Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof

Nach der Insolvenz ist vor der Insolvenz – so könnte man die Situation bei Galeria Karstadt Kaufhof beschreiben.

Mit der erneuten Insolvenz geht das Filialsterben weiter. Die gerade noch geretteten Filialen von vor zwei Jahre sind nun die ersten Filialen, die wahrscheinlich schließen müssen. Wie man der gut informierten Presse entnehmen kann, geht man davon aus, dass diesmal weit unter 100 Filialen noch übrigbleiben werden, einige Annahmen gehen sogar von unter 50 Filialen aus. Und jeden Tag werden die Kolleginnen und Kollegen noch mehr durch Meldungen und Gerüchte verunsichert. Man spricht auch schon von der kompletten Abwicklung des Unternehmens.

Wenn man die Kolleginnen und Kollegen bei Galeria Karstadt Kaufhof, welche sich entweder seit Jahren in einem Sozialtarifvertrag befinden oder auf Grund der Fusion nun unter diesem arbeiten müssen, fragt, ist die Lage nicht einfach zu beschreiben. Alle wissen, dass es sehr schwierig wird, und weihnachtliche Gefühle kommen bei ihnen gerade nicht auf. Allen ist bewusst, dass um jeden Arbeitsplatz gekämpft werden muss, aber ihnen ist sich auch bewusst, dass es Filialen gibt, die seit Jahren defizitär laufen und nur wegen des Sozialtarifvertrages noch offen sind.

Corona war nicht der Anlass, sondern der Katalysator des Unterganges. Auch Galeria Karstadt Kaufhof konnte den Trend des Warenhausstrebens in deutschen Innenstädten nicht Einhalt gebieten.

Wir bewundern die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Ärmel hochgekrempelt und malocht haben, um den Karren sinnbildlich aus dem Dreck zu ziehen und dieses auch immer noch tun.

Nun werden aber wieder im Schutzschirmverfahren Millionen für Berater ausgeben, und unsere Kolleginnen und Kollegen fragen sich, warum die Geschäftsführung nicht zum Teil auf die Expertise ihrer Belegschaft hört.  

Die Gläubiger stehen in Schlangen beim Insolvenzverwalter, und einige andere wittern schon wieder die nächste Chance, eine Transfergesellschaft betreiben zu können.

Das Resultat für die Belegschaft bleibt aber dasselbe. Viele von ihnen werden sich über kurz oder lang auf die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz machen müssen.  Einige Städte zum Beispiel wollen aus der Not eine Tugend machen. Sie sollen Beschäftigte des Unternehmens informell aufgefordert haben, sich bei kommunalen Betrieben zu bewerben.  Also den Personalmangel der städtischen Betriebe mit den Kolleginnen und Kollegen von Galeria Karstadt Kaufhof bekämpfen!

Zum Glück ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt für diese Kolleginnen und Kollegen zurzeit nicht so aussichtlos. Dieser kleine, aber bittere Hoffnungsschimmer bleibt ihnen.

Dennoch rufen wir den Kolleginnen und Kollegen zu: Kämpft weiter für Euren Arbeitsplatz, denn ansonsten geht in vielen deutschen Städten ein Teil Handelsgeschichte und Warenhauskultur fast unwiderruflich verloren.

Wir stehen zu unseren Kolleginnen und Kollegen bei Galeria Karstadt Kaufhof und stehen Ihnen mit Rat und Tat zu Seite!

Harm Marten Wellmann

Abschluss private Versicherung: Eine schöne Bescherung!

So mancher Beschäftigte mag sich zu Beginn der vergangenen Woche verwundert die Augen gerieben haben, dass da plötzlich ein Abschluss getätigt wurde – zu Recht!

Über ein Jahr vor dessen Auslaufen und in einer Zeit der höchsten Inflation in der bundesrepublikanischen Geschichte wird der weit unter der Inflation liegende Gehaltstarifvertrag von April 2022 um weitere 12 Monate bis Ende März 2025 verlängert. Und das bei einer im Angesichte der galoppierenden Inflation weiteren vollkommen unbefriedigenden Gehaltserhöhung im September 2024 von 3 %!

 Die linearen Gehaltserhöhungen von insgesamt 8 % liegen sogar im gesamten Volumen noch unter der aktuellen Inflationsrate von über 10 %! Wenn man bedenkt, dass der Gehaltstarifvertrag sogar insgesamt eine Dauer von über 3 Jahren hat (Februar 2022 bis März 2025), dann ist die quasi über Nacht erfolgte Verlängerung des Tarifvertrages um ein weiteres Jahr vollkommen unbefriedigend.

Was hat die verhandelnden Gewerkschaften nur zu einem solch unnötigen Abschluss geritten? Die Gegenleistung – jeweils 1.000 € Inflationsausgleichsprämie, zahlbar im März 2023 und im März 2024 – ist absolut keine befriedigende Kompensation. Die Einmalzahlungen stellen zusammen mit den viel zu niedrigen Gehaltserhöhungen keinen angemessenen Inflationsausgleich dar. Zumindest die Inflationsausgleichsprämie für 2024 hätten die verhandelnden Gewerkschaften im Rahmen der Tarifrunde 2024 aushandeln können! Denn eine solche kann noch bis zum 31.12.2024 gezahlt werden! So steht unter dem Strich nur die zusätzliche

Prämie für März 2023! Statt einer tariflichen Regelung wäre es sinnvoll gewesen, die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie auf betrieblicher Ebene zu vereinbaren!

Unsere weiteren Anmerkungen:

  • Auch Teilzeitbeschäftigte und Altersteilzeitbeschäftigte hätten die Inflationsausgleichsprämie in voller Höhe und nicht anteilig erhalten sollen! Denn die Beschäftigten, die kein volles Gehalt erhalten, sind besonders von der Inflation betroffen.
  • Zusammen mit der Verlängerung des Gehaltstarifvertrages hätte auch das Altersteilzeitabkommen bis zum 31.12.2025 verlängert werden müssen!

 Auch der Abschluss im Versicherungsaußendienst, dessen Mindesteinkommenserhöhungen sich an den Erhöhungen im Versicherungsinnendienst orientieren, ist absolut unbefriedigend!

Besser gar kein Abschluss als ein schlechter Abschluss! So hätten die verhandelnden Gewerkschaften agieren müssen. In 2024 hätte genug Druck – insbesondere aus den Abschlüssen in 2023 – auf die Arbeitgeber gelastet, um eine höhere Gehaltsanhebung als 3,0 % durchsetzen zu können! Und: Wer wie verdi mit mit einer Gehaltsforderung von 10.5 % in die Verhandlungen im öffentlichen Dienst geht, muss für die Verwirklichung seiner Ansprüche kämpfen und darf nicht einen solch dürftigen Abschluss in Zeiten historischer Inflation hinlegen! Bei einem solch unbefriedigenden Abschluss darf man sich nicht wundern, wenn der gesamtgewerkschaftliche Organisationsgrad im privaten Versicherungsgewerbe weiter unter 10 Prozent verharrt und die Beschäftigten nicht motiviert sind, einer der verhandelnden Gewerkschaften beizutreten!

CGB fordert Reduzierung der Ladenöffnungszeiten während der Energiekrise

In seiner Stellungnahme zum Verordnungsentwurf über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen in der Stadtgemeine Bremen für das Jahr 2023 hat sich der CGB für restriktive Ausnahmeregelungen vom Sonntagsverkaufsverbot sowie für eine gesetzliche Einschränkung der werktäglich möglichen Ladenöffnungszeiten für die Dauer der Energiekrise ausgesprochen. In Betracht käme hierfür eine zeitliche Aussetzung der landesrechtlichen Ladenschlussgesetze, so dass wieder das Bundes-Ladenschlussgesetz zur Anwendung käme, das die Ladenöffnungszeiten auf den Zeitraum 6 bis 20 Uhr begrenzt. Aktuell ist Bayern das einzige Bundesland, in der das Bundes-Ladenschlussgesetz noch Anwendung findet und damit zeigt, dass begrenzte Ladenöffnungszeiten selbst in einem Flächenstaat und Tourismusland durchsetzbar sind und Akzeptanz finden.

Der CGB kritisiert, dass der Bremer Senat ungeachtet der Energiekrise und der von Bürgern und Wirtschaft geforderten Energiesparmaßnahmen auch für 2023 wieder großzügige Ausnahmeregelungen vom Sonntagsverkaufsverbot erlassen will. Vorgesehen sind Sonntagsöffnungen zu folgenden Terminen und Anlässen:

02. April Osterwiese
07. MaiVegesacker KindertagGewerbeschau Osterholz
11. JuniLa Strada
26. JuniErdbeerfest HabenhausenHuchtinger Familientag
02. JuliGröpelinger Sommer
24. SeptemberSavahri
08. OktoberMesse WeserArtKartoffelfest/HerbstmarktVegefest
29. OktoberFreimarkt
05. NovemberErzählfestival FeuerspurenHuchtinger Messetage

Der CGB sieht lediglich in der Osterwiese, dem Straßenkunstfestival La Strada, dem Vegefest sowie dem Bremer Freimarkt als dem größten norddeutschen Volksfest Anlässe von überregionaler touristischer und wirtschaftlicher Bedeutung, die auch während der Energiekrise die Öffnung von Läden an Sonntagen gerechtfertigt erscheinen lassen.

 

Der CGB hält es für unverantwortlich, dass der Senat auch in Zeiten der Energiekrise unverändert an seinem 2008 mit einigen Organisationen vereinbarten Konzept festhalten will, alljährlich eine weitgehend gleichbleibende Zahl von Sonntagsöffnungen mittels Ausnahmeregelung zu ermöglichen, für die jeweils nach Anlässen gesucht wird, mit denen sich die Ausnahmeregelungen so begründen lassen dass es möglichst zu keiner Aufhebung der Genehmigung zur Sonntagsöffnung durch die Gerichte kommt. Dabei wird großzügig mit geschätzten Besucherzahlen operiert, die vielfach nicht nachprüfbar belegt werden können.

 

Bei der Mehrzahl der vom Handelsverband Nordwest e.V. für 2023 vorgeschlagenen Anlässe für Ausnahmeregelungen  handelt es sich um Veranstaltungen von lediglich orts- oder statteilbezogener Be-deutung, die nach Auffassung des CGB keine Ausnahmegenehmigungen zur Sonntagsöffnung rechtfertigen.

 

Eine Reduzierung der Ladenöffnungszeiten statt einer Ausweitung durch zusätzliche Sonntagsöffnungen würde nicht nur helfen, Energie zu sparen, sondern auch Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Bereits die regulär möglichen Ladenöffnungszeiten, werden nur von wenigen Einzelhandelsbetrieben vollumfänglich wahrgenommen. In Bremens Haupteinkaufsmeile, der Obernstrasse, haben Filialisten wie die Modekette AppelrathCüpper ihre werktäglichen Ladenöffnungszeiten bereits von sich auf den Zeitraum 10 bis 18:30 Uhr beschränkt.

 

 

V.i.S.d.P.:

Peter Rudolph, Mobil 0178-71 95 570

CGB-Landesverband Bremen

Kirchhuchtinger Landstrasse 170

28259 Bremen

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Berufsgewerkschaft DHV legt wegen Aberkennung der Tariffähigkeit Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein

Die Berufsgewerkschaft DHV hat gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 22.06.2021 zur Aberkennung der Tariffähigkeit und der Nichtannahme durch das BVerfGE Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingelegt.

Die DHV rügt mit ihrer Beschwerde eine Verletzung des Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dieser Artikel schützt u.a. das Recht, Gewerkschaften zu gründen und als solche ihre Arbeit zu gestalten. Dazu gehört insbesondere das Recht, Tarifverträge zu verhandeln und abzuschließen.

Die Aberkennung der Tariffähigkeit war unverhältnismäßig. Weder die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie in Deutschland noch der Schutz der Arbeitnehmer/innen waren in den über 70 Jahren, in der die DHV die Tariflandschaft in Deutschland entscheidend mitgestaltet hatte, zu irgendeinem Zeitpunkt in Gefahr. Sie beschneidet rechtswidrig die gewerkschaftliche Arbeit der DHV und verwehrt ihr rechtswidrig die Verhandlung und den Abschluss von Tarifverträgen. Insbesondere moniert die DHV, dass das BAG ihre über 70-jährige Tarifarbeit vollkommen unbeachtet gelassen hatte.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlich bedeutenden Fragen ist die ablehnende Begründung des Bundesverfassungsgerichts, dass die DHV-Verfassungsbeschwerde keine grundlegende rechtliche Bedeutung gehabt habe und dass das BAG sehr grundrechtsfreundlich die Frage der DHV-Tariffähigkeit geprüft habe, nicht nachvollziehbar und nicht mit europäischem Recht vereinbar.

Corona: Was gilt ab Oktober 2022

Bundesweite Regeln:

Seit 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 gelten in bestimmten Bereichen Schutzmaßnahmen:

  • Im ÖPNV gilt eine FFP2-Maskenpflicht. Ausge­nommen: Kinder und Jugendliche von sechs bis 13 Jahren und das Personal. Für sie reicht eine medizinische Maske.
  • Für den Zutritt zu Krankenhäusern und Pflege­einrichtungen und Beschäftigte in ambulanten Pflegediensten und vergleichbaren Dienstleistern-gilt eine FFP2-Maskenpflicht und eine Testnachweispflicht.

Für Patientinnen und Patienten sowie Besucherin­nen und Besucher in Arztpraxen und weiteren Ein­richtungen des Gesundheitswesens ist das Tragen einer FFP2-Maske verpflichtend.

Weitergehende Maßnahmen der Länder:

Weitergehende Maßnahmen der Bundesländer sind in 2 Stufen möglich:

1.Um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssys­tems oder der kritischen Infrastruktur zu gewährleisten: z.B.  Maskenpflicht im ÖPNV und in öffentlich zugänglichen Innenräumen. Ausnah­me: neuer Test-, Impf– oder Genesenennachweis.

2.Weitere Maßnahmen bei konkreter Gefahr der Gesundheitslage: z. B. Masken– und Abstands­pflicht in Außenbereichen und Personenobergren­zen bei Veranstaltungen in Innenräumen.

Quarantänepflicht ist Ländersache:

Die 5-tägige Isolationspflicht für Corona-Infizierte galt bisher bundesweit. In den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz, Ba­den-Württemberg und Bayern gilt jetzt neu: Wer positiv getestet ist, soll künftig für fünf Tage au­ßerhalb der eigenen Wohnung eine Maske in In­nenräumen tragen müssen. Außer im medizini­schen Bereich: infiziert arbeiten ist möglich!

Neues zum Impfstatus:

Seit dem 1. Oktober 2022 gilt als vollständig geimpft, wer drei Mal geimpft ist. Ausnahmen gibt es nach durchgemachter Infektion: Hier rei­chen zwei Impfungen. Der Impfstatus spielt bei Corona-Schutzmaßnahmen keine Rolle mehr und entscheidet nicht mehr über Zugangsmög­lichkeiten .

Neue Corona-Arbeitsschutzverordnung:

Sie gilt vom 1. Oktober 2022 bis einschließlich 7. April 2023. Arbeitgeber können danach bei Bedarf auf bewährte Maßnahmen wie z. B. Ab­standsregel, Handhygiene oder Kontaktreduzie­rung zurückgreifen. Im Rahmen der Erstellung des Hygienekonzepts muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und über Corona aufklären. Wird eine Maskenpflicht fest­gelegt, muss der Arbeitgeber die benötigten Masken zur Verfügung stellen. Impfungen sind weiter während der Arbeitszeit möglich. Es gibt keine Verpflichtung, Homeoffice anzubieten.

Kinderkrankengeld:

Bis zum 07. April 2023 haben gesetzlich kran-kenversicherte Eltern pro Kind Anspruch auf bis zu 30 Arbeitstage Kinderkrankengeld, Alleiner­ziehende auf bis zu 60 Arbeitstage infolge von Corona-Auswirkungen, auch wenn das Kind nicht erkrankt ist.

Telefonische Krankschreibung:

Versicherte, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, können telefonisch bis zu sieben Tage krankgeschrieben werden. Diese Regelung wurde bis zum 31. März 2023 verlängert .

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“70 Jahre Betriebsverfassungsgesetz-Zeit für eine grundlegende Reform”

GESETZESNOVELLE MUSS NEUEN ANFORDERUNGEN DURCH DIGITALISIERUNG, GLOBALISIERUNG UND BETRIEBSRÄTE-BUSHING RECHNUNG TRAGEN

Der Bremer Senat hat nach coronabedingter Pause für den 21.11.2022 wieder zu einem Betriebs- und Personalräte-Empfang ins Rathaus eingeladen. Der CGB nimmt dies zum Anlass, um auf den Reformstau beim Betriebsverfassungsgesetz hinzuweisen.

Das am 14.11.1952 in Kraft getretene Betriebsverfassungsgesetz hat sich weitgehend an seinem Vorgänger aus der Weimarer Zeit vom 04.02.1920 orientiert, das nach der Machtergreifung durch die Nazis 1934 durch das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit abgelöst wurde. Es blieb in seinen Mitbestimmungsrechten deutlich hinter dem bereits am 21.05.1951 in Kraft getretenen Montan-Mitbestimmungsgesetz zurück.

Mit dem Betriebsräte-Modernisierungsgesetz von 2021 wurde zwar die Einleitung von Betriebsratswahlen erleichtert und der Kündigungsschutz für die Initiatoren von Betriebsratswahlen erweitert, die noch im Entwurf des Betriebsräte-Stärkungsgesetz, wie es ursprünglich heißen sollte, vorgesehenen Ausweitungen der Initiativ- und Mitbestimmungsrechte blieben im Gesetzgebungsverfahren jedoch weitgehend auf der Strecke. Die letzte grundlegende Reform des Betriebsverfassungsgesetz liegt somit bereits 50 Jahre zurück. Globalisierung, Digitalisierung und Transformationsbedarf haben zu einem Reformstau geführt, dem nach Auffassung des CGB endlich Rechnung getragen werden muss. Betriebsräte bedürfen eines Initiativrechts bei der Einführung mobiler Arbeit, bei der qualitativen Personalentwicklung und beim präventiven Gesundheitsschutz. Sie müssen unter Berücksichtigung ihrer im Amt erworbenen Qualifikationen entlohnt und besser gegen Bushing und Mobbing geschützt werden. Der CGB tritt dafür ein, dass die Behinderung von Betriebs- und Personalratswahlen zukünftig von Amts wegen, d.h. als Offizialdelikt, verfolgt werden muss

Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim Festakt der Hans-Böckler-Stiftung zum 70-jährigen Jubiläum des Betriebsverfassungsgesetzes Reformbedarf eingestanden. Der CGB fordert ihn auf, seinen Worten nun auch Taten folgen zu lassen.

CGB-Landesvorsitzender Peter Rudolph: „Es droht die Gefahr, dass Arbeitgeber in ihren Unternehmen wieder nach Gutsherrenart schalten und walten werden, wenn keine Betriebsräte da sind, die dem Einhalt gebieten können.“

Der CGB verweist darauf, nur noch knapp 9 Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Deutschland über einen Betriebsrat verfügen und damit nur noch rund 42 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Westdeutschland und 35 Prozent in Ostdeutschland von Betriebsräten vertreten werden. Dies hat Auswirkungen auf die Tarifbindung. Tarifverträge gibt es insbesondere in den Wirtschaftszweigen, in denen ein hoher gewerkschaftlicher Organisationgrad besteht und die Betriebe über einen Betriebsrat verfügen. Die EU-Mindestlohn-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, zur Erhöhung der Tarifbindung Aktionspläne zu erstellen, wenn die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt. Von dieser Quote ist Deutschland mit einer Tarifbindung von lediglich 43 Prozent derzeit meilenweit entfernt. 

 

MINDESTLOHN-RICHTLINIE DER EU ZWINGT DEUTSCHLAND ZUM HANDELN – CGB FORDERT DEN ERLASS EINES GEWERKSCHAFTSGESETZES

Am 15.09.2022 hat das EU-Parlament mit großer Mehrheit eine Mindestlohnrichtlinie abgesegnet, mit der die Mindestlöhne in den Mitgliedsstaaten angehoben und die Tarifverhandlungen gestärkt werden sollen. Mit der Verabschiedung durch den EU-Rat am 04.10.2022 hat die Richtline Rechtskraft erlangt und muss nun innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Der Bremer CGB-Landesvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der CDA/CGB-Bundesarbeitsgemeinschaft Peter Rudolph fordert dazu den Erlass eines Gewerkschaftsgesetzes, das die Rechtstellung der Gewerkschaften, die Anforderungen an ihre Tariffähigkeit sowie die Voraussetzungen und Grenzen von Arbeitskampfmaßnahmen regelt und Einschränkungen der grundgesetzlich verankerten Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie durch Richterrecht und hier insbesondere durch gesetzes-übersteigende Rechtsfortbildung Einhalt gebietet.

Die EU-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, zur Erhöhung der Tarifbindung Aktionspläne zu erstellen, wenn die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt. Von dieser Quote ist Deutschland mit einer Tarifbindung von lediglich 43 Prozent meilenweit entfernt. Politik und Rechtsprechung haben vielmehr durch ihre Entscheidungen maßgeblich dazu beigetragen, dass die Tarifbindung in Deutschland rückläufig ist. Das 2015 von der Großen Koalition beschlossene und rechtlich umstrittene Tarifeinheitsgesetz, das aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits 2017 nachgebessert werden musste, legt fest, dass in einem Betrieb keine konkurrierenden Tarifverträge zur Anwendung kommen können, sondern der Tarifvertrag der Organisation mit den meisten Mitgliedern im Betrieb. Das Gesetz behindert damit die Tarifarbeit und Entwicklung kleiner Gewerkschaften und damit den Gewerkschaftspluralismus.

Ähnlich verhält es sich mit der sogenannten Mächtigkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), auf deren Grundlage verschiedenen Gewerkschaften in Deutschland im Laufe der Jahre die Tariffähigkeit aberkannt und damit ihre wesentlichste Arbeitsgrundlage entzogen wurde.

Letztes Opfer des BAG war die seit Jahrzehnten erfolgreich im Tarifgeschäft tätige Berufsgewerkschaft DHV, der trotz ihrer Tarifführerschaft bei den Volks- und Raiffeisenbanken aufgrund ihres nach Meinung des Gerichts nicht ausreichenden Organisationsgrades in anderen Tarifbereichen die Tariffähigkeit abgesprochen wurde. Einige tausend Beschäftigte verloren damit ihren tarifvertraglichen Schutz, den ihnen die Tarifverträge der DHV gewährt hatten. Die BAG-Entscheidung erfolgte dabei auf keiner gesetzlichen Grundlage, sondern lediglich auf Basis der vom Gericht in den 1950er-Jahren selbst entwickelten Mächtigkeits-Rechtsprechung.

Peter Rudolph: „Da das BAG nicht bereit ist, seine aufgrund des geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrades in Deutschland seit langem überholte Mächtigkeits-Rechtsprechung aufzugeben, sollte der Gesetzgeber handeln und ein Gewerkschaftsgesetz erlassen. Spätestens dann, wenn die Mindestlohnrichtlinie greift und die Bundesregierung in einem Aktionsplan konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Tarifbindungsquote von 80 Prozent festlegen muss, wird die Mächtigkeits-Rechtsprechung ad absurdum geführt, da Gewerkschaften dann defacto dazu gezwungen sein werden, Tarifverträge auch in Bereichen abzuschließen, in denen sie den für die Tariffähigkeit vom BAG geforderten Organisationsgrad nicht nachweisen können. Im Zweifel droht dann auch DGB-Gewerkschaften der Verlust ihrer Tariffähigkeit.“

 

Hauptvorstand

DHV-Information zum neuen DHV-Hauptvorstand

22. ordentlicher Bundesgewerkschaftstag wählt neuen DHV-Hauptvorstand

Auf dem 22. ordentlichen Bundesgewerkschaftstag sind die Mitglieder des DHV-Hauptvorstands neu gewählt worden:

  • Als Bundesvorsitzender wiedergewählt wurde Henning Röders (1.v.li.), Hamburg. Henning Röders ist seit Dezember 2000 für die DHV tätig. Bis 2010 fungierte er als Hauptgeschäftsführer. Von 2011 bis 2013 war er stellvertretender Bundesvorsitzender, seit Januar 2014 hat Henning Röders das Amt des DHV-Bundesvorsitzenden inne.
  • Anne Kiesow (2.v.li.) wurde in ihrem Amt als stellvertretende Bundesvorsitzende wiedergewählt. Anne Kiesow ist seit 2005 beim Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) – dem Dachverband der christlichen Gewerkschaften in Deutschland, deren Mitglied die DHV ist – als Bundesgeschäftsführerin beschäftigt. Dem DHV-Hauptvorstand gehört sie seit 2007 an. Zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden wurde Anne Kiesow erstmals 2014 gewählt.
  • Als weitere Mitglieder wiedergewählt wurden Jörg Steinbrück und Andreas Müller (3.v.li.). Beide wurden 2018 erstmals in den DHV-Hauptvorstand gewählt. Jörg Steinbrück ist Beschäftigter der DAK-Gesundheit. Er engagiert sich dort als Mitglied des Hauptpersonalrats für die Interessen der Beschäftigten. Andreas Müller kommt aus dem Gesundheitswesen. Er arbeitet beim DRK Kreisverband Geithain und wurde dort im Frühjahr dieses Jahres in seinem Amt als Vorsitzender des Betriebsrates bestätigt.
  • Der DHV-Hauptvorstand ist für die Dauer von vier Jahren bis 2026 gewähl.

  • Komplettiert wird der neue DHV-Hauptvorstand vom Ehrenvorsitzenden Jörg Hebsacker, der von 1986 bis 2010 DHV-Bundesvorsitzender der DHV war und der kraft Satzung als Ehrenvorsitzender ein Teilnahmerecht an den Sitzungen des DHV-Hauptvorstands hat.

  • Als nicht stimmberechtigtes Mitglied wurde Hans Rudolf Folz (2.v.re.) in den neuen DHV-Hauptvorstand kooptiert. Hans Rudolf Folz engagiert sich seit 2002 im höchsten Exekutivorgan der DHV.

  • Neu als weiteres Hauptvorstandsmitglied gewählt wurde Matthias Rickel (1.v.re.). Matthias Rickel arbeitet bei der HDI AG in Hannover und ist dort Vorsitzender des Betriebsrates der Betriebe der HDI AG Hannover. Zudem wurde er in diesem Jahr erstmals als Vorsitzender des Konzernbetriebsrates der Talanx AG gewählt.

Nürnberg (33)

DHV-Information zum beschlossenen Leitantrag des Bundesgewerkschaftstages

22. ordentlicher Bundesgewerkschaftstag verabschiedet Leitantrag zum Motto “Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit-DHV!”

Vom 03.-04.11.2022 fand in Nürnberg der 22. ordentliche Bundesgewerkschaftstag der Berufsgewerkschaft DHV unter dem Motto Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit – DHV! statt. Die Delegierten berieten und verabschiedeten eine umfangreiche Antragsagenda zu den aktuellen politischen Themen, die von der Corona-Pandemie, dem Ukrainekrieg, der Inflation, Energie- und Wirtschaftskrise dominiert werden.

Im Leitantrag solidarisiert sich der 22. ordentliche Bundesgewerkschaftstag mit den Menschen in der Ukraine, insbesondere mit der ukrainischen Partnergewerkschaft VOST VOLYA in ihrem Kampf für Frieden, für den Erhalt der demokratischen Rechte, insbesondere der Freiheit der ukrainischen Gewerkschaftsbewegung. Der Bundesgewerkschaftstag fordert u.a.:

  • Neben der vorgesehenen Gaspreisbremse müssen auch Bezieher von anderen Energieträgern entlastet Dies könnte über eine Einmalzahlung oder über einen steuerlichen Freibetrag erfolgen.
  • Die Mehrwertsteuer auf Gas soll dauerhaft und nicht nur bis Ende März 2024 von 19 % auf 7 % gesenkt werden. Auch für andere Energieträger (Heizöl, Pellets, Kohle) soll eine dauerhafte Mehrwertsteuerabsenkung gelten!
  • Zur Vermeidung, dass Menschen im Dunkeln und bei Kälte ihr Dasein fristen, sind die Strom- und Gasanbieter zur Lieferung auch bei Zahlungsausfällen zu verpflichten. Die Zahlung der Rechnungen ist in Form von schnellen unbürokratischen Hilfen – z.B. zinsloses Darlehen oder Energiegeld – sicherzustellen. Die Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsausfällen ist auszuschließen.
  • Die steuerliche Entfernungspauschale für das Pendeln mit dem PKW zur Arbeit muss an die stark gestiegenen Spritpreise angepasst und auf 0,50 € pro Kilometer Auch die steuerfreie Pauschale für Dienstreisen mit dem privaten PKW muss entsprechend auf 0,50 € pro Kilometer angehoben werden.
  • Für das Pendeln mit Bus oder Bahn sollen die dafür erforderlichen Monatskarten des ÖPNV und des DB-Fernverkehrs vom Arbeitgeber in voller Höhe steuerfrei ersetzt oder vom Arbeitnehmer in der Steuererklärung abgesetzt werden. Auf Antrag sind vom Finanzamt dafür Freibeträge einzurichten, so dass die Steuerermäßigung monatlich bei der Gehaltsabrechnung eintritt.
  • Die Arbeitgeber(verbände) sind aufgefordert, in den Tarifverhandlungen dem Aspekt der Inflation gebührend Achtung zu schenken.
  • Die progressiven Steuertabellen und steuerlichen Freibeträge müssen entsprechend der Inflationsentwicklung jährlich dynamisiert
  • Der Betrag der steuerlichen Absetzbarkeit der Homeofficearbeit muss von 5 € auf 10 € verdoppelt werden. Zumindest für die Steuererklärungen 2022 und 2023 ist die Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit auf 120 Tage aufzuheben. Pauschale Zuschüsse des Arbeitgebers zur Zahlung einer Heiz- und Stromkostenzulage für Homeofficearbeit sollen bis zu einer Höhe von 70 € monatlich steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden können.
  • Der Bundesgewerkschaftstag begrüßt die Verlängerung der gesetzlichen Regelungen zum Kurzarbeitergeld. Darüber hinaus sollte es aber auch für Minijobber/innen eine dem Kurzarbeitergeld vergleichbare Lohnersatzleistung geben. Tarifpartner und Betriebsparteien werden aufgefordert, bestehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit fortzuführen ausgelaufene Regelungen wieder in Kraft zu setzen.
  • Über die für Dezember 2022 vorgesehene Zahlung der Energiepauschale an Rentner/innen und Studierende hinaus sind weitere Entlastungen für diese Personengruppen zu gewähren.

22. ordentlicher Bundesgewerkschaftstag der DHV-Berufsgewerkschaft e.V.

22. Bundesgewerkschaftstag der DHV wurde geprägt von der Sorge um den Frieden und die wirtschaftliche und soziale Zukunft

Der 22. ordentliche Bundesgewerkschaftstag der Berufsgewerkschaft DHV, der vom 3. bis 5.11.2022 unter dem Motto „Frieden, Freiheit und soziale Sicherheit – DHV!“ im Arvena-Park-Hotel in Nürnberg stattfand, wurde geprägt von der Diskussion um die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die Sorge um den Weltfrieden. Die Delegierten verabschiedeten mit großer Mehrheit einen Leitantrag, in dem sich der Bundesgewerkschaftstag mit der ukrainischen Partnergewerkschaft VOST VOLYA und deren Kampf für Frieden und den Erhalt der demokratischen Rechte solidarisiert.

Die DHV macht sich in dem Positionspapier weiterhin für bezahlbare Energie stark. Dazu fordert die Gewerkschaft, die Mehrwertsteuer auf Gas dauerhaft und nicht nur bis Ende 2024 von 19 auf 7 Prozent zu senken. Zudem erwartet die DHV, dass auch die Mehrwertsteuer auf Strom und Heizöl von 19 auf 7 Prozent abgesenkt wird.

Neben der bereits beschlossenen Gaspreisbremse, die nach Auffassung der DHV nicht erst ab März greifen darf, bedarf es nach Meinung der Gewerkschaft auch einer finanziellen Entlastung für Haushalte, die mit Heizöl oder anderen Energieträgern heizen sowie angesichts der hohen Treibstoffkosten einer Anhebung der Entfernungs-pauschale für den Hin- und Rückweg zur Arbeit auf 50 Cent je gefahrenen Kilometer.

Die Möglichkeit zum Weiterbetrieb der letzten drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke wurde vom Gewerkschaftstag ausdrücklich begrüßt, wobei die trotz der nicht absehbaren weiteren Entwicklung der Energiekrise festgelegte Begrenzung der Option auf das Frühjahr 2023 als wenig sinnvoll erachtet wurde.

Vor dem Hintergrund der einsetzenden wirtschaftlichen Rezession hat der Bundesgewerkschaftstag die vorgesehene Verlängerung der Regelung zum Kurzarbeitergeld begrüßt und vergleichbare Lohnersatzleistungen auch für Mini-Jobberinnen und Mini-Jobber gefordert.

Sorge bereitet der DHV die Mietpreisentwicklung in vielen Ballungsräumen. Die Delegierten des Gewerkschaftstages beschlossen einen Antrag, in dem gefordert wird, die Möglichkeiten der Finanzämter, steuerlich auf die Mietpreisgestaltung von Vermietern Einfluss zu nehmen, schnellstmöglich unterbunden, zumindest eingeschränkt werden. Hintergrund: In verschiedenen Großstädten wie z.B. Berlin, Hamburg und München hatten Finanzämter Vermieter steuerlich zusätzlich belastet, weil sie Wohnungen für Mieten unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete vermietet hatten.

Bei den Wahlen zum fünfköpfigen Hauptvorstand der Berufsgewerkschaft gab es keine Überraschungen. Bei lediglich einer Enthaltung wurde Henning Röders aus Hamburg in seinem Amt als Bundesvorsitzender bestätigt. Mit jeweils großer Mehrheit wurden auch seine Stellvertreterin, die CGB-Bundesgeschäftsführerin Anne Kiesow aus Berlin, der Vorsitzende der Bundesbetriebsgruppe DAK-Gesundheit, Jörg Steinbrück aus Berlin, sowie der Betriebsratsvorsitzende des DRK Kreisverbands Geithain, Andreas Müller, wiedergewählt. Neu im Hauptvorstand ist der Hannoveraner Konzernbetriebsratsvorsitzende der Versicherungsgruppe TALANX AG mit mehr als 12.000 Beschäftigten, Matthias Rickel. Des Weiteren wurde der Saarländer Hans-Rudolf Folz in den neuen DHV-Hauptvorstand kooptiert.