CGB: TEUERE WAHLGESCHENKE STATT RENTENREFORM

Zu den heutigen rentenpolitischen Beschlüssen des Bundeskabinetts erklärte für den Christlichen Gewerk­schaftsbund Deutschlands – CGB in einer ersten Stellungnahme der stellvertretende Bundesvorsitzende der CGB-CDA-Arbeitsgemeinschaft und Bremer CGB-Landesvorsitzende Peter Rudolph:

Das Bundeskabinett hat heute die Verlängerung der Haltelinie für das Rentenniveau von 48 Prozent des Durch­schnittseinkommens bis zum Jahre 2031 sowie die Ausweitung der Mütterrente auf vor 1992 geborene Kinder beschlossen. Sie hat damit Wahlversprechen von SPD und CSU erfüllt, die nach Meinung des CGB sozialpoli-tisch zu begrüßen sind, aber den Bundeshaushalt mit zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe belasten. Allein die Mütterrente schlägt mit jährlich rund 5 Mrd. Euro zu Buche und für die Stabilisierung des Rentenniveaus wird mit Kosten gerechnet, die von 4,1 Mrd. Euro im Jahre 2029 auf bis zu 11,2 Mrd. Euro im Jahre 2031 steigen werden. Die Aufwendungen für die Alterssicherung erreichen damit neue Rekorde, was sich auch in steigenden Rentenversicherungsbeiträgen niederschlagen wird. Die Deutsche Rentenversicherung rechnet für 2027 mit einer Anhebung des Beitragssatzes von 18,6 auf 18,8 Prozent und für 2028 von 18,8 auf 20 Prozent. Dabei wird angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Rentenbezieher stärker steigt als die der Beitragszahler schon jetzt über die mittel- und langfristige Finanzierbarkeit des Rentensystems gestritten. Grundlegende Reformen sind dennoch bislang ausgeblieben. Auch die Koalition von Union und SPD hat in ihrem Koalitionsvertrag offen­gelassen, wie sie die Rentenversicherung zukunftssicher machen will. Sie setzt auf die Arbeit einer Rentenkom­mission, die bis zur Mitte der Legislaturperiode Entscheidungsgrundlagen liefern soll. Angesichts der für 2029 angekündigten Evaluierung der Beitrags- und Bundeszuschussentwicklung warnt der CGB bereits jetzt vor einer politischen Stimmungsmache mit den Milliardenbeträgen, die der Bund zur Finanzierung der Rentenversiche­rung aufwendet. Beim Bundeszuschuss handelt es sich um keine Subventionierung der Rentenversicherung, sondern im Wesentlichen um pauschale Erstattungsleistungen für politisch veranlasste Aufwendungen. Der CGB ist sich mit vielen Experten einig, dass der Bundeszuschuss höher sein müsste, wenn der Rentenversicherung die erbrachten Fremdleistungen vollständig erstattet würden.

Der CGB fordert eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, die Altersarmut verhindert und eine nachhaltige Altersvorsorge gewährleistet. Es ist für ihn ein Unding, dass mittlerweile rd. 750.000 Rentne­rinnen und Rentner in Deutschland auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind. Eine Indexierung des Nachhaltigkeitsfaktors der Rentenformel, durch die die Renten zukünftig geringer steigen würden, wird daher vom CGB entschieden abgelehnt. Gleiches gilt für eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters, wie sie die Arbeitgeberverbände und ihnen nahestehende Politiker und Wirtschaftsinstitute immer wieder fordern. Ange­sichts der Tatsache, dass das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Deutschland bei 64,4 Jahren liegt und damit deutlich unter der aktuelle Regelaltersgrenze von 67 Jahren, käme jede Anhebung der Regelaltersgrenze einer Rentenkürzung durch die Hintertür gleich.

Als Vorbild für eine wirkliche Rentenreform empfiehlt sich ein Blick nach Österreich. Österreich hat auch ein umlagefinanziertes Rentensystem, bei dem aber auch die Selbständigen und Politiker beitragspflichtig sind. Der Rentenversicherungsbeitrag ist mit 22,8% höher als in Deutschland, wobei die Arbeitnehmer aber mit 10,25% weniger als die Hälfte tragen müssen. Das gesetzliche Renteneintrittsalter beträgt für Männer in Österreich 65 Jahre und wird für Frauen derzeit sukzessive auf 65 Jahre angehoben. Mit 80% ist das Rentenniveau in Österreich deutlich höher als Deutschland. Die Pension, wie die Rente in Österreich heißt, wird wie die meisten Gehälter zudem vierzehnmal im Jahr gezahlt und jährlich sozial gestaffelt in Anlehnung an die Inflationsentwicklung angehoben. Bei dem Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Rente in Österreich voll versteuert werden muss, bei einem höheren Eingangssteuersatz als in Deutschland.

Zwischen Verantwortung und Realität: Sozialstaat stärken, Arbeit belohnen, Ungleichheit beenden

Duisburg, 29. Juli 2025 – Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, warnt vor der Überforderung des Sozialstaates und fordert eine umfassende Neuausrichtung. Seine Mahnung: Man könne sich nicht mehr „alles leisten“. Doch während die Arbeitgeberseite auf Kürzungen und Abgabenbremsen drängt, meldet sich die Gewerkschaft DHV – Die Berufsgewerkschaft mit einer klaren Botschaft: Ja, der Sozialstaat muss zukunftsfähig gemacht werden – aber nicht durch einseitige Belastung der Beschäftigten, sondern durch Mut zu echter Gerechtigkeit und Effizienz.

Sozialstaat ja – aber solidarisch, leistungsfreundlich und modern

Die DHV betont: Der Sozialstaat ist kein Auslaufmodell, sondern Grundpfeiler eines demokratischen Gemeinwesens. Doch er muss klug weiterentwickelt werden – und das bedeutet: Leistung muss sich wieder mehr lohnen. Wer arbeitet, wer ausbildet, wer pflegt, fährt oder organisiert, darf nicht schlechtergestellt sein als derjenige, der dem System dauerhaft fernbleibt. Statt pauschaler Sparappelle braucht es deshalb gezielte Reformen, die Fehlanreize abbauen und Arbeit attraktiv halten.

Bürokratie abbauen, Leistungen gezielt steuern

Ein großes Problem ist dabei die überbordende Bürokratie in den Sozialversicherungen. Jahr für Jahr gehen Milliarden in Verwaltungsprozesse, die weder den Beschäftigten helfen noch Vertrauen schaffen. Die DHV fordert einen konsequenten Bürokratieabbau – durch Digitalisierung, klare Schnittstellen, weniger Doppelstrukturen und einen stärkeren Fokus auf direkte Hilfe statt auf Verwaltung. Moderne Technologien wie KI dürfen kein Selbstzweck sein, sondern müssen spürbare Entlastungen für die Menschen bringen – im Jobcenter wie in der Renten- oder Pflegeversicherung.

Rentengerechtigkeit statt Sonderrechte

Ein besonders drängender Punkt ist die Ungleichbehandlung im Rentensystem. Es ist nicht mehr vermittelbar, dass Beamte und Selbstständige von Sonderregeln profitieren, während Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jahrzehntelang Beiträge zahlen – und dennoch in der gesetzlichen Rente mit deutlich weniger auskommen müssen. Die DHV fordert: Schluss mit der Zweiklassengesellschaft im Alter! Eine einheitliche Erwerbstätigenversicherung, in die alle fair einzahlen – auch Abgeordnete, Beamte und Selbstständige – ist überfällig. Nur so kann langfristige Stabilität bei gleichzeitigem Gerechtigkeitsempfinden erreicht werden.

Bürgergeld im Fokus – aber mit Augenmaß

Die angekündigte Bürgergeldreform muss klug umgesetzt werden: Nicht durch Pauschalkürzungen oder Stigmatisierung, sondern durch ein System, das motiviert, qualifiziert und unterstützt. Dabei gilt: Wer arbeiten kann, soll arbeiten – und wer arbeitet, muss auch mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet. Aber: Hilfe zur Teilhabe darf nie mit Straflogik verwechselt werden. Die Gewerkschaft spricht sich daher für aktivierende Sozialpolitik mit klaren Spielregeln aus – und gegen populistische Debatten, die den sozialen Frieden gefährden.

Fazit: Für einen Sozialstaat mit Rückgrat

Die DHV steht für einen Sozialstaat, der nicht bloß verwaltet, sondern stärkt. Einen Staat, der soziale Sicherheit garantiert, Arbeit belohnt, Ungleichheit abbaut und Zukunft investiv gestaltet. Dafür braucht es:

  • Bürokratieabbau und Digitalisierung mit Fokus auf Menschen
  • Rentenreformen, die Sonderrechte beenden
  • Sozialabgaben, die leistbar bleiben, ohne soziale Härte zu erzeugen
  • Stärkere Anreize für Erwerbsarbeit, statt bloß Kontrolle
  • Ein klares Ja zu Solidarität – aber auch ein klares Nein zu struktureller Ungerechtigkeit

So gelingt ein Sozialstaat, der nicht kippt, sondern trägt. Für alle – nicht nur für einige.

 

 

 

Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) fordert Stärkung der Tarifautonomie zur Bekämpfung von Mindestlohn-Beschäftigung

Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) ist besorgt über die anhaltend hohe Zahl der Beschäftigten in Deutschland, die zu Mindestlohnbedingungen arbeiten. Aktuelle Schätzungen zeigen, dass auch mit der geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro bis zu 6,6 Millionen Beschäftigungsverhältnisse davon betroffen sein werden. Dies unterstreicht aus Sicht des CGB die Notwendigkeit, über den gesetzlichen Mindestlohn hinaus – auch unter dem Gesichtspunkt der Altersarmut – wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen in Deutschland zu schaffen.

„Es ist nicht akzeptabel, dass in einem wirtschaftlich so starken Land wie Deutschland Millionen von Menschen am unteren Ende der Lohnskala verharren“, erklärt der CGB Bundesvorsitzende Henning Röders. „Der Mindestlohn ist eine wichtige soziale Errungenschaft, die eine absolute Untergrenze sichert. Er darf aber nicht zum faktischen Standardlohn für weite Teile der Beschäftigten werden.“, ergänzt der Generalsekretär des CGB Christian Hertzog.

Der CGB sieht einen wesentlichen Teil des Problems in einer schleichenden Erosion der Tarifbindung und fordert daher eine konsequente Stärkung der Tarifautonomie. „Tarifverträge bieten in der Regel deutlich bessere Löhne, faire Arbeitsbedingungen und mehr Planungssicherheit für die Beschäftigten als der gesetzliche Mindestlohn“, erklärt Henning Röders „Die Tarifautonomie ist das Herzstück unserer Sozialpartnerschaft in Deutschland und der beste Weg, um gerechte und auskömmliche Löhne zu sichern.“, so der CGB Bundesvorsitzende weiter.

Der CGB appelliert daher an die Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz, umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um die Tarifbindung in Deutschland signifikant zu erhöhen. Dazu gehören aus Sicht des CGB neben einer signifikanten Erleichterung und damit der Förderung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen und der Stärkung der Rahmenbedingungen von Tarifverhandlungen vor allem die politische Akzeptanz der Tarif- und Gewerkschaftspluralität.

 

„Im Ergebnis hat gerade die Konzentration auf wenige, dafür aber größere Gewerkschaften, dazu geführt, dass die Tariflandschaft nicht mehr so engmaschig ist, wie noch vor 20 Jahren. Die Anerkennung, dass mehrere, dafür aber mit enger Zuständigkeit versehener Gewerkschaften Bereiche abdecken, die andere nicht mehr betreuen können, führt zu mehr Tarifautonomie. Wir als CGB sind überzeugt, dass eine starke Tarifautonomie der Schlüssel ist, um die Zahl der Mindestlohn-Beschäftigten nachhaltig zu reduzieren und eine gerechtere Verteilung des Wohlstands zu gewährleisten“ erklärt der Bundesvorsitzende des CGB abschließend.

 

DAS GIBT ES AUCH: EINZELHÄNDLER GEGEN SONNTAGSÖFFNUNG

Die Aushöhlung der Ladenschlussgesetze durch Ausnahmeregelungen vom Sonntagsverkaufsver­bot wird von der DHV seit Jahren regelmäßig angeprangert. Dass auch einmal der Einzelhandel selbst gegen die Möglichkeit zur Sonntagsöffnung protestiert, wie kürzlich in Bremerhaven, ist hin­gegen selten. Anlass für das Aufbegehren innerstädtischer Bremerhavener Einzelhändler ist die für den 17.August vorgesehene Sonntagsöffnung anlässlich der vom 3.–17.August stattfindenden SAIL Bremerhaven, einem der größten Windjammertreffen Europas. Zwar ist die SAIL ein Publi­kumsmagnet, das als maritimes Großereignis mit mehr als einer Million Besucher rechnen kann, jedoch nicht unbedingt in der Bremerhavener Innenstadt. Die innerstädti­schen Einzelhändler hät­ten daher gerne an der üblichen umsatzstarken Sonntagsöffnung im Okto­ber festgehalten. Dies wurde ihnen jedoch verwehrt, weil in Bremerhaven mit Ausnahme festgeleg­ter touristischer Berei­che nur vier Sonntagsöffnungen im Jahr zulässig sind und die Stadt für die SAIL keine zusätzliche Sonntagsöffnung für erforderlich hielt.

Die Sorge vieler Bremerhavener Einzelhändler vor den Kosten einer zwangsverordneten Sonn­tagsöffnung, der keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen, ist für die DHV verständlich. Auch in der Stadtgemeinde Bremen werden jährlich für lokale Kleinstereignisse Ausnahmeregelun­gen für Sonntagsöffnungen erlassen, nur weil sich der Bremer Senat bereits im Jahre 2008 mit ei­nigen Institutionen auf eine alljährlich weitgehend gleichbleibende Zahl von Sonntagsöffnungen verständigt hat, für die zum Teil krampfhaft neue regionale Anlässe gesucht werden müssen, mit de­nen sich die Ausnahmeregelungen begründen lassen. Das Aufbegehren Bremer Einzelhändler hält sich allerdings in Grenzen. Wie sie den Bedarf an Ladenöffnungszeiten einschätzen, haben sie allerdings bereits die Bremer City deutlich gemacht, in der die Mehrzahl der Geschäfte werk­tags lediglich zwischen 10 und 19 Uhr geöffnet hat und damit kürzer als bereits nach dem Bun­desladenschlussgesetz mög­lich.

 

Resolution der Vertreterversammlung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft zu mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung

Die Selbstverwaltung der gesetzlichen Sozialversicherung hat ihren Ursprung bereits in der Bismarckschen Gesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts. Sie ist aber deswegen kein „alter Hut“, sondern ist auch noch im 21. Jahrhundert hoch aktuell, und ihr Erhalt ist notwendig. Denn die Versicherten und die Arbeitgeber, die mit ihren Beiträgen die gesetzliche Unfallversicherung ausschließlich und die anderen Sozialversicherungszweige paritätisch finanzieren, können am besten einschätzen, welche Leistungen wichtig und erforderlich und welche Ausgaben notwendig sind. Die paritätisch besetzten Gremien der gesetzlichen Sozialversicherung sind gelebte Sozialpartnerschaft und ein wichtiger Bestandteil unseres demokratischen Rechts- und Sozialstaates. Entscheidungen können nach diesem gelebten Prinzip nur getroffen werden, wenn Arbeitgeber- und Versichertenvertreter gemeinsam von deren Notwendigkeit überzeugt sind.

Demgegenüber stehen zunehmende Eingriffe des Staates in die Selbstverwaltung der gesetzlichen Sozialversicherung. Besonders zum Ausdruck kommen diese Eingriffe in der zunehmenden Aufbürdung von sogenannten versicherungsfremden Leistungen: Aufgaben, die eigentlich nicht in die Zuständigkeit der Sozialversicherung fallen, sondern allgemeinpolitischer Natur sind, werden der gesetzlichen Sozialversicherung aufgebürdet. Dabei stiehlt sich der Staat insoweit aus der Verantwortung, als dass er die Kosten nur teilweise erstattet. Ein Beispiel für diesen Verschiebebahnhof sind die Krankenversicherungsbeiträge der Bürgergeldempfänger. Der Staat ist in der Pflicht, Menschen, die nicht arbeiten können, eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung zu sichern. Dafür zahlt er auch Krankenversicherungsbeiträge. Es klafft aber eine erhebliche Lüke zwischen Beitrag und Kosten in Höhe von 10 Mrd. Euro! Diese offensichtliche Unterfinanzierung bleibt auch erst einmal bestehen. Denn die neue Bundesregierung hat entgegen ihrem Versprechen in den Haushaltsplan keine Gelder für die vollständige Übernahme der Krankheitskosten für Bürgergeldempfänger eingestellt.

Anlass für die Resolution der VBG-Vertreterversammlung sind zunehmende Einmischungen des Staates in das Micromanagement der Selbstverwaltung wie beispielsweise in die Personalplanung und -gestaltung, die Übermittlung der Daten oder die angeordnete Prüfung durch den Bundesrechnungshof. Die einzelne Maßnahme an sich mag vielleicht nicht so schwer wiegen, aber in ihrer Gesamtheit führen sie dazu, dass der Handlungsspielraum der Sozialpartner immer mehr eingeengt und der Staat immer mehr Einfluss gewinnt. Die Resolution ist ein klares Statement von Versicherten und Arbeitgebern für eine starke Zukunft der selbstverwalteten gesetzlichen Sozialversicherung!

Zum herunterladen der Resolution

Neue Bundesregierung: Keine Entlastung für Krankenkassen in Sicht

Der von Bundeskanzler Friedrich Merz zu seinem Amtsantritt versprochene Aufbruch ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die neue Bundesregierung ist noch nicht einmal 100 Tage im Amt, und schon nimmt sie Abstand von einem zentralen Entlastungsversprechen.

 

Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und Arbeitgeber bezahlen über den Beitragssatz für Leistungen von Bürgergeldempfängern und bekommen nur einen Teil vom Bund zurück. Sie müssen mit höheren Beiträgen dafür zahlen, dass die Politik den Krankenkassen versicherungsfremde Leistungen aufdrückt, anstatt diese aus dem Steueraufkommen zu finanzieren, wie es ordnungspolitisch der richtige Weg wäre.

 

Ministerin Warken sollte und wollte diese Ungerechtigkeit beenden. Jetzt rudert sie zurück, weil die Koalition das Geld im Etat für den Bundeshaushalt nicht zur Verfügung stellt. Auf jährlich rund 10 Milliarden Euro Kosten bleiben die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung damit weiterhin sitzen! Der Staat wälzt die Kosten auf die Beitragszahler der GKV ab. Die privat Krankenversicherten sind fein raus.


Anstelle im Koalitionsvertrag unsinnige und rechtlich nicht haltbare Forderungen – wie den Eingriff in die Tarifautonomie der Krankenkassen durch Vorgabe, dass zukünftig das TVÖD-Gehaltsniveau zu gelten habe*) – zu avisieren, sollte die Bundesregierung Verantwortung übernehmen, die von ihr maßgeblich verursachte Schieflage der Kassenfinanzen zu beheben. Nicht nur 10 Milliarden Kosten für Bürgergeldempfänger fehlen, auch andere Versicherungsfremde Kosten tragen nur die gesetzlich Versicherten. Der Bundeszuschuss dafür deckt die Kosten bei weitem nicht. Etliche Milliarden fehlen. Um bis zu 2,54 Beitragssatzpunkte werden die Kassenbeiträge durchschnittlich durch die versicherungsfremden Leistungen in die Höhe getrieben. Der GKV-Beitragszahler wird mit 740 Euro pro Jahr im Durchschnitt belastet.!

 

Schluss mit Verschiebebahnhöfen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherten! Liebe Bundesregierung schaffen Sie keine Probleme, die an den Sorgen und Nöten der Bundesbürger vorbeigehen (z.B. gescheiterte Verfassungsrichterwahl), sondern kümmern Sie sich um die echten Probleme!

Die Tarifautonomie gilt auch für die gesetzliche Krankenversicherung!

Im Koalitionsvertrag haben sich CDU/CSU und SPD darauf verständigt, dass sich die Gehälter der gesetzlichen Krankenkassen am TVÖD orientieren sollen. Die Koalition verspricht sich davon erhebliche Kosteneinsparungen.

 

Wie kommt die Regierungskoalition zu der Annahme eines erheblichen Kosteneinsparungspotentials? Fakt ist:

  • Der Anteil der Verwaltungskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt bloße 4 Prozent!
  • Die Aufwendungen für Gehälter der Arbeitnehmer einschließlich der Vorstandsbezüge betrugen 2024 rund 7,568 Mrd. Euro (Quelle: Bundesgesundheitsministerium) – und das bei Ausgaben von 327,4 Milliarden Euro!

 

Nach unserer Auffassung geben die durchaus bestehenden Unterschiede zwischen den Tarifverträgen der gesetzlichen Krankenkassen und dem TVÖD keinen Anlass für die Annahme erheblicher Einsparpotentiale durch ein Tarifdiktat der Bundesregierung. Aber selbst wenn sich die neue Bundesregierung ein drastisches (vollkommen unrealistisches) Einsparpotential von vielleicht 15 Prozent erhofft, würden diese Einsparungen in etwa zu einer Reduzierung des Beitragssatzes von rund 0,35 Prozent führen!

 

Ein solches von der Bundesregierung erhofftes „erhebliches Einsparpotential“ würde angesichts der Dimensionen der anderen Ausgaben in der gesetzlichen Sozialversicherung und vor allem angesichts mancher geplanter sozialer Wohltaten (u.a. die Ausweitung der „Mütterrente“, die allein voraussichtlich 5 Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr verursachen wird) nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein sein und schnell verpuffen.

 

In keinem Verhältnis stünde dieses verschwindend geringe Einsparpotential zu dem erheblichen Eingriff in die Selbstverwaltung der Krankenkassen und in die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie! Die Krankenkassen sind selbstverwaltete öffentlich-rechtliche Körperschaften. Als solche genießen sie auch den Schutz der Tarifautonomie und haben das autonome Recht, zu entscheiden, ob, mit welcher Gewerkschaft und unter welchen Bedingungen sie Tarifverträge abschließen. Die Beschäftigten der Krankenkassen haben das verfassungsrechtlich garantierte Recht, für einen Tarifvertrag zu kämpfen, der andere Regelungen als der TVÖD beinhaltet. Die Bundesregierung kann nicht so einfach die grundrechtliche Tarifautonomie ausblenden und bestimmen, welcher Tarifvertrag zu gelten hat. Auch eine Bundesregierung muss sich an das Grundgesetz halten.

 

Das Vorhaben der Bundesregierung ist nach unserer Auffassung ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit! Deshalb:

 

NEIN ZUM GEPLANTEN TARIFDIKTAT DER BUNDESREGIERUNG!

Für mehr Wertschätzung und Effizienz: CGB fordert entschlossenes Handeln gegen Arbeitszeitverschwendung

Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) zeigt sich besorgt über die alarmierenden Erkenntnisse einiger Jobbörsen, wonach deutsche Beschäftigte durchschnittlich 8,7 Stunden pro Woche mit ineffizienten und als wenig sinnvoll empfundenen Tätigkeiten verbringen. Dies entspricht mehr als einem vollen Arbeitstag, der nicht produktiv genutzt werden kann und eine immense Verschwendung von ohnehin knappen Ressourcen darstellt.

„Es ist inakzeptabel, dass unsere Kolleginnen und Kollegen einen so erheblichen Teil ihrer wertvollen Arbeitszeit mit unnötigen Meetings, redundanten Aufgaben oder ineffizienten Prozessen verbringen müssen“, erklärt der Bundesvorsitzende des CGB Henning Röders. „Gerade in Zeiten, in denen der demografische Wandel den Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen stellt und qualifizierte Arbeitskräfte zunehmend knapper werden, ist jede verschwendete Stunde eine Stunde zu viel und zeugt von einer mangelnden Wertschätzung gegenüber den Fähigkeiten und dem Engagement der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“, so Röders weiter.

Hauptursachen hierfür liegen in zu komplexen Prozessen, mangelnder Kommunikation seitens der Führungskräfte sowie fehlender Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Der CGB sieht hier dringenden Handlungsbedarf und fordert alle Akteure auf, entschlossen Maßnahmen zu ergreifen.

Nach Ansicht des CGB bedarf es der Stärkung der Kommunikation, was bedeutet, dass Führungskräfte die Aufgaben und Ziele klarer kommunizieren müssen, um Missverständnisse und Doppelarbeiten zu vermeiden. Weiter müssen Prozesse vereinfacht werden, Arbeitsabläufe müssen kritisch geprüft und unnötige Komplexität konsequent abgebaut werden. Auch müssen gezielte Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten angeboten werden, um das Wissen und die Fähigkeiten der Beschäftigten zu stärken und sie für neue Herausforderungen zu rüsten.

„Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland nachhaltig sichern wollen, müssen wir auch die Effizienz in unseren Unternehmen steigern. Dazu gehört, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Zeit sinnvoll einsetzen können und nicht durch vermeidbare Bürokratie oder schlechte Organisation ausgebremst werden“, so Henning Röders abschließend.

Der CGB wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Arbeitswelt humaner, effizienter und zukunftsorientierter gestaltet wird – zum Wohle der Beschäftigten und des Wirtschaftsstandortes.

 

Berlin, im Juli 2025

 

V.i.S.d.P. Christian Hertzog

Auf einen Kaffee mehr im Monat: Enttäuschender Abschluss der Gehaltstarifverhandlungen Versicherungsinnendienst

Nach über einem Monat Hängepartie haben sich der AGV Versicherungen und die verhandelnden Gewerkschaften verdi und DBV auf einen Tarifabschluss verständigt:

  • Laufzeit: 26 Monate
  • Gehaltserhöhungen: 5,0 % ab 01.08.2025 mit einer Mindesterhöhung von 200 Euro; 3,0 % ab 01.09.2026
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen i.H.v. 150 Euro ab 01.08.2025 und von 100 Euro ab 01.09.2026

 

Dieser Abschluss ist angesichts der hohen Erwartungen, die die verhandelnden Gewerkschaften mit ihren Forderungen geschürt hatten, enttäuschend! Zur Erinnerung: Der DBV war ursprünglich mit einer Gehaltsforderung von 17 % für ein Jahr und einer Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde in die Tarifrunde 2025 gegangen. Verdi hatte eine Anhebung der Gehälter um 12 % und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 250 Euro – jeweils für 12 Monate – gefordert. Mit dem im Abschluss erzielten linearen Gehaltserhöhungsvolumen von 8,3 % zzgl. Mindesterhöhung haben die verhandelnden Gewerkschaften bezogen auf 12 Monate noch nicht einmal annähernd die Hälfte dessen erzielt, was sie gefordert haben!

 

Die verhandelnden Gewerkschaften haben zwar Verbesserungen gegenüber dem Arbeitgeberangebot der dritten Verhandlungsrunde erzielt. Bezogen auf 10. und 11. Berufsjahr der Gehaltsgruppe V bedeutet die „Verbesserung“ 8 Euro brutto im Monat – netto in etwa einen Pott Kaffee mehr im Monat! In der höchsten Stufe der Gehaltsgruppe VIII beträgt die „Verbesserung“ ganze 11 Euro brutto! Von der „Aufnahme eines starken Signals der Beschäftigten durch die Arbeitgeber“ ist diese leichte Verbesserung weit entfernt. In den unteren Gehaltsgruppen und in den Gehaltsgruppen A und B hat die vierte Verhandlungsrunde mit der Sockelanhebung von 200 Euro zwar deutlichere Gehaltszuwächse gebracht. Aber in der Gesamtschau können diese das enttäuschende Ergebnis der Hängepartie für viele Beschäftigten im Versicherungsinnendienst nicht aufwiegen! Darin fügt sich auch das Zugeständnis bei den Azubivergütungen: Zwar immerhin um 30 Euro besser als im Vergleich zur dritten Verhandlungsrunde – aber bei weitem kein „Azubibooster“, wie von verdi in ihrer Tarifmitteilung bejubelt.

 

Besonders enttäuschend ist auch, dass die Beschäftigten im Versicherungsinnendienst vier Nullmonate ohne Ausgleich durch eine Einmalzahlung beschert bekommen.

 

Gegenüber den Tarifabschlüssen vergleichbarer Branchen hinkt der Abschluss im Versicherungsinnendienst hinterher. Die Beschäftigten der Volks- und Raiffeisenbanken erhalten mit dem Abschluss von März 2025 Gehaltserhöhungen im Gesamtvolumen von 11,4 % – bei einer nur dreimonatigen längeren Laufzeit (29 Monate). Die Tarifabschlüsse 2024 bei den Öffentlichen Banken und Privatbanken liegen in den Gesamtvolumina ebenfalls deutlich über den Abschluss des Versicherungsinnendienstes. Mit dem Abschluss haben die privaten Versicherungen weiter die Rote Laterne bei den Tarifabschlüssen. Die Beschäftigten verlieren weiter Anschluss an vergleichbare Branchen. Für den Kampf um die Fach- und Führungskräfte von morgen verheißt das nichts Gutes! Die verhandelnden Gewerkschaften sollten angesichts dieses enttäuschenden Abschlusses ihre Strategie überdenken, mit hohen Forderungen eine hohe Erwartungshaltung zu wecken und diese noch durch Warnstreikaktionen zu schüren – um am Ende beim Tarifabschluss wieder als Bettvorleger zu landen.

Versicherungsinnendienst: Tarifverhandlungen werden am 04.07.2025 fortgeführt

In die festgefahrenen Verhandlungen des Versicherungsinnendienstes ist wieder Bewegung gekommen. Der AGV Versicherungen und die tarifverhandelnden Gewerkschaften wollen am 04.07. einen neuen Versuch unternehmen, zu einer Einigung zu kommen.

Die DHV begrüßt den Versuch, noch vor der Sommerpause zu einer Einigung zu kommen. Eine längere Hängepartie bis in den Herbst hinein muss unbedingt vermieden werden! Voraussetzung für eine Einigung ist aber, dass der AGV Versicherungen sein enttäuschendes Angebot aus der letzten Verhandlungsrunde (4,8 % zum 01.08.2025; 3,3 % zum 01.09.2026; Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 220 Euro; Anhebung der Tarifgruppe A auf die zweite Stufe der Tarifgruppe B und Teilhabe an den Gehaltserhöhungen; Anhebung der ersten und zweiten Stufe der Tarifgruppe B auf die 3. Stufe und Teilhabe an den linearen Gehaltserhöhungen) noch einmal deutlich aufstockt.

Das noch auf dem Tisch liegende Arbeitgeberangebot liegt deutlich hinter den Abschlüssen zurück, wie sie zuletzt bei den Privatbanken, Öffentlichen Banken und Volks- und Raiffeisenbanken getätigt worden waren. Das ist nicht akzeptabel. Denn: Angesichts der dürftigen Gehaltserhöhungen seit 2022 ist es wichtig, nicht den Anschluss zu verlieren.

Die Beschäftigten der privaten Versicherungen dürfen nicht weiter hinter das Gehaltsniveau vergleichbarer Branchen zurückfallen!

Wir hatten dem AGV Versicherungen in einem Gespräch den Abschluss bei den Volks- und Raiffeisenbanken als Maßstab für einen akzeptablen Kompromiss genannt:

  • Gehaltserhöhungen 6,0 % zum 01.04.2025, 3,5 % zum 01.05.2026 und 1,5 % zum 01.04.2027
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um jeweils 130 Euro zum 01.08.2025 und zum 01.08.2026
  • Laufzeit 29 Monate

Der AGV Versicherungen sollte sich auch im Bewusstsein an seine Verantwortung gegenüber den Miterbeitern/innen an dem Volksbankentarifabschluss orientieren. Denn letztlich sind es die Versicherungsnagestellten, die den Menschen in schwierigen, oft auch existenzbedrohenden Situationen zur Seite stehen und ihnen wichtige Hilfe leisten. Diese hohe Verantwortung sollte mit einem guten Gehaltsabschluss angemessen gewürdigt werden. 

Die DHV appelliert an den AGV und die verhandelnden Gewerkschaften, am 04.07.2025 zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen, der dem Abschluss vergleichbarer Branchen Rechnung trägt!