Die Ampelkoalition hatte sich auf die Verabschiedung eines Tariftreuegesetzes verabschiedet. Nun liegt ein Referentenentwurf des BMAS vor. Der CGB lehnt diesen vor allem aus folgenden Gründen entschieden ab:
Die Bundesregierung schätzt den jährlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft bei rund 2,1 Millionen Euro! Legt man die Vergabestatistik von 2021 zugrunde, ergibt dies bei über 20.000 vom Bund vergebenen Aufträgen einen jährlichen erhöhten Erfüllungsaufwand von etwa 100 Euro!
Von dem erhöhten Erfüllungsaufwand wären laut Referentenentwurf die gesetzlichen Pflichten der Wirtschaft abgedeckt:
a) Prüfung der in dem maßgeblichen Tarifvertrag geregelten Maßgaben
b) Kalkulation des Angebotes unter Berücksichtigung der Maßgaben des Gesetzes
c) Sicherstellung, dass auch Nachunternehmer und beauftragte Verleiher die Maßgaben des Gesetzes einhalten
d) Dokumentation der Einhaltung der Gesetzesmaßgaben gegenüber dem Bundesauftraggeber
e) Information der Beschäftigten und Leiharbeitnehmer über ihren Anspruch auf die einschlägigen Arbeitsbedingungen
f) Durchführung eines Präqualifizierungsverfahren zur Erlangung eines Zertifikats über die Gewährleistung der Arbeitsbedingungen
g) Erhöhter Sach- und Personalkostenaufwand für die Erfüllung der zu normierenden Verpflichtungen
h) Eventuell erhöhter Aufwand für Tarifverhandlungen als Basis für die Teilnahme an den Ausschreibungen
Den jährlichen Erfüllungsaufwand für die Verwaltung des Bundes schätzt der Referentenentwurf auf 1,9 Millionen Euro. Das wären durchschnittlich rund 91 Euro pro Auftrag. Also rund 2-3 Stunden setzt das BMAS pro Auftrag für die Prüfung der eingegangenen Angebote, für das Vorliegen der Voraussetzungen, für eventuelle Rücksprachen und für die Entscheidung über die Auftragsvergabe!
Die dem Referentenentwurf zugrunde liegenden Kalkulationen sind damit viel zu niedrig und vollkommen unseriös! Realistischer sind jährliche Erfüllungsaufwendungen durch das Gesetz in dreistelliger Millionenhöhe.
Der zentrale Knackpunkt für die Ablehnung des Gesetzes sind nach Auffassung des CGB erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Entwurfs mit den verfassungsrechtlichen Maßgaben der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG. Das BMAS behält sich vor, von den Gewerkschaften branchenbezogene Mitgliederzahlen der Gewerkschaften abzufordern, um zu beurteilen, ob ein öffentliches Interesse an dem Tarifvertrag besteht, der für maßgeblich erklärt werden soll. Eine solche Prüfung kann aber nur Gegenstand eines gerichtlichen Tariffähigkeitsverfahrens und nicht einer inzidenten Prüfung im Rahmen eines Tariftreuegesetzes sein! Zudem besteht die Gefahr, dass Firmentarifverträge zugunsten von Branchentarifverträgen verdrängt werden.
Angesichts des sehr begrüßenswerten Gesetzesziels – die Stärkung der Tarifbindung – ist die Ablehnung, zu der sich der CGB veranlasst sieht, äußerst schade. Dieser misslungene Gesetzentwurf ist aus Sicht des CGB eine vertane Chance, dem Prinzip der Tariftreue auf Bundesebene in handhabbarer und verfassungsgemäßer Weise Geltung zu verschaffen.
Stellungnahme des CGB zum Referentenentwurf Tariftreuegesetz