Leipzig/Erfurt: Bei den Gewerkschaftlern der DHV Mitteldeutschland war es alles andere als ein ruhiges Osterfest, denn bei der AWO Thüringen macht der Mai wohl alles neu. Dazu sprachen wir mit dem Geschäftsführer des DHV Landesverband Mitteldeutschland Sebastian Gräfe.
So konnten Sie doch einiges in den zurückliegenden Jahren für die AWO Beschäftigten erreichen?
Sebastian Gräfe: Seit 17 Jahren ist die DHV – Die Berufsgewerkschaft eine Tarifpartnerin, welche für die Beschäftigten bei der AWO sehr viel erreicht hat. Die DHV hat unter anderen in den zwei letzten Verhandlungsrunden prozentuale Entgeltsteigerungen in Höhe von mehr als 18 Prozent und eine feste Sonderzahlung in Höhe von 55 Prozent des Tarifgrundgehaltes gemäß der Entgelttabelle des DHV-Tarifvertrages. durchgesetzt. Durch umfangreiche Hilfe und Unterstützung der DHV ist es zudem gelungen, erfolgreiche Wahlen von Betriebsräten in den verschiedenen Einrichtungen der AWO durchzuführen.
Im März 2021 erfolgte nun das Ende der gemeinsamen Tarifverhandlungen. Wie kam es dazu?
Sebastian Gräfe: Die Entscheidung, aus den Tarifverhandlungen mit der DHV auszusteigen und künftig mit der ver.di zu verhandeln, kam aus dem Nichts. Der Beschluss stößt bei vielen Beschäftigten der AWO Thüringen, insbesondere aber bei den Mitgliedern der DHV Tarifkommission auf völliges Unverständnis. Zitat von einem TK Mitglied, „Der Arbeitgeber hielt es noch nicht einmal für nötig, uns die Gründe für das Ende der jahrzehntelangen Tarifpartnerschaft mitzuteilen. Das die AWO nun gedenkt, mit der ver.di zu verhandeln und nicht mehr mit uns, mussten wir über die Presse erfahren. Vertrauensvolle Tarifarbeit, Transparenz und Respekt gegenüber der Arbeit der DHV Tarifkommission sieht jedenfalls anders aus!“
Gibt es dazu noch weitere Arglistigkeiten?
Sebastian Gräfe: Ja klar und man muss immer wieder staunen. Auf Unverständnis stößt vor allem, dass der Arbeitgeber gleich nach Bekanntgabe seiner Entscheidung mit der DHV nicht mehr weiter zu verhandeln, Mitglieder der DHV Tarifkommission angesprochen hat, um sie für die Tarifkommission der ver.di zu gewinnen.
„Stand März 2021 ist die ver.di offenbar nicht in der Lage, eine eigene Tarifkommission zu bilden. Das ist ein schwaches Bild.“ empört sich DHV Landesgeschäftsführer Sebastian Gräfe. „Die Tarifkommissionsmitglieder, welche aktive Mitglieder der DHV sind, werden jedenfalls NICHT bei den Verhandlungen für den neuen Tarifvertrag der ver.di zur Verfügung stehen“.
Gibt man sich geschlagen?
Sebastian Gräfe: Die Nähe zwischen ver.di und AWO war bereits in der Vergangenheit spürbar. Dort wurde durch die AWO ver.di als Unterstützer für die Betriebsratswahlen angefordert und als Konkurrentin neben der etablierten DHV Gewerkschaftsliste platziert. „Die Mitglieder der DHV Tarifkommissionsmitglieder werden jedenfalls den Werbeversuchen standhalten und werden sich nach 17 Jahren erfolgreicher Tarifarbeit mit der DHV keiner neuen Gewerkschaft anschließen und schon gar nicht auf Wunsch des Arbeitgebers!“ ist sich Gräfe sicher. „Wir fordern die AWO Thüringen auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und keine Taschenspielerticks zu versuchen!“