Weltfrauentag 2023: Der Kampf für Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung geht weiter

Der 08. März steht im Zeichen des Weltfrauentages. Im Fokus stehen nicht nur Blumen, sondern vor allem der Kampf für Gleichberechtigung der Frauen im gesellschaftlichem Leben und vor allem im Berufsleben.

Viel ist bereits in Deutschland erreicht worden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bietet wirksame Sanktionsmöglichkeiten gegen Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts. Dank der Elternzeit nehmen immer mehr Männer eine berufliche Auszeit für die Kindererziehung. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen steigt seit Jahren. Mit dem Anspruch auf einen Kita-Platz und mit dem Ausbau der Schulhorterziehung ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weitaus einfacher als noch vor ein paar Jahren.

Das sind nur einige erfreuliche Beispiele für die Verbesserung der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dennoch gilt es, nicht nachzulassen, denn:

  • Noch immer werden Frauen häufiger in schlecht bezahlten Berufen beschäftigt!
  • Noch immer werden Frauen wegen Kindererziehung oder wegen eines möglichen Kinderwunsches in ihrer beruflichen Entwicklung ausgebremst!
  • Noch immer ruht die Last für Kindererziehung und/oder die Pflege von Angehörigen weiterhin vor allem auf den Schultern von Frauen!
  • Noch immer erleben Frauen offene oder versteckte Diskriminierung bei ihrer Jobsuche und/oder im beruflichen Alltag!
  • Noch immer erleiden Frauen durch die genannten Punkte vor allem monetäre Nachteile, was sich auch auf die Rente auswirkt!

Die Berufsgewerkschaft DHV fordert die Politik, die Gesellschaft und die Arbeitgeber auf, weiter die Rahmenbedingungen für die Gleichberechtigung von Frauen zu verbessern!

Die Politik ist gefordert, vor allem die Rahmenbedingungen für die Kindererziehung und für die Pflege von Angehörigen weiter zu verbessern.  Beispiele:

  • Bereits in der Schule müssen Mädchen auch im Hinblick auf die MINT-Fächer zielgerichtet gefördert werden!
  • Es gilt vor allem, die Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung zu verbessern. Denn: Was nützt ein Anspruch auf Kinderbetreuung, wenn es an qualifiziertem Fachpersonal und an geeigneten Kinderbetreuungseinrichtungen mangelt?
  • Pflege muss für die Angehörigen finanzierbar bleiben! Die Politik ist gefordert, die stark gestiegenen Zuzahlungen einzudämmen, um eine finanzielle Überforderung der Angehörigen zu vermeiden! Menschen, die Angehörige pflegen, müssen finanziell besser unterstützt werden.
  • Die erschwerten Bedingungen für die befristete Teilzeit – der sogenannten Brückenteilzeit – müssen abgebaut werden. Für den befristeten Anspruch auf Teilzeit müssen die gleichen Bedingungen wie für den unbefristeten Anspruch auf Teilzeit gelten!

Die Arbeitgeber sind gefordert, die Gleichberechtigung von Frauen in ihren Unternehmen zu fördern.

  • Es muss gelebte Unternehmenskultur sein, dass sich Frauen und Männer die Kinderziehung oder die Pflege Angehöriger teilen!
  • Es muss selbstverständlich sein, dass Frauen in Teilzeit auch Führungspositionen ausüben!
  • Arbeitgeber und Betriebs-/Personalräte sind gehalten, Berufsförderpläne für Frauen aufzustellen und umzusetzen!

Das beste Instrument zur Gewährleistung der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist ein möglichst hoher Grad der Bindung von Arbeitnehmern/innen an Tarifverträge. Tarifverträge bieten vor allem mit den Regelungen zur Eingruppierung und den Vergütungstabellen ein hohes Maß an Objektivität und Orientierung an der geleisteten Tätigkeit, unabhängig vom Geschlecht. Deshalb unterstützt die DHV das in der Europäischen Mindestlohnrichtlinie festgelegte Ziel einer Tarifbindung von 80 % aller Arbeitnehmer/innen! Die Politik muss auch hier die Rahmenbedingungen setzen:

  • Die willkürliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mächtigkeit von Gewerkschaften hat zur absurden Rechtsfolge geführt, dass wegen des Tarifabschlussverbots von Gewerkschaften wie der DHV deren Tarifverträge nicht mehr gelten und damit die Tarifbindungsquote sinkt. Die Politik muss dieser Rechtsprechungswillkür Einhalt gebieten und durch eine gesetzliche Regelung gewährleisten, dass auch Gewerkschaften außerhalb des DGB wirksam Tarifpartnerschaften eingehen und weiterentwickeln können!
  • Die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen muss erleichtert werden!
  • Die Sonderstellung kirchlicher Träger und ihrer Einrichtungen, die es ihnen erlaubt, auch ohne Betriebsräte und Tarifverträge agieren zu können, ist überholt und muss beendet werden!

BREMEN HAT DIE MEISTEN SCHULABGÄNGER OHNE SCHULABSCHLUSS

Im Jahr 2021 haben im Lande Bremen 10 Prozent der Schulabgänger die Schule ohne jeglichen Abschluss verlassen. Dies geht aus der heute vorgestellten Bertelsmann-Studie „Jugendliche ohne Hauptschulabschluss. Demographische Verknappung und qua­lifikatorische Vergeudung“ von Bildungsforscher Prof. Dr. Klaus Klemm hervor. Bundesweit waren es lediglich 6,2 Prozent. Das kleinste Bundesland hält damit in einem bildungspolitischen Ranking wieder einmal den Negativrekord. Die SPD, die in Bremen seit mehr als 70 Jahren ununterbrochen die Verantwortung für das Bildungsressort trägt, kann sich für das neuerliche Debakel nicht mit der mangelnden Vergleichbarkeit von Stadt- und Flächenstaaten herausreden. Hamburg und Berlin haben es im Gegen­satz zu Bremen verstanden, die Quoten ihrer Schulabgänger ohne Schulabschluss von 2020 auf 2021 deutlich zu verringern, Ber­lin von 7,2 auf 6,7 Prozent und Hamburg sogar von 7,2 auf 5,9 Prozent. Auch im Großstadtvergleich der Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern bildet Bremen das Schlusslicht.

Gerne macht Bremen auch den hohen Ausländeranteil für sein schlechtes Abschneiden in bildungspolitischen Rankings verant­wortlich. Auch dieses Argument zieht nicht. Laut Bertelsmann-Studie haben 2020 13,4 Prozent der Schulabgänger ohne deutschen Pass die Schule ohne Abschluss verlassen, in Bremen waren es 24, in Hamburg 16,5 und in Berlin lediglich 5,7 Prozent.

Zu Recht verweist die Bertelsmann-Studie darauf, dass die Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen und damit auch verfehlte Schul­abschlüsse vergleichbare Maßstäbe bei der Vergabe von Schulabschlüssen voraussetzt, die jedoch zu bezweifeln sind. Bildungsfor­scher würden daher zur besseren Vergleichbarkeit zunehmend ergänzend auf die Messung bildungspolitischer Kernkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen mittels standardisierter Tests zurückgreifen. In der Bertelsmann-Studie wurden daher auch die Ergebnisse entsprechender Tests aus den Jahren 2015 und 2018 einbezogen. Das Abschneiden Bremens relativiert sich hierdurch nicht. 2018 haben 5,6 Prozent die Mindeststandards im Bereich Mathematik verfehlt, in Bremen 12,4 Prozent (Schlusslicht), in Berlin 9,9 Prozent und in Hamburg 10,7 Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich im Bereich der Mindeststandards im Bereich Lesen, die bundesweit von 9 und in Bremen von 16,9 Prozent verfehlt wurden.

Für den CGB belegt die Bertelsmann-Studie erneut das bildungspolitische Versagen der Bremer SPD. Peter Rudolph, CGB-Landes­vorsitzender: „70 Prozent der Schulabgänger ohne Schulabschluss erhalten keinen Ausbildungsplatz. Ihnen droht Arbeitslosigkeit und Prekariat. 2021 lag die Arbeitslosigkeit bei Ungelernten bei 21 Prozent. Dies können wir uns angesichts des demographisch bedingten Fachkräftemangels nicht leisten. Wir brauchen keine Ausbildungsfonds zur Abfederung bildungspolitischer Versäum­nisse, wie ihn Rot-Rot-Grün in Bremen noch schnell vor der Bürgerschaftswahl durchsetzen will, sondern eine Kehrtwendung in der Bildungspolitik, wie Hamburg sie erfolgreich vollzogen hat.“

Vaterschaftsfreistellung

Eine schwere Geburt

Die EU-Richtlinie 2019/1158 sieht zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf seit August 2022 zehn Tage Freistellung für Väter direkt nach der Geburt eines Kindes vor. In Deutschland wurde diese Richtlinie noch nicht umgesetzt. Ein Äquivalent zum Mutterschaftsurlaub gibt es, anders als z. B. in Schweden, Frankreich und Spanien bei und noch nicht. Eine EU-weite einheitliche Systematik für die Elternzeit- und Elterngeldregelung wurde nicht festgesetzt. Auch die Höhe der Vergütung können die Mitgliedsstaaten selbst festlegen. Jeder macht es wie üblich ein bisschen anders, nur Deutschland hat noch gar nichts gemacht.  Die Bundesrepublik wurde bereits von der EU-Kommission dafür gerügt, dass diese Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurde. Es wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Tatsächlich haben Väter hierzulande die Möglichkeit im Rahmen der Elternzeit die sogenannten „Partnermonate“ zu nehmen und Elterngeld zu erhalten. In der genannten Richtlinie geht es jedoch um eine Freistellung für Väter direkt nach der Geburt. Väter haben bei uns zwar einen Anspruch auf Sonderurlaub gemäß § 616 BGB anlässlich einer Geburt. Es gibt aber keine Regelung dazu, wie viele Tage dieser Sonderurlaub dauert. Oft handelt es sich nur um einen Tag. Konkretisierungen finden sich in Arbeits- oder Tarifverträgen.  Und es kommen nicht alle Väter in diesen Genuss. Bereits 2001 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass unverheirateten Männern – frisch gebackener Vater oder nicht – dieser Anspruch aus § 616 BGB nicht zusteht.

Es stellt sich die Frage, warum diese Richtlinie bisher noch nicht umgesetzt wurde. Die Begründung des Bundesfamilienministeriums unter Angela Merkel war, das bestehende Elterngeld stelle Eltern bereits besser, als in der EU-Richtlinie gefordert, außerdem konterkariere die Anforderung der EU möglicherweise das Ziel des Elterngeldes, da Väter dann eventuell lediglich 10 Tage freinehmen würden und nicht, wie bereits möglich, einen längeren Zeitraum. Die jetzige Bundesregierung hat die Vaterschaftsfreistellung in den Koalitionsvertrag aufgenommen und die ehemalige Bundesfamilienministerin Anna Spiegel hatte angekündigt, die Richtlinie zügig umzusetzen. Allerdings trat sie bereits nach 5 Monaten im Amt zurück und ihre Nachfolgerin Lisa Paus hielt sich in dieser Frage eher zurück. Ende November 2022 verkündete sie dann: “Die zweiwöchige Freistellung nach der Geburt kommt, nicht mehr in diesem Jahr, aber in 2024”. Sie plant, eine zweiwöchige Freistellung nach der Geburt für den Partner im Mutterschutzgesetz zu verankern. Das Gehalt soll in dieser Zeit zu 100% gezahlt werden.

Ein solcher gesetzlicher Anspruch böte zum einen den Vorteil, dass Väter nicht wie bei den Partnermonaten die Freistellung rechtzeitig beantragen müssten und bereits sehr früh eine enge Beziehung zum Kind aufbauen könnten, zum anderen wären sie am Wochenbett präsent und könnten die Mutter bei der Pflege des Kindes unterstützen. Das wäre ein echter Schritt hin zu mehr Partnerschaftlichkeit und würde sich positiv auf den noch viel zu großen Gender Care Gap auswirken. Das Beratungsunternehmen Ernst & Young führte mit dem in Washington ansässigen Peterson-Institut für Internationale Wirtschaft dazu eine weltweite Studie durch. Studiendirektor Marcus Noland sagte: “In Ländern, die familienfreundlicher sind und mehr Unterstützung bei der Geburt und Erziehung haben, schaffen es Frauen eher an die Spitze”

Einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung hat Bundesministerin Paus noch nicht. Zeit wird es!

BAG-Entscheidung Entgeltgleichheit von Männern und Frauen

Gleiches Geld für gleiche Arbeit –Das BAG stärkt mit seinem Urteil die Rechte von Frauen!

Gleicher Job und weniger Geld als männliche Kollegen? Schlecht verhandelt, so das Argument des Arbeitgebers. Eine Frau sah sich dadurch diskriminiert und zog vor Gericht. Die Vorinstanzen gaben dem Arbeitgeber recht. Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichtes (BAG Urteil 8 AZR 450/21) kippte jetzt diese Entscheidungen und sprach der Klägerin ca. 14.500 Euro entgangenes Gehalt und eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 2000 Euro zu.

Die Klägerin war kurz nach einem männlichen Kollegen eingestellt worden. Der Unterschied beim Grundgehalt betrug in der Probezeit ganze 1.000 Euro monatlich, etwas später, nachdem ein Tarifvertrag eingeführt wurde, waren es noch etwa 500 Euro monatlich, obwohl die Klägerin und ihr Kollege gleiche Verantwortlichkeiten und Befugnisse hatten. Sie verlangte mit ihrer Klage eine Nachzahlung und eine Entschädigung wegen Diskriminierung vom beklagten Arbeitgeber. Dieser berief sich darauf, die Klägerin habe eben schlechter verhandelt als der männliche Kollege, dem man ursprünglich das gleiche Angebot gemacht habe und auf die geltende Vertragsfreiheit beim Abschluss der Arbeitsverträge. Die Vorinstanzen folgten dieser Argumentation.

Das BAG dagegen bejahte einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es führte aus, dass wenn Frauen und Männer wie im verhandelten Fall bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt werden, dies die Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts nach § 22 AGG begründe. Diese Vermutung konnte der beklagte Arbeitgeber nicht widerlegen. Nach Ansicht des BAG ist besseres Verhandlungsgeschick kein Argument für unterschiedliches Entgelt. Auch weitere Argumente der Beklagtenseite, z. B. dass der männliche Kollege perspektivisch eine besser bezahlte Kollegin mit Leitungsfunktion ersetzen sollte, stellten nach Ansicht des Senats keinen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung dar und waren nicht geeignet, die Vermutung der Diskriminierung zu widerlegen.

Dieses Urteil wird vielfach als Meilenstein im Streit um gleiche Löhne und Gehälter von Frauen und Männern in Deutschland gesehen. 2022 lag der Gender Pay Gap laut Statistischem Bundesamt bei durchschnittlich bei 18 Prozent. Das ist u. a. darauf zurückzuführen, dass Frauen häufig im Niedriglohnsektor oder in Teilzeit arbeiten. Haben Frauen eine vergleichbare Qualifikation, Arbeit, Arbeitszeit und Erwerbsbiografie, dann, so das statistische Bundesamt liegt der sogenannte bereinigte “Gender Pay Gap” immer noch bei sieben Prozent.

Es stellt sich die Frage, ob das Urteil wirklich ein Meilenstein für die Entgeltgerechtigkeit ist. Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die Klägerin beim Verfahren unterstützt hatte, hält das seit 2017 bestehende Entgelttransparenzgesetz für “zu schwach, um Frauen zu schützen”. Demnach bestünden Auskunftsrechte zum Gehalt nur in Unternehmen ab 200 Beschäftigten. Sie hofft daher auf eine neue Richtlinie der EU. Es ist zwar grundsätzlich verboten, Frauen aufgrund ihrer Geschlechts für die gleiche Arbeit geringer zu bezahlen als Männer, das Entgelttransparenzgesetz ist allerdings nicht mehr als die Bekundung guten Willens auf dem Weg, den Gender Pay Gap zu beseitigen, da bereits für die Auskunftsansprüche zu hohe Hürden bestehen. Außerdem bleibt die Begründung des Urteils abzuwarten. Erst dann wird klar, ob es sich bei diesem Urteil des BAG um eine Einzelfallentscheidung handelt, oder ob es wirklich richtungsweisend ist.

 

Verjährung von Urlaub nur nach Warnhinweis des Arbeitgebers

Grundsätzlich verjähren Urlaubsansprüche innerhalb von 3 Jahren nachdem sie entstanden sind. Die Regelungen über die Verjährung von Ansprüchen gemäß §§ 193. 199 Abs. 1 BGB sind nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20.12.2022, 9 AZR 266/20) auch auf den gesetzlichen Mindesturlaub anzuwenden. Die Frist beginnt allerdings nicht zwingend mit dem Ende des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist zu laufen, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch und die gesetzlichen Verfallfristen informiert hat – „Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers“.

Tarifvertragliche Ausschlussfristen

Ausschlussfristen regeln, dass Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen und ansonsten verfallen können. Das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.08.2022, 10 Sa 94/21) hat nun entschieden, dass tarifvertragliche Ausschlussfristen anders als arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen, nicht der strengen AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff BGB unterliegen. Sie werden also gerichtlich nicht in gleichem Maß überprüft.

Mindestlohn für Leiharbeitnehmer erhöht

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Mindeststundenlöhne für Leiharbeiter mit der Fünften Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung angehoben. Der Mindestlohn beträgt jetzt 12,43 €/Stunde. Begründung: Seit Oktober 2022 beträgt der für alle Branchen geltende Mindestlohn 12,00 €. Dies machte eine Anpassung des Mindestlohnes für Leiharbeitnehmer, der wegen der besonderen Belastungen und Unsicherheiten in diesem Bereich traditionell höher ist als der allgemeine Mindestlohn notwendig.

Die Rechtsverordnung gilt bis zum März 2024 und schreibt folgende Mindestlöhne für Leiharbeitnehmer vor.

01.01.2023 bis 31.03.2023: 12,43 €

01.04.2023 bis 31.12.2023: 13,00 €

01.01.2024 bis 31.03.2024: 13,50 €

WOW-Seminar: Einheit in Vielfalt und Vielfalt in Einheit: Vielfalt braucht Gleichheit

Durch das spürbare Abnehmen der Auswirkungen der Corona-Virus-Pandemie ist nun auch eine Rückkehr zu gewohnten Arbeitsverhältnissen auf der internationalen Ebene wieder möglich. So konnte der DHV mit dem Bundesgeschäftsführer Henning Röders und dem Landesgeschäftsführer Lukas Menzel zwei Delegierte zum WOW-Seminar vom 08.-10.02.2023 nach Lissabon entsenden. Unter dem Überthema „Einheit in Vielfalt und Vielfalt in Einheit: Vielfalt braucht Gleichheit“ tauschten sich die Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus 18 verschiedenen Nationen zu den unterschiedlichen Formen von Diskriminierungen am Arbeitsplatz, ihren Auswirkungen und Möglichkeiten zu ihrer Überwindung aus. Gleich zu Beginn der Tagung erinnerte der Vize-Präsident Mikael Arendt Laursen (Krifa-Dänemark) an die bedrückende internationale Situation angesichts des nun fast ein Jahr andauernden Überfalls Russlands auf die Ukraine und der humanitären Katastrophe durch das Erdbeben in der Türkei und Syrien. Daher übergab er das Wort an unsere Kollegin Viktoriia Matsiupa (VOST-VOLYA), die uns einen deutlichen Eindruck von dem fürchterlichen Leid vermittelte, dass aufgrund von Verwüstung, Tod und Verstümmelung über unsere Mitmenschen in der Ukraine hereingebrochen ist. Zwar drückte sie Zuversicht aus, dass die Ukrainer mit westlicher Unterstützung die Invasoren besiegen können, aber sie befürchtet, dass auf dem Weg dorthin die Chance auf eine bessere Zukunft gerade für die Jüngeren im Land verloren geht. Für ihren starken Beitrag erhält Viktoriia Matsiupa anhaltenden Applaus. Mikael Laussen greift die Stimmung der Anwesenden auf, indem er darauf hinweist, dass die Aufgaben, mit denen wir uns in unserer täglichen Arbeit konfrontiert sehen, im Vergleich sehr klein wirken. Trotzdem müssen wir als Gewerkschafter, die unseren gemeinsamen christlichen Wertekanon immer im Hinterkopf haben, unser Bestes geben, täglich für die Anliegen der Beschäftigten einzutreten und auf ein stetiges Verbessern der Arbeitsverhältnisse und –bedingungen für alle hinzuwirken.

Dass es immer noch zu einer erheblichen Schlechterstellung einer bestimmten Personengruppe im Arbeitsleben kommt, wurde deutlich, als Prof. Maira Paulo Pestana de Freitas Pinto ihre Untersuchungen zum Umgang mit Menschen mit Behinderungen auf dem portugiesischen Arbeitsmarkt vorstellte. Mit dem Wechsel vom medizinischen zum sozialen Betrachtungsmodell ist zwar in den vergangenen Jahrzehnten ein bedeutender Wechsel zum Besseren hin vollzogen worden. Nun stellt man nicht mehr die Einschränkungen durch die Behinderung, sondern die oft einschränkende Umgebung in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Mit der Umsetzung der Bestimmungen der UNO Menschenrechtskonvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderung, ist nun auch deren Anspruch auf Beschäftigung als Teil ihrer Menschenwürde anerkannt. Aber es lässt sich im portugiesischen Arbeitsmarkt eine klare Segregation feststellen, die dafür sorgt, dass Behinderte hauptsächlich in staatlich gefertigten Werkstätten oder speziell eingerichteten Praktikumsplätzen eingesetzt werden, wo sie unabhängig von ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit nur wenig anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben und oft nur über einen kurzen Zeitraum beschäftigt werden. Zwar liegt der Schnitt von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Behinderung über dem europäischen Durchschnitt aber gleichzeitig werden die von der Regierung gesteckten Ziele klar unterschritten und gerade bei den älteren Personen mit Behinderung ist die Gefahr der dauerhaften Arbeitslosigkeit besonders ausgeprägt. Prof. Maria Pinto sieht hier gerade die Gewerkschaften in der Pflicht in Diskussionen mit der Politik und Verhandlungen mit den Arbeitgebern verstärkt auf einen inklusiven Arbeitsmarkt hinzuwirken.

In seinem Vortrag „die Zukunft der Arbeit: der Kampf für Gleichheit“ betrachtete Prof. António Pedro Roque da Visitacao Oliveira die Zukunftsfähigkeit bestimmter Berufsbilder angesichts der voranschreitenden Mechanisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt. Gerade im Verlauf der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts haben Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter zunehmend erkannt, dass sie durchaus ein gemeinsames Interesse verfolgen. Dies führte zu gemeinsamen Übereinkünften hinsichtlich von Arbeitszeit, Pausenregelungen, Gesundheits-versorgung, Lohn- und Gehaltsanpassungen zu einer allgemeinen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einem miteinher gehenden Ausbau des Sozialstaates. Die Beziehungen im klassischen Verhältnis eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitgeber waren und sind es heute noch häufig durch Gesetze und kollektivrechtliche Vereinbarungen klar geregelt. Entgegen dieser klassischen Arbeitsverhältnisse sind nun immer mehr atypische Formen des Einkommenserwerbes anzutreffen: Teilzeit, befristete Arbeitsverhältnisse, Saisonarbeit unterschiedlicher Ausprägung, Arbeit mittels moderner Telekommunikationstechnik von zu Hause aus oder Plattformarbeit. Diese Beschäftigungsverhältnisse bringen für beide Seiten durchaus Vorteile. So profitieren die Arbeitnehmer von größeren Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Arbeit oder dem Wegfall zeitraubender Arbeitswege, während die Arbeitgeber z.B. weniger Büroflächen bereithalten müssen. Gleichzeitig führt diese „Uberisierung“ des Arbeitsmarktes zu bisher unbekannten Herausforderungen an die momentane Gesetzgebung und die Sozialsysteme. Es ist ein Zusammenhang zwischen Berufsbildern, die eine deutliche Arbeitsroutine und klare Arbeitsabläufe aufweisen sowie ihrem zunehmenden Verschwinden festzustellen. Beim Blick auf die Zukunft ist Prof. António Oliveira aber optimistisch, dass sich der europäische Arbeitsmarkt und von ihm abhängigen Sozialsysteme als anpassungsfähig erweisen werden. 

Die Zufriedenheit eines Arbeitnehmers mit seiner Tätigkeit hat direkte Auswirkungen auf seine Gesundheit und sein soziales Leben. Da es sich aber bei der Jobzufriedenheit um einen nicht klar zu beziffernden weichen Faktor handelt, gerät er etwa bei Tarifverhandlungen schnell aus dem Blick. Ein sehr interessantes Projekt in diesem Zusammenhang stellte der Kollege Rolf Weber (Kifra Dänemark) in seinem Beitrag „ein anderer Blick: Ungleichheit bei der Jobzufriedenheit“ vor. Ein eigens für die Untersuchung der Jobzufriedenheit ins Leben gerufene dänische Institut hat eine Messskala aus sieben Faktoren entwickelt. In den Bereichen Bedeutung, Fähigkeit, Führung, Einfluss, Gleichgewicht, Erfolg und Kollegen konnten die Befragten jeweils null bis 100 Punkte vergeben und so einen Gesamtwert für die Zufriedenheit mit ihrer Beschäftigung erhalten. Die Forscher haben errechnet, dass sich ein Punkt in der Gesamtbetrachtung Jobzufriedenheit mit einem Wert von 2.110 € beziffern lässt. Bei einer Steigerung der Zufriedenheit der Beschäftigten erfolgt ein Rückgang bei Krankheitstagen und der Fluktuation auf Arbeitsplätzen. Auch die gesamtgesellschaftlichen Vorteile bei einer höheren Wertschätzung der Angestellten für ihre Arbeit schlagen mit einem späteren Renteneintritt, geringer Belastung der Krankenkassen und einer allgemein höheren Produktivität äußerst positiv zu Buche.    

Zum Eingang ihres Vortrages „Adel verpflichtet“ stellte die Kollegin Soraya Faez (CNV Niederlande) die provokante Frage, warum es nach so vielen Jahren der Diskussionen und daraus resultierenden Verpflichtungen zu mehr Diversität und Inklusion in Unternehmen noch immer neue Gesetzgebung und Maßnahmen in diesem Bereich braucht. Man muss sich an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass die meisten Firmen auch heute noch nur in der Gesamtbetrachtung divers wirken. Steigt man die Leiter der unternehmensinternen Hierarchien weiter hinauf, so dominiert noch immer der Typus des „älteren weißen Herren“. Erst wenn sich auch auf der Führungsetage die Gesamtzusammensetzung der Belegschaft widerspiegelt, hat man den Schritt hin zu einem inklusiven Unternehmen vollzogen. Die Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind an dieser Stelle besonders gefordert, die bisher marginalisierten Gruppen in der Belegschaft in den Fokus zu rücken. Die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter fokussieren sich aber zu häufig auf die Kernthemen Arbeitsplatzsicherheit und Bezahlung. Es gibt hier einen toten Winkel in der Mehrheitsgesellschaft für die von Einschränkungen und Diskriminierungen Nicht-Betroffenen, denen es an dem entsprechenden Erfahrungshorizont fehlt. Hier ist es von entscheidender Wichtigkeit, sich mit den Vertretern der betroffenen Gruppen zusammenzusetzen und sich aus der eigenen Komfortzone herauszuwagen. Sich mit dem bisher Erreichten einer auf den ersten Blick divers erscheinenden Belegschaft zu begnügen, ist zu kurz gegriffen. Das Ziel muss eine inklusive Unternehmenslandschaft sein, in der keine Gruppe mehr ausgeschlossen wird.

Neben diesen und einer Reihe von weiteren Vorträgen, fanden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars auch zu einer Gruppenarbeit zusammen, um Fragen der politischen Arbeit der WOW, ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und Umsetzung zu besprechen. Es war die einhellige Meinung der Beteiligten, dass in Fragen der Arbeits- und Sozialpolitik die WOW Position beziehen muss. Um einen regelmäßigen Austausch unter den Mitgliedern sicherzustellen und entsprechende Themen zu identifizieren, wird eine monatlich online tagende Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese wird sich auch damit beschäftigen, entsprechende Eingaben bei den unterschiedlichen Institutionen der Europäischen Union einzureichen und deren Umsetzung zu verfolgen. Das Treffen in Lissabon hat bewiesen, wie wichtig der persönliche Austausch auch auf der internationalen Ebene bleibt, um den eigenen Blickwinkel zu weiten und neue Lösungsansätze zu entwickeln.       

Lukas Menzel

DHV-Rheinland-Pfalz/Saar

Hanse_ Merkur

Flugblattverteilaktion vor HanseMerkur in Hamburg

Heute standen der DHV-Bundesvorsitzende Henning Röders und Vorsitzende des Landesverbandes Hamburg/Schleswig-Holstein, Martin Adam, vor der Hauptverwaltung der HanseMerkur am Hamburger Dammtorbahnhof. Sie verteilten Informationen über die DHV und eine Stellungnahme zum aktuellen Tarifgeschehen.

Der Wettergott meinte es gut mit Beiden. Der am frühen Morgen noch vorherrschende Regen hatte pünktlich zur Verteilaktion aufgehört. So konnten beide die Flugblätter gut verteilen und mit den Beschäftigten, die mit Interesse die Informationen entgegennahmen, ins Gespräch kommen.