daher nichts (mehr) über die Tariffähigkeit, also die Fähigkeit, Tarifverträge zu verhandeln aus, wenn die große Masse gewerkschaftlich überhaupt nicht organisiert ist. Wenn verdi auch nur ansatzweise den von sich selbst behaupteten Organisationsgrad von 8 Prozent im Handel hätte, wo klemmt es dann bei Amazon? Wieso ist denn im Handel seit mehr als 20 Jahren kein neuer Manteltarifvertrag mehr verhandelt worden, sondern nur Lohnsteigerungen und die nur mit Ach und Krach?

Fest steht: Die Rechtsprechung zur Feststellung des Gewerkschaftsstatus ist veraltet und braucht dringend einer Neujustierung. Nicht der Organisationsgrad muss entscheidend sein, sondern die Qualität der Tarifarbeit und die Wahrung der Tarifautonomie. Wir haben die Tarifautonomie nie missbraucht. Noch nicht einmal die Antragsteller haben sich getraut, uns einen Missbrauch zu unterstellen. Wie sollten sie auch? Es gibt schließlich keinen.

Verdi, IGM und Co. leisten sich teure Gerichtsverfahren, um sich Konkurrenzgewerkschaften, wie unserer DHV, bequem zu entledigen. Die Flugblätter, mit denen sie jetzt ihren Sieg in aller Polemik ausschlachten, zeigen, dass sie nicht in der Lage sind, sich mit Sachargumenten auseinanderzusetzen. Sie versuchen, ihre Schwäche zu kaschieren, nämlich dass ihnen seit Jahren die Mitglieder wegrennen. So haben sich allein von verdi seit den 1990er Jahren über eine Million Mitglieder enttäuscht abgewandt. Seither versucht verdi den Verlust krampfhaft auszugleichen, was bislang gescheitert ist.

Das gerichtliche Feststellungsverfahren ist nun der hilflose Versuch, Mitglieder von der DHV abzuziehen.  Sie übersehen aber, dass unsere Mitglieder aus Überzeugung bei uns sind.

In einer freien und pluralistischen Gesellschaft kann es nicht nur eine einzige gewerkschaftliche Richtung geben. Pluralität muss es in einer freien Gesellschaft auch für Gewerkschaften geben. Dafür werden wir kämpfen!

Henning Röders                                   Anne Kiesow

DHV-Bundesvorsitzender                      stv. DHV-Bundesvorsitzende

Tags: No tags

Add a Comment

You must be logged in to post a comment