Die Bundestagswahl ist entschieden. Ihr Ausgang entspricht weitgehend den letzten Wahlprognosen. Nach dem FDP und BSW den Einzug in den neuen Deutschen Bundestag verpasst haben, dürfte bei der Regierungsbildung alles auf eine Große Koalition hinauslaufen, wie sie auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler präferiert. Nach dem polarisierenden Wahlkampf sind jetzt Kompromisse gefragt, damit Deutschland endlich wieder eine handlungsfähige Regierung bekommt, die sich zügig den drängenden Problemen des Landes annimmt.
Im Wahlkampf standen die Themen Migration, Wirtschaft sowie die Folgen des Machtwechsels im Weißen Haus im Vordergrund. Bildung, Wohnungsmangel und die Sicherung unseres Sozial- und Gesundheitssystems spielten hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Nicht zur Freude aller Wählerinnen und Wähler. Eine kurz vor dem Wahltag vom Meinungsforschungsaustausch Civey für den Sozialverband Deutschland (SoVD) durchgeführte Befragung hat gezeigt, dass viele Befragte im Wahlkampf insbesondere soziale Themen vermisst haben. So waren 21,9 Prozent der Meinung, dass zu wenig über die Rentenproblematik diskutiert wurde. Wenn die Linkspartei, die Viele nach der Abspaltung des BSW bereits in der Bedeutungslosigkeit gesehen hatten, wie Phönix aus der Asche auferstanden ist und mit einem Wahlergebnis von 8,6 Prozent zu den Siegern der Bundestagswahl wurde, so hat sie dies insbesondere mit dem Aufgreifen sozialer Themen geschafft. Die neue Bundesregierung ist daher gut beraten, neben ihren Schwerpunkt-Themen auch die im Wahlkampf weitgehend ausgeklammerten Probleme unseres Landes zügig aufzugreifen. Die christlichen Gewerkschaften haben hierzu in ihren Forderungen zur Bundestagswahl Aussagen getroffen. Wie groß der Handlungsdruck ist, machen einige Bespiele deutlich: Bezahlbarer Wohnraum wird in Deutschland zunehmend zur Mangelware. Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) rechnet für dieses Jahr mit einer Neubaulücke von 720.000 Wohnungen. Das von der Ampel-Koalition 2021 prognostizierte Ziel von 400.00 neuen Wohnungen pro Jahr wurde auch nicht annähernd erreicht. Die Zahl der Baugenehmigungen sinkt vielmehr seit drei Jahren und ist 2024 mit 215.900 auf den niedrigsten Stand seit 2010 gefallen. Die Folge sind Mietpreissteigerungen, die im vergangenen Jahr in Berlin, Frankfurt und Essen mehr als 8 Prozent betrugen. Von den 21 Millionen Mieterhaushalten in Deutschland müssen bereits jetzt 3,1 Millionen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens allein für Wohnkosten aufwenden. Die gesetzlichen Krankenkassen haben das vergangene Jahr mit einem Defizit von rund 6 Milliarden Euro abgeschlossen – trotz der zu Jahresbeginnen erfolgten Beitragssteigungen. Besonders desolat ist die Situation der Krankenhäuser, die bis Ende 2024 ein Defizit von 6 Milliarden Euro angehäuft haben dürften. Vor einer existentiellen Krise steht auch die gesetzliche Pflegeversicherung. Die zum Jahresbeginn erfolgte Beitragserhöhung auf 3,6 Prozent reicht voraussichtlich gerade, um die für dieses Jahr zu erwartenden Ausgabensteigerungen abzudecken.
Die finanziellen Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung sind ein politischer Dauerbrenner, da bislang der Wille zu einer grundlegenden Rentenreform fehlte und das „Rentenpaket II“, mit dem die Ampel-Koalition zumindest das nur bis 2025 garantierte Rentenniveau von 48 Prozent absichern wollte, keine Gesetzeskraft mehr erlangte.
Der CGB erwartet, dass die neue Bundesregierung dem Handlungsdruck Rechnung trägt und die Lösung der Probleme auf ihre Agenda setzt. Bestandsaufnahmen und Handlungsempfehlungen gibt es zuhauf. Worauf es jetzt ankommt, sind schnelle und mutige Entscheidungen.