CGB BREMEN FORDERT NEUES KONZEPT FÜR SONNTAGSÖFFNUNGEN DES EINZELHANDELS

Am 2. Dezember berät die städtische Deputation für Gesundheit, Pflege und Verbraucherschutz über einen Verordnungsentwurf über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonntagen in der Stadtgemeinde Bremen für das Jahr 2026. Der Verordnungsentwurf auf Grundlage eines Konzepts aus dem Jahre 2008 sieht für 2026 für 12 Veranstaltungen an 9 Sonntagen Ausnahmeregelungen von den gesetzlichen Ladenschlussregelungen vor.

Der Bremer CGB und seine für den Handel zuständigen Berufsgewerkschaft DHV lehnen den vorliegenden Verordnungsentwurf ab und fordern vom Senat ein neues Konzept für Sonntagsöffnungen des stadtbremischen Einzelhandels. Sie hoffen dabei auf die Unterstützung der Bremischen Evangelischen Kirche und des Katholischen Gemeindeverbandes, die beide am Konzept von 2008 mitgewirkt haben.

In der Abwägung zwischen den Wünschen des Einzelhandels nach zusätzlichen Ladenöffnungszeiten und dem Anspruch der Einzelhandelsbeschäftigten auf Sonntagsruhe haben für die christlichen Gewerkschaften die Belange der Einzelhandelsbeschäftigten eindeutig Vorrang vor Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen. DHV und CGB erinnern daran, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits 2014 in einer Entscheidung (69/2014) über Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit deutlich gemacht hat, dass es keinen erheblichen Schaden i.S. des Gesetzes darstellt, „wenn der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe nicht hinter dem Wunsch zurücktreten muss, spontan auftretende Bedürfnisse auch sofort erfüllt zu bekommen.“

In seiner Stellungnahme zum Verordnungsentwurf verweist der CGB darauf, dass vom Handel bereits die nach dem Bremischen Ladenschlussgesetz gebotenen großzügigen Möglichkeiten zu Ladenöffnungen nicht vollumfänglich wahrgenommen werden. In der Bremer City sind die Mehrzahl der Geschäfte werktags lediglich zwischen 10 und 19 Uhr geöffnet. In den Stadtteilen schließen viele Läden schon um 18 Uhr und samstags sogar bereits mittags. Dass die Attraktivität von orts- oder stadtteilbezogenen Veranstaltungen nicht von der Möglichkeit zu einem Sonntags-Shopping abhängt, beweist der Verein Die Wachmannstraße e.V., der mitseinem jährlichen Wachmannstraßenfest und Candellight-Shopping über Schwachhausen hinaus Anziehungskraft entwickelt hat und damit auch Handel und Gastronomie vor Ort fördert. Ähnliches sollte auch den Organisatoren örtlicher Events anderer Orts- und Stadtteile möglich sein. Für die Mehrzahl der im Verordnungsentwurf genannten Anlässe sieht der CGB daher keine Notwendigkeit zur Gewährung von Ausnahmenregelungen  vom Bremischen Ladenschlussgesetz. Im Übrigen verweist der Gewerkschaftsbund darauf, dass bereits nach dem seit 2009 geltenden Konzept Ausnahmeregelungen nur für Events von überregionaler Bedeutung zur Anwendung kommen sollen. Veranstaltungen wie der Gröpelinger Sommer, das Borfelder Sommerfest, das Sommerfest Habenhausen oder der Findorffer Genussmarkt erfüllen dies Kriterium mit Sicherheit nicht.

Überregionale Veranstaltungen von wirtschaftlicher oder touristischer Bedeutung, die nach Auffassung von DHV und CGB aufgrund hoher Besucherzahlen die Öffnung von Läden an Sonntagen gerechtfertigt erscheinen lassen, sind die Osterwiese, die Gewerbeschau Osterholz, das Straßenkunstfestival La Strada, das Vegefest, der Bremer Freimarkt sowie die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit, der 2026 von Bremen ausgerichtet wird. Bei einer Sonntagsöffnung anlässlich des Bremer Freimarkt könnte nach Auffassung des CGB aufgrund der unstrittig besonderen Bedeutung dieses Volksfestes auch auf eine räumliche Begrenzung der Ausnahmeregelung verzichtet werden.

H&M-Filiale in Nürnberg schließt – Beschäftigte vor unzumutbarer Situation

DHV: Vorgehen der Geschäftsführung ist moralisch nicht vertretbar

Nürnberg – Die bevorstehende Schließung der H&M-Filiale in der Nürnberger Innenstadt setzt die Beschäftigten massiv unter Druck. Erst im Mai 2024 war ein weiteres Geschäft derselben Kette in unmittelbarer Nähe eröffnet worden, doch die Mitarbeitenden des alten Standorts sollen nicht automatisch übernommen werden. Stattdessen sollen sie sich auf neue Stellen am anderen Standort bewerben, allerdings zu veränderten Konditionen und ohne jede Garantie einer Anstellung. Viele Betroffene arbeiten seit Jahrzehnten für das Unternehmen, das ihnen nun faktisch die berufliche Zukunft entzieht.

Die DHV – Die Berufsgewerkschaft – bewertet dieses Vorgehen als bewusst kalkuliert und moralisch nicht vertretbar. Nach ihrer Einschätzung handelt die Geschäftsführung auf Kosten der langjährigen Beschäftigten, deren Einsatz und Loyalität die Basis des Unternehmens bilden. Es sei unzumutbar, Mitarbeitende nach jahrelanger Betriebszugehörigkeit vor die Wahl zu stellen, entweder völlig unsichere Perspektiven zu akzeptieren oder Arbeitsbedingungen zu übernehmen, die weit unter den bisherigen Standards liegen.

Die psychische Belastung der Belegschaft ist erheblich, da viele Mitarbeitende älter sind und gesundheitliche Probleme haben. Für diese Personen sei es fast unmöglich, alternative Arbeitsplätze zu finden. Zugleich liegen die angebotenen Stellen teilweise weit entfernt, obwohl erst vor kurzem eine neue H&M-Filiale in Nürnberg eröffnet hat, oder erfordern Arbeitszeitmodelle, die insbesondere alleinerziehende Mitarbeitende kaum vereinbaren können.

Aus Sicht der DHV verfolgt die Geschäftsführung eine berechnende Strategie, die darauf abzielt, Mitarbeitende, die nicht flexibel genug sind, auszusondern und gleichzeitig die Bedingungen für die verbleibenden Beschäftigten zu verschlechtern. Wirtschaftsexperten bestätigen, dass solche Methoden zwar rechtlich schwer angreifbar sein können, moralisch jedoch nicht zu rechtfertigen sind. Es handele sich um eine bewusste Benachteiligung älterer Mitarbeitender oder solcher mit gesundheitlichen Einschränkungen, die auf ein systematisches Kalkül der Unternehmensleitung hindeutet.

H&M begründet das Fehlen eines Sozialplans damit, dass die Vorstellungen von Arbeitgeberseite und Betriebsrat zu weit auseinanderlägen, und verweist darauf, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten würden und Mitarbeitende sich auf offene Stellen bewerben könnten. Die DHV weist jedoch darauf hin, dass gesetzliche Korrektheit allein moralische Verantwortung nicht ersetzt und dass wirtschaftliche Interessen nicht über die Würde und die Existenz der Beschäftigten gestellt werden dürfen.

Für die DHV bleibt die Situation ein klarer Beleg dafür, dass die Geschäftsführung von H&M skrupellos und verantwortungslos handelt, indem sie langjährige Mitarbeitende unter Druck setzt, um sich betriebliche Vorteile zu verschaffen, während sie die soziale Verantwortung völlig außer Acht lässt. Dieses Vorgehen ist nicht nur symptomatisch in Nürnberg, sondern auch an anderen Standorten der Kette H&M zu verfolgen. 

Erfolgreicher DHV-Landesgewerkschaftstag in Duisburg

„Gewerkschaft 5.0 und Digitalisierung“ – DHV NRW setzt Zeichen für die Zukunft

Duisburg, 18. Oktober 2025 – Unter dem Leitmotto „Gewerkschaft 5.0 und Digitalisierung“ fand in Duisburg der Landesgewerkschaftstag 2025 des DHV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen statt. Die Delegiertenversammlung blickte auf vier herausfordernde, aber erfolgreiche Jahre zurück und stellte die Weichen für eine digitale und innovative Zukunft der Gewerkschaftsarbeit.

Prominente Grußworte unterstreichen politische Bedeutung

Nach der Eröffnung durch den Landesvorsitzenden André Kunza würdigten hochrangige Gäste die Arbeit des Landesverbandes. DHV-Bundesvorsitzender Henning Röders und GTL-Bundesvorsitzender Ralf Vüllings überbrachten ihre Grußworte persönlich. Schriftliche Grüße kamen unter anderem vom Landtagspräsidenten André Kuipers, dem Arbeitsminister Karl Josef Laumann für die Landesregierung sowie dem CGB-Landesvorsitzenden NRW Bernhard Cwiklinski.

Bilanz einer außergewöhnlichen Wahlperiode

In seinem Tätigkeitsbericht zeichnete Geschäftsführer Harm Marten Wellmann das Bild einer Gewerkschaft, die aus der Krise gestärkt hervorging. Nach dem Verlust der Tarifberechtigung im Juni 2022 verwandelte der DHV NRW die Herausforderung in eine beispiellose Transformation. Statt Mitgliederschwund zu erleiden, blieben die Zahlen konstant – ein Beweis für das Vertrauen der Mitglieder.

Der Landesverband etablierte sich als digitaler Vorreiter: Mit über 6.500 Instagram-Followern seit 2022, einer engagierten Facebook-Community und als eine der ersten deutschen Gewerkschaften auf TikTok erreicht der DHV NRW monatlich rund 300.000 Menschen. Die Erfolgsquote von über 80 Prozent in arbeitsrechtlichen Verfahren und die gestärkte politische Lobbyarbeit mit direktem Draht zum NRW-Arbeitsministerium rundeten die positive Bilanz ab. Das Tarifverfahren liegt weiterhin beim Europäischen Gerichtshof – der DHV wartet auf eine positive Entscheidung, um wieder vollumfänglich als Tarifpartner agieren zu können.

Geschlossener Vorstand – Klares Mandat für die Zukunft

Die Wahlen bestätigten das bewährte Führungsteam: André Kunza wurde als Landesvorsitzender wiedergewählt, ebenso sein Stellvertreter Peter Schütt, Landesrechner Harm Marten Wellmann und Schriftführer Thomas Schrader. Als Beisitzer wurden Sabine Bondzio, Helmar Hinrichs, Martin Flintrop, Karl-Heinz Rosenfeld, Joachim Drößler und Marc Will gewählt. Aus dem Landesvorstand ausgeschieden sind Angelika Will und Peter Zander.

Henning Röders übernahm das Amt des Tagungspräsidenten. Die Stimmzählung oblag Sabine Bondzio und Yvonne Boese. Alexander Raeder und Joachim Seegers wurden als Rechnungsprüfer bestätigt, Josef Czok ist neues Aufsichtsratsmitglied. Zudem wurden die Bundesgewerkschaftsdelegierten für die Periode 2025-2029 gewählt.

Wegweisende Anträge für eine moderne Gewerkschaft

Der Gewerkschaftstag beschloss nach intensiver Diskussion mehrere zukunftsweisende Anträge, die das Profil des DHV schärfen:

Soziale Gerechtigkeit im Fokus:

  • Beitragsreduzierung für ehemalige Soldatinnen und Soldaten sowie Dienstleistende
  • Ermäßigte Beiträge für ehrenamtlich tätige Mitglieder
  • Einführung eines Rentenbeitrags für aus dem Berufsleben ausgeschiedene Mitglieder

Digitalisierung und Zukunftsthemen:

  • Einrichtung eines DHV-Bundeshaushaltspostens für Digitalisierung, Social Media und Öffentlichkeitsarbeit
  • Positionierung zur Künstlichen Intelligenz in der Arbeitswelt: Unterstützung statt Verdrängung des Menschen

Gesellschaftspolitische Impulse:

  • Initiative zur sozial gerechten und generationenfesten Reform des Rentensystems
  • Forderung nach leistungsorientierter Reform des Bürgergelds/der Grundsicherung unter dem Motto „Bürgergeld/Grundsicherung darf sich nicht lohnen“

Alle Anträge wurden nach konstruktiver Debatte und teilweise kleinen Änderungen einstimmig angenommen.

Ausblick: Bereit für die Zukunft

In seinem Schlusswort betonte der Landesvorsitzende André Kunza die Stärke der Gemeinschaft: „Wir haben bewiesen, dass wir jede Krise in eine Chance verwandeln können. Die DHV lässt sich nicht unterkriegen – gemeinsam sind wir unaufhaltbar.“

Der Landesgewerkschaftstag 2025 sendet ein klares Signal: Der DHV NRW ist nicht nur gewappnet für die digitale Zukunft der Arbeitswelt – er gestaltet sie aktiv mit. Mit solidarischen Mitgliedern, politischer Schlagkraft und innovativen Konzepten steht der Landesverband bereit für die kommenden Herausforderungen.

Glück auf DHV!

Der gewählte Landesvorsitzende Andre Kunza (li.) und sein Stellvertreter Peter Schütt

Jobangst – Wenn die Sicherheit schwindet

Die Schlagzeilen der letzten Wochen lesen sich wie ein Déjà-vu aus Krisenzeiten: Bosch streicht 13.000 Stellen, ZF baut 7.600 Jobs ab, Lufthansa will 4.000 Beschäftigte weniger. Während Politiker von einem zarten Aufschwung sprechen, erleben viele Beschäftigte genau das Gegenteil – Verunsicherung, Stillstand, Angst.

Laut einer aktuellen Umfrage für FOCUS online fürchtet inzwischen jeder sechste Erwerbstätige in Deutschland, in den nächsten zwölf Monaten den Job zu verlieren. Besonders betroffen sind junge Menschen: Bei den 16- bis 18-Jährigen sind es ganze 26 Prozent, bei Auszubildenden sogar 39 Prozent. Wer gerade erst ins Berufsleben startet, spürt die Unsicherheit am deutlichsten.

Energiepreise, Politik, Ausland – die Hauptsorgen

Die Gründe liegen auf der Hand. Mehr als ein Viertel der Befragten nennt die hohen Energiepreise als größte Gefahr für Arbeitsplätze. Weitere 22 Prozent machen die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung verantwortlich, 18 Prozent sehen die Verlagerung von Produktion ins Ausland als Hauptproblem.

Auch das Vertrauen in die Politik bröckelt: Obwohl Kanzler Friedrich Merz und seine Regierung die Wirtschaft zur „Chefsache“ erklärt haben, glauben nur 23 Prozent der Bürger, dass sie Arbeitsplätze in Deutschland langfristig sichern kann. Die große Mehrheit ist skeptisch.

Was jetzt zählt: Zusammenhalt

Gerade in solchen Zeiten zeigt sich, wie wichtig Zusammenhalt ist. Wenn Unternehmen sparen, Personal abbauen und Zukunftsängste wachsen, hilft es nicht, allein dazustehen. Eine Gewerkschaft ist kein Anachronismus – sie ist der Rückhalt, den man braucht, wenn die Zukunft unsicher wird.

Die DHV – Die Berufsgewerkschaft ist genau für diese Situationen da. Sie vertritt Beschäftigte in Handel, Banken, Versicherungen, Dienstleistung und Verwaltung – also genau jene Gruppen, die bei großen Umstrukturierungen oft übersehen werden. Sie unterstützt, wenn Arbeitsplätze wackeln, kämpft für faire Bedingungen und steht ihren Mitgliedern juristisch und menschlich zur Seite.

Sicherheit kommt von unten

Sicherheiten, die früher selbstverständlich waren, gibt es nicht mehr. Aber man kann selbst etwas dafür tun. Wer sich organisiert, hat eine Stimme – und wer sich zusammenschließt, wird gehört. Jobangst lässt sich nicht weg reden. Aber sie lässt sich bekämpfen – mit Solidarität, mit Engagement, mit einer starken Gemeinschaft. Denn am Ende gilt:
Wer allein kämpft, kann verlieren. Wer gemeinsam kämpft, kann gewinnen – in der DHV.

Generationenwechsel in der deutschen Arbeitswelt: Wie Gewerkschaften die Brücke zwischen Alt und Jung schlagen

Die deutsche Arbeitswelt durchlebt einen historischen Wandel. Erstmals arbeiten vier Generationen gleichzeitig in den Betrieben – von den erfahrenen Baby-Boomern bis zur aufstrebenden Generation Z. Dieser demografische Umbruch stellt nicht nur Unternehmen, sondern auch die Gewerkschaften vor neue Herausforderungen. Denn die Bedürfnisse und Arbeitsvorstellungen der Generationen unterscheiden sich fundamental.

Die Baby-Boomer: Gewerkschaftliches Stammklientel im Wandel

Die Baby-Boomer (geboren 1946-1964) prägten die deutsche Gewerkschaftslandschaft maßgeblich. Mit ihrer Vorstellung von lebenslanger Betriebstreue, klaren Hierarchien und kollektiven Kämpfen bildeten sie das Rückgrat der Gewerkschaftsbewegung. „Diese Generation versteht Solidarität als gemeinschaftliches Handeln für bessere Arbeitsbedingungen aller“, erklärt ein Vertreter des CGB.

Ihre Stärken – Ausdauer in Tarifverhandlungen, institutionelles Wissen und Loyalität zur Gewerkschaftsbewegung – sind für jüngere Generationen nach wie vor lehrreich. Doch mit dem bevorstehenden Renteneintritt der Boomer stehen die Gewerkschaften vor einem Mitgliederverlust, den es zu kompensieren gilt.

Generation X: Die pragmatischen Brückenbauer

Die Generation X (geboren 1965-1980) brachte erstmals das Thema Work-Life-Balance in die gewerkschaftliche Agenda. Als erste Generation, die bewusst zwischen Beruf und Privatleben trennte, kämpfte sie für flexible Arbeitszeiten und Familiengerechtigkeit. DHV-Funktionäre berichten, dass diese Generation besonders pragmatisch an Gewerkschaftsarbeit herangeht: „Sie wollen konkrete Ergebnisse sehen, weniger Ideologie, mehr Problemlösung.“

Von dieser Generation können andere lernen, wie man gewerkschaftliche Ziele mit realistischen Erwartungen verknüpft. Ihre Erfahrung im Umgang mit wirtschaftlichen Krisen der 1990er und 2000er Jahre macht sie zu wertvollen Vermittlern zwischen den Generationen.

Millennials: Neue Prioritäten, neue Gewerkschaftsarbeit

Die Millennials (geboren 1981-1996) revolutionieren derzeit die gewerkschaftlichen Forderungen. Purpose, Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit der Arbeit stehen für sie im Vordergrund. „Wir sehen einen Wandel von ‚mehr Geld‘ zu ‚bessere Arbeitsbedingungen für alle'“, beobachtet eine CGB-Vertreterin.

Diese Generation bringt digitale Kompetenz und neue Organisationsformen in die Gewerkschaftsarbeit ein. Ihre Fähigkeit zur Vernetzung über soziale Medien und ihre Offenheit für diverse Arbeitsformen bereichern traditionelle gewerkschaftliche Strukturen. Gleichzeitig fordern sie mehr Partizipation und flache Hierarchien auch innerhalb der Gewerkschaften selbst.

Generation Z: Authentizität trifft auf Tradition

Die jüngste Generation am Arbeitsmarkt (geboren 1997-2012) stellt Gewerkschaften vor besondere Herausforderungen. Ihr ausgeprägtes Bewusstsein für Mental Health, ihre Bereitschaft, klare Grenzen zu ziehen, und ihr Bedürfnis nach Authentizität passen nicht immer zu traditionellen gewerkschaftlichen Kampfformen.

„Diese Generation will nicht nur mehr Geld, sondern grundlegend andere Arbeitsstrukturen“, erklärt ein Betriebsrat aus der Automobilindustrie. Themen wie „Quiet Quitting“ und das Recht auf Nichterreichbarkeit nach Feierabend werden zu neuen gewerkschaftlichen Forderungen.

Gewerkschaftliche Herausforderungen und Chancen

Der Generationenwechsel zwingt deutsche Gewerkschaften zum Umdenken. Während ältere Mitglieder klassische Beratungsangebote und Rechtsschutz schätzen, fordern jüngere individuellere Coaching-Programme und digitale Weiterbildungsformate. Die DHV beispielsweise entwickelt bereits „Generationen-Mentoring-Programme“, die verschiedene Lebensphasen und Karrierewege berücksichtigen.

Ein besonderes Problem stellt die unterschiedliche Kommunikation dar. Während Boomer persönliche Gespräche bevorzugen, kommuniziert Gen Z hauptsächlich digital. Gewerkschaften müssen daher ihre Ansprache diversifizieren und sowohl traditionelle Versammlungen als auch moderne Online-Formate anbieten.

Voneinander lernen: Intergenerationale Gewerkschaftsarbeit

Die Stärken der verschiedenen Generationen können sich in der Gewerkschaftsarbeit ideal ergänzen. Von den Boomern lernen jüngere Mitglieder Durchhaltevermögen und die Bedeutung kollektiver Solidarität. Generation X vermittelt pragmatische Konfliktlösung und Karriereplanungsstrategien.

Millennials bringen innovative Organisationsformen und Nachhaltigkeitsdenken ein, während Gen Z neue Themen wie psychische Gesundheit am Arbeitsplatz auf die Agenda setzt. „Reverse Mentoring“ wird auch in Gewerkschaften wichtiger: Junge Mitglieder schulen Ältere in digitalen Kompetenzaufbau, während erfahrene Gewerkschafter ihr Führungswissen weitergeben.

Zukunft der deutschen Gewerkschaftsbewegung

Erfolgreiche Gewerkschaften der Zukunft werden generationenübergreifend denken müssen. Das bedeutet flexible Mitgliedschaftsmodelle, die sowohl traditionelle Vollmitgliedschaften als auch projektbezogene Kooperationen ermöglichen. Thematisch müssen sie klassische Lohnforderungen mit neuen Arbeitsformen wie Homeoffice, Vier-Tage-Woche und mentaler Gesundheit verknüpfen.

Der CGB hat bereits angeregt, „Generationen-Dialoge“ in Betrieben zu organisieren, bei denen verschiedene Altersgruppen ihre Prioritäten austauschen. Die DHV experimentiert mit hybriden Versammlungsformaten, die sowohl Präsenz- als auch Online-Teilnahme ermöglichen und ist auf allen gängigen sozialen Medienformen präsent.

Fazit: Stärke durch Vielfalt

Der Generationenwechsel in der deutschen Arbeitswelt ist für Gewerkschaften weniger Bedrohung als Chance. Jede Generation bringt spezifische Kompetenzen mit, wie die Beständigkeit der Boomer, die Balance der Generation X, die Innovation der Millennials und die Authentizität der Gen Z.

Gewerkschaften, die es schaffen, diese verschiedenen Stärken zu vereinen und generationenspezifische Bedürfnisse zu berücksichtigen, werden auch in Zukunft relevante Interessensvertretungen bleiben. Der Schlüssel liegt dabei in der Erkenntnis, dass nicht eine Generation die andere ersetzen soll, sondern alle voneinander lernen können.

Die deutsche Gewerkschaftsbewegung steht vor einer Zeitenwende. Ob sie gestärkt aus dem Generationenwechsel hervorgeht, hängt davon ab, wie gut sie die Brücke zwischen Tradition und Innovation schlagen kann. Die ersten Schritte sind gemacht – nun gilt es,

CGB FORDERT SOZIALREFORMEN MIT AUGENMASS STATT POLITISCHER PANIKMACHE DROHENDER KOLLAPS DER SOZIALVERSICHERUNG DURCH FAKTEN NICHT BELEGBAR

„Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt, nicht irritieren lassen“, so Bundeskanzler Friedrich März am 23.August auf dem Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Osnabrück. Das erwartet auch niemand vom Regierungschef, meint der CGB. Es würde schon reichen, wenn er zumindest die für die im Koalitionsvertrag angekündigten Sozialstaatsreformen relevanten Fakten zur Kenntnis nehmen würde.

Der Bremer CGB-Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDA/CGB-Arbeitsgemeinschaft Peter Rudolph hat gestern auf einer Funktionsträgersitzung seines Verbandes ein Positionspapier zur Diskussion um die Gewährleistung der Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Sozialversicherung vorgestellt, dass dieser Pressemitteilung beigefügt ist. Das Positionspapier soll deutlich machen, dass keinerlei Veranlassung besteht, vor einem „Kollaps von Renten- und Pflegesystem zu warnen“, wie kürzlich durch die Chef-Wirtschaftsweise der alten wie der neuen Bundesregierung, Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schnitzer, geschehen. Nominell wachsende Staatsausgaben für die Sozialversicherung begründen noch keinen Sparzwang. Entscheidend ist vielmehr ihre Entwicklung im Verhältnis zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), des Gesamtwertes aller Waren und Dienstleistungen. Bei diesem Vergleich zeigt sich, dass z.B. die Aufwendungen des Bundes für die Rentenversicherung in den letzten 20 Jahren sogar gesunken sind. Bei der Rentenversicherung ist darüber hinaus zu beachten, dass es sich bei dem Bundeszuschuss um keine Subventionierung handelt, sondern neben Beitragszahlungen im Wesentlichen um Erstattungsleistungen für vom Bund veranlasste versicherungsfremde Aufwendungen der Rentenversicherung. Die Wahrnehmung nicht beitragsfinanzierter Aufgaben, für die der Bund keine oder nicht kostendeckende Ausgleichszahlungen leistet, hat auch maßgeblichen Anteil am Defizit der Pflegeversicherung. Diesen Fakten ist auch bei allen beabsichtigten Reformen der Sozialversicherung Rechnung zu tragen. Entscheidend ist für den CGB die Gewährleistung der Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung und nicht die von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände geforderte Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge bei unter 40 Prozent. Dies schließt auch Leistungskürzungen, wie mit der Umgestaltung des Bürgergeldes beabsichtigt, sowie Beitragserhöhungen nicht aus. Der CGB hat in seinen Forderungen zur Bundestagswahl z.B. selbst auf eine Wiederherstellung des Lohnabstandsgebots bei Lohnersatzleistungen gedrängt und gefordert, dass Ansprüche auf sozial- und familienpolitische Leistungen stärker vom Einkommen und der Bedürftigkeit abhängig gemacht werden. Im Hinblick auf den demografischen Wandel teilt der CGB die im Positionspapier wiedergegebene Auffassung der OECD, dass sich die finanziellen Probleme für die Sozialversicherung durch eine Steigerung des Produktivitätswachstums und die Mobilisierung ungenutztem Arbeitskräftepotenzial minimieren lassen.

Zum Herunterladen des Positionspapier-Sozialversicherung

Zwischen Verantwortung und Realität: Sozialstaat stärken, Arbeit belohnen, Ungleichheit beenden

Duisburg, 29. Juli 2025 – Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, warnt vor der Überforderung des Sozialstaates und fordert eine umfassende Neuausrichtung. Seine Mahnung: Man könne sich nicht mehr „alles leisten“. Doch während die Arbeitgeberseite auf Kürzungen und Abgabenbremsen drängt, meldet sich die Gewerkschaft DHV – Die Berufsgewerkschaft mit einer klaren Botschaft: Ja, der Sozialstaat muss zukunftsfähig gemacht werden – aber nicht durch einseitige Belastung der Beschäftigten, sondern durch Mut zu echter Gerechtigkeit und Effizienz.

Sozialstaat ja – aber solidarisch, leistungsfreundlich und modern

Die DHV betont: Der Sozialstaat ist kein Auslaufmodell, sondern Grundpfeiler eines demokratischen Gemeinwesens. Doch er muss klug weiterentwickelt werden – und das bedeutet: Leistung muss sich wieder mehr lohnen. Wer arbeitet, wer ausbildet, wer pflegt, fährt oder organisiert, darf nicht schlechtergestellt sein als derjenige, der dem System dauerhaft fernbleibt. Statt pauschaler Sparappelle braucht es deshalb gezielte Reformen, die Fehlanreize abbauen und Arbeit attraktiv halten.

Bürokratie abbauen, Leistungen gezielt steuern

Ein großes Problem ist dabei die überbordende Bürokratie in den Sozialversicherungen. Jahr für Jahr gehen Milliarden in Verwaltungsprozesse, die weder den Beschäftigten helfen noch Vertrauen schaffen. Die DHV fordert einen konsequenten Bürokratieabbau – durch Digitalisierung, klare Schnittstellen, weniger Doppelstrukturen und einen stärkeren Fokus auf direkte Hilfe statt auf Verwaltung. Moderne Technologien wie KI dürfen kein Selbstzweck sein, sondern müssen spürbare Entlastungen für die Menschen bringen – im Jobcenter wie in der Renten- oder Pflegeversicherung.

Rentengerechtigkeit statt Sonderrechte

Ein besonders drängender Punkt ist die Ungleichbehandlung im Rentensystem. Es ist nicht mehr vermittelbar, dass Beamte und Selbstständige von Sonderregeln profitieren, während Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jahrzehntelang Beiträge zahlen – und dennoch in der gesetzlichen Rente mit deutlich weniger auskommen müssen. Die DHV fordert: Schluss mit der Zweiklassengesellschaft im Alter! Eine einheitliche Erwerbstätigenversicherung, in die alle fair einzahlen – auch Abgeordnete, Beamte und Selbstständige – ist überfällig. Nur so kann langfristige Stabilität bei gleichzeitigem Gerechtigkeitsempfinden erreicht werden.

Bürgergeld im Fokus – aber mit Augenmaß

Die angekündigte Bürgergeldreform muss klug umgesetzt werden: Nicht durch Pauschalkürzungen oder Stigmatisierung, sondern durch ein System, das motiviert, qualifiziert und unterstützt. Dabei gilt: Wer arbeiten kann, soll arbeiten – und wer arbeitet, muss auch mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet. Aber: Hilfe zur Teilhabe darf nie mit Straflogik verwechselt werden. Die Gewerkschaft spricht sich daher für aktivierende Sozialpolitik mit klaren Spielregeln aus – und gegen populistische Debatten, die den sozialen Frieden gefährden.

Fazit: Für einen Sozialstaat mit Rückgrat

Die DHV steht für einen Sozialstaat, der nicht bloß verwaltet, sondern stärkt. Einen Staat, der soziale Sicherheit garantiert, Arbeit belohnt, Ungleichheit abbaut und Zukunft investiv gestaltet. Dafür braucht es:

  • Bürokratieabbau und Digitalisierung mit Fokus auf Menschen
  • Rentenreformen, die Sonderrechte beenden
  • Sozialabgaben, die leistbar bleiben, ohne soziale Härte zu erzeugen
  • Stärkere Anreize für Erwerbsarbeit, statt bloß Kontrolle
  • Ein klares Ja zu Solidarität – aber auch ein klares Nein zu struktureller Ungerechtigkeit

So gelingt ein Sozialstaat, der nicht kippt, sondern trägt. Für alle – nicht nur für einige.

 

 

 

473 Millionen Arbeitsstunden auf Kurzzeitkonten – CGB fordert verpflichtenden Insolvenzschutz

Kurzzeit-Arbeitszeitkonten sind seit langem unverzichtbarer Bestandteil flexibler Arbeitszeitmodelle. Ihre quantitative Bedeutung hat nun erstmalig das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung – IAB mit repräsentativen gesamtwirtschaftlichen Daten nachgewiesen. Danach waren 473 Millionen Stunden im vierten Quartal auf Kurzzeitkonten verbucht, rund 150 Millionen Stunden mehr als zehn Jahre zuvor. Dies entspricht nach Schätzung des IAB einer Nettolohnsumme von 9,45 Milliarden Euro, die Beschäftigte ihren Unternehmen als Kredit zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zur Langzeitarbeitskonten, auf denen Zeitguthaben über Jahre angespart werden können, besteht bei Kurzzeit-Arbeitskonten keine gesetzliche Pflicht für Unternehmen, ihre Beschäftigten vor einem Verlust ihres Zeitguthabens bei einer Unternehmensinsolvenz abzusichern. Daher fordert der CGB auch für Kurzzeit-Arbeitskonten eine solche gesetzliche Pflicht zur Insolvenzabsicherung.

CGB-Sprecher Peter Rudolph: Kurzzeitarbeitskonten bieten prinzipiell Arbeitgebern wie Arbeitneh­mern viele Vorteile. Arbeitszeiten können ohne großen Verwaltungsaufwand flexibel gestaltet wer­den. Betriebe können so leichter auf schwankenden Arbeitskräftebedarf reagieren und Beschäf­tigte erhalten die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit unkompliziert individuellen Bedürfnissen anpassen zu können. Die Risiken dieses Modells flexibler Arbeitszeitgestaltungen dürfen jedoch nicht einsei­tig den Arbeitnehmern überlassen bleiben. Deshalb ist es nach Auffassung der christlichen Ge­werkschaften geboten, dass das Risiko der Beschäftigten, ihr angespartes Zeitguthaben bei einer Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers zu verlieren, durch einen verpflichtenden Insolvenzschutz abgedeckt wird.

Damit Kurzzeit-Arbeitszeitkonten nicht nur von Vorteil für die Unternehmen sind, ist es für den CGB darüber hinaus wichtig, dass für die Entkoppelung von Betriebszeit und individueller Arbeitszeit klare Regelungen unter Einbeziehung der Beschäftigten geschaffen werden. Dies gelingt am besten in Betrieben und Verwaltungen, die über einen Betriebs- bzw. Personalrat verfügen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Betriebe und Verwaltungen mit Betriebs- bzw. Personalrat bereits zu 70 Prozent mit Kurzzeit-Arbeitszeitkonten arbeiten, Betriebe und Verwaltungen ohne betriebliche Interessenvertretung hingegen nur zu 39 Prozent. Die Tarifbindung ist von ähnlicher Bedeutung, insbesondere dann, wenn die Verträge Vorgaben zur Gestaltung und Steuerung von Arbeitszeitkonten enthalten. Gesetzliche Vorgaben bestehen hingegen nur im Betriebsverfassungs- sowie im Arbeitszeitgesetz. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt die Einführung und Gestaltung von Arbeitszeitkonten der betrieblichen Mitbestimmung. Und das Arbeitszeitgesetz stellt sicher, dass auch bei flexiblen Arbeitszeitmodellen die Höchstarbeitszeitgrenze sowie vorgeschriebene Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden müssen.

DAS GIBT ES AUCH: EINZELHÄNDLER GEGEN SONNTAGSÖFFNUNG

Die Aushöhlung der Ladenschlussgesetze durch Ausnahmeregelungen vom Sonntagsverkaufsver­bot wird von der DHV seit Jahren regelmäßig angeprangert. Dass auch einmal der Einzelhandel selbst gegen die Möglichkeit zur Sonntagsöffnung protestiert, wie kürzlich in Bremerhaven, ist hin­gegen selten. Anlass für das Aufbegehren innerstädtischer Bremerhavener Einzelhändler ist die für den 17.August vorgesehene Sonntagsöffnung anlässlich der vom 3.–17.August stattfindenden SAIL Bremerhaven, einem der größten Windjammertreffen Europas. Zwar ist die SAIL ein Publi­kumsmagnet, das als maritimes Großereignis mit mehr als einer Million Besucher rechnen kann, jedoch nicht unbedingt in der Bremerhavener Innenstadt. Die innerstädti­schen Einzelhändler hät­ten daher gerne an der üblichen umsatzstarken Sonntagsöffnung im Okto­ber festgehalten. Dies wurde ihnen jedoch verwehrt, weil in Bremerhaven mit Ausnahme festgeleg­ter touristischer Berei­che nur vier Sonntagsöffnungen im Jahr zulässig sind und die Stadt für die SAIL keine zusätzliche Sonntagsöffnung für erforderlich hielt.

Die Sorge vieler Bremerhavener Einzelhändler vor den Kosten einer zwangsverordneten Sonn­tagsöffnung, der keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen, ist für die DHV verständlich. Auch in der Stadtgemeinde Bremen werden jährlich für lokale Kleinstereignisse Ausnahmeregelun­gen für Sonntagsöffnungen erlassen, nur weil sich der Bremer Senat bereits im Jahre 2008 mit ei­nigen Institutionen auf eine alljährlich weitgehend gleichbleibende Zahl von Sonntagsöffnungen verständigt hat, für die zum Teil krampfhaft neue regionale Anlässe gesucht werden müssen, mit de­nen sich die Ausnahmeregelungen begründen lassen. Das Aufbegehren Bremer Einzelhändler hält sich allerdings in Grenzen. Wie sie den Bedarf an Ladenöffnungszeiten einschätzen, haben sie allerdings bereits die Bremer City deutlich gemacht, in der die Mehrzahl der Geschäfte werk­tags lediglich zwischen 10 und 19 Uhr geöffnet hat und damit kürzer als bereits nach dem Bun­desladenschlussgesetz mög­lich.

 

Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Application no. 50974/22

DHV DIE BERUFSGEWERKSCHAFT against Germany

Stellungnahme des DHV-Landesvorsitzenden Bayern


Liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich werde oft gefragt nach unseren  erfahren beim EGMR, das unter der oben aufgeführten Antragsnummer beim EGMR geführt wird. 

Deswegen habe ich ein paar Gedanken dazu aufgeschrieben, die die meisten Fragen beantworten dürfte.

Die DHV ist eine Gewerkschaft die seit über 100 Jahren Tarifverhandlungen führt und Tarifverträge abschließt. 

Gegenüber dem BAG haben wir in unser Tarifhistorie den Abschluss von 25.000 Tarifverträgen seit den 1950er Jahren nachgewiesen. 

Unsere Tariffähigkeit in den kaufmännischen Kernbranchen ( Banken, Versicherungen, Einzelhandel, Ersatzkassen und Industrieangestellte ) wurde mehrfach gerichtlich bestätigt. 

Sie wurde auch vom BAG und dem Bundesverfassungsgericht in der Form nicht bestritten. 

 

Gegenstand der langen rechtlichen Auseinandersetzung in Deutschland war u.a. die Frage, ob die satzungsrechtlichen Änderungen zur Tarifzuständigkeit zu einer Ausweitung des Tarifzuständigkeitsbereiches mit einer damit verbundenen nicht genügenden Durchsetzungsfähigkeit der DHV geführt hatten. Entgegen der aus meiner Sicht überzeugenden Argumentation der DHV, dass es sich hier nicht um eine Ausweitung der Tarifzuständigkeit gehandelt hatte, hat das BAG letztinstanzlich der DHV die Tariffähigkeit u.a. mit der Begründung einer angeblichen Ausweitung der Tarifzuständigkeit aberkannt.

 

Nun hat also der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unsere Beschwerde angenommen und ich habe die KI gefragt wie Sie das bewertet. Die Antwort der KI: 

„Die DHV (Berufsgewerkschaft) hat eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht, in der sie eine Verletzung der Koalitionsfreiheit (Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention) durch die deutsche Rechtsprechung, insbesondere die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mächtigkeitsrechtssprechung rügt. Die DHV sieht darin einen Verstoß gegen das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen und Tarifverhandlungen zu führen. Der EGMR hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen, was als Zeichen gewertet wird, dass der Gerichtshof die Rüge der DHV ernst nimmt. Die Entscheidung des EGMR in diesem Fall könnte weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Tariflandschaft haben, insbesondere für Gewerkschaften, die nicht zu den größten und mächtigsten gehören. Die Rechtsprechung des EGMR ist für die deutschen Gerichte bindend, daher könnte eine Entscheidung GEGEN Deutschland zu einer Anpassung der deutschen Rechtsauslegung führen.“

Soweit also die KI, ein Urteil des EGMR könnte also die „Karten“ unter den Gewerkschaften in Deutschland grundlegend neu mischen.

Im laufenden Verfahren geht es um den Artikel 11 der europäischen Menschenrechtskonvention, die Freiheit sich in Gewerkschaften organisieren zu dürfen. Und den Artikel 14 Diskriminierungsverbot, der z.B. bei politische/religiösen Weltanschauungs- oder Richtungsgewerkschaften greifen könnte. 

Folgende wesentliche Fragen hat der EGMR in der Annahme der Beschwerde formuliert, die Antworten darauf werden sicher das Urteil des EGMR prägen.


FRAGEN AN DIE PARTEIEN

1. Liegt ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit der Beschwerdeführerin, insbesondere in ihr Gewerkschaftsrecht, im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 der Konvention vor?

Falls ja, war dieser Eingriff gesetzlich vorgeschrieben und im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 erforderlich?

War der behauptete Eingriff im vorliegenden Fall insbesondere in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn man bedenkt, dass die antragstellende Gewerkschaft ihren Gewerkschaftsstatus verloren hatte und in allen Bereichen ihres gesetzlichen Berufszweigs von Tarifverhandlungen ausgeschlossen war?

 

2. Wurde die antragstellende Gewerkschaft bei der Wahrnehmung ihrer Konventionsrechte entgegen Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 11 der Konvention diskriminiert?

 


Von unser Seite haben wir diese Fragen 2024 sehr umfassend beantwortet und wir hoffen natürlich auf ein Urteil zu unseren Gunsten in den nächsten Monaten.

Wer noch Rückfragen hat, kann sich immer gerne an mich wenden.

Johann Lindmeier 
DHV Landesvorsitzender Bayern