Bericht Tag der Deutschen Einheit in Schwerin

Stellvertretender CGB-Bundesvorsitzender Henning Röders vertrat den CGB bei den Einheitsfeierlichkeiten

Die zentrale Feier zum Einheitsfeiertag wurde in Schwerin unter dem Motto „Vereint Segel setzen“ mit einem dreitägigen Bürgerfest groß gefeiert. Der Festgottesdienst fand im Schweriner Dom und der Festakt im Mecklenburgischen Staatstheater statt. Der CGB wurde dabei vom stellvertretenden CGB-Bundesvorsitzenden Henning Röders repräsentiert.

Die Festreden hielten Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig und Bundeskanzler Olaf Scholz. Olaf Scholz verwies darauf, dass die ostdeutschen Bundesbürger stolz auf das nach 1990 Erreichte sein können. Dennoch: „Vollendet in diesem Sinne ist die Deutsche Einheit auch nach 34 Jahren natürlich nicht“, sagte der Bundeskanzler mit Hinweis auf geringere Löhne und Vermögen im Osten. „Wo immer Politik bessere Lebenschancen und gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen kann, muss dies geschehen.“

Auch Manuela Schwesig nannte unterschiedliche Löhne und weniger große Unternehmen im Osten als Gründe für die Benachteiligung von Menschen im Osten. Schwesig verwies aber auch auf die enorme Entwicklung der ostdeutschen Länder seit der Wiedervereinigung. Erfolgreiche Unternehmen seien entstanden, die Arbeitslosigkeit sei zurückgegangen, und Städte und Dörfer seien schöner geworden.  

„Für mich ist der Tag der Deutschen Einheit ein persönlicher Grund zur großen Freude. Ohne dieses Ereignis hätte ich nicht mein privates Glück und meinen Lebensmittelpunkt in der Landeshauptstadt Schwerin gefunden.“, so der stellvertretende CGB-Bundesvorsitzende Henning Röders, für den der Tag der Deutschen Einheit in diesem Jahr ein Heimspiel war. Beeindruckt zeigte sich Henning Röders von der Organisation der Feierlichkeiten und von dem vielfältigen Programm. Auf der Bürgerfestmeile zeigte sich, wie Ost und West mittlerweile zusammengewachsen sind – trotz der in den jüngsten Wahlen besonders zutage getretenen politischen Diskrepanzen im Wahlverhalten zwischen Ost und West.

Beeindruckend waren auch der Festgottesdienst und der Festakt – wenn man von der vom Bundeskanzler leider sehr leise und leider gewohnt monoton vorgetragenen Festrede absieht. Auch wenn der Tag der Deutschen Einheit ein Tag des Feierns ist, wären nach Auffassung von Henning Röders ein paar selbstkritische Töne in den Festreden durchaus angebracht gewesen. Denn nicht nur unterschiedliche Löhne und Vermögen sowie weniger große Unternehmen sind die Ursachen für die in den Wahlen besonders zum Ausdruck gekommene Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher. Vielmehr hatte die Politik mit zu großen Versprechen Erwartungen geweckt und diese enttäuscht – angefangen vom Versprechen der blühenden Landschaften des Bundeskanzlers Helmut Kohl bis hin zum Versprechen von Olaf Scholz, dass keiner zurückgelassen werde und dass man Führung bekomme, wenn man sie bei ihm bestelle. Gerade die chaotische Politik der Ampelregierung hat viel Vertrauen zerstört und die Ostdeutschen dazu gebracht, „das deutsche politische System abzuwählen“ (Zitat Ministerpräsident Rainer Haseloff, Sachsen-Anhalt anlässlich einer Betriebsrätekonferenz Ost im Juni in Berlin). Gerade Bundeskanzler Scholz sollte das in Schwerin begangene Jubiläum der Deutschen Einheit zum Anlass nehmen, mehr auf die Befindlichkeiten der Menschen in Ostdeutschland einzugehen und diese in der Politik der Bundesregierung mitzunehmen.

Henning Röders

 

Unglaubliche Verfehlungen von Arbeitgebern

Letzte Woche wurde mir eine folgende Ergänzungsformulierung zu einem Arbeitsvertrag zugespielt:

„Nach mündlicher Information für den Mitarbeiter vom …(Datum Anfang August) nimmt der Arbeitgeber rückwirkend folgende Information in den Arbeitsvertrag mit auf:
– Arbeitsbescheinigungen, Krankheitsmeldungen usw., welche vom Steuerberater erstellt oder online abgerufen werden müssen, werden mit 13 Euro (pro Abruf bzw. pro Erstellung) vom Gehalt des Mitarbeiters abgezogen.
Unterschrift Arbeitgeber und Mitarbeiter“


Der Kollege, der mir das Dokument schickte, fragte mich, ob mir so etwas schon einmal untergekommen wäre. Ich sagte ihm, dass mir eine solch ungeheuerliche Arbeitsvertragsergänzung noch nie in meinen fast 24 Jahren Gewerkschaftstätigkeit untergekommen war und dass ich hoffe, eine solche Vereinbarung nicht noch einmal lesen zu müssen. Es ist ein Unding, dass Beschäftigte für Bescheinigungen, die im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses notwendig sind, zahlen sollen. Gerade im Hinblick auf Krankheitsmeldungen sehe ich eine solche Arbeitgeberforderung am Rande der Sittenwidrigkeit. Ein solches Begehren erzeugt unzulässigen Druck auf die betroffenen Beschäftigten, von einer Krankmeldung Abstand zu nehmen. Es geht hier nicht nur um die Kosten, die auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden sollen, sondern auch um die Botschaft „Alles, was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung steht, soll zu Lasten des Arbeitnehmers gehen.“ Wenn so etwas Schule macht, was kann dann auf den Arbeitnehmer noch abgewälzt werden? Die Kosten für die Erstellung der monatlichen Gehaltsbescheinigung, des Nachweises für die Sozialversicherung oder für die Bearbeitung der Genehmigung des Urlaubsantrages?

Dieser Vorgang erinnerte mich an eine Begebenheit vor ein paar Jahren. Ich hatte einmal eine Schwestergewerkschaft bei einer Tarifverhandlung als rechtlicher Berater unterstützt. Der Arbeitgeber ging unverfroren mit der Forderung in die Verhandlungen, Betriebsräte für die Dauer ihrer Betriebsratstätigkeit das Gehalt zu kürzen. In dieser Zeit würden sie ja nicht produktiv für das Unternehmen tätig sein. In einer hitzigen Diskussion wies ich die Arbeitgeberseite darauf hin, dass diese Forderung rechtswidrig sei. Ich durfte mir dann in einer Arbeitgebererwiderung anhören, ich würde hier die Kreise stören. Als die Verhandlungskommission der Schwestergewerkschaft in der internen Beratung war, kam sogar der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite noch herein und fragte, was die Gewerkschaftsseite an Zugeständnis bieten würde, damit die Arbeitgeberseite von ihrer Forderung nach Kürzung der Gehälter während der Betriebsratsarbeit Abstand nehme.

Die weitaus überwiegende Mehrheit der Arbeitgeber gehen fair mit ihren Beschäftigten um und bringen diesen gegenüber große Wertschätzung entgegen. Leider gibt es solche schwarzen Schafe, deren Verfehlungen die vielen guten gelebten Sozialpartnerschaften überdecken.

Henning Röders

CGB AG erfolgreich auf CDA Bundestagung

Mitte September fand in Weimar die Bundestagung der CDA der CDU Sozialausschüsse statt.

Mit Mittelpunkt der Tagung stand die Rede des CDU Bundesvorsitzenden Friedrich Merz und der Wechsel im Bundesvorsitz. Nach fast 20 Jahren gab Minister Karl-Josef Laumann den Bundesvorsitz ab. Neuer CDA Chef ist der Europaabgeordnete Dennis Radke.

Ein Schwerpunkt der Tagung war die Antragsberatung. Mit 7 Anträgen hat sich die Arbeitsgemeinschaft der CGB Gewerkschafter in der CDA eingebracht. Die Anträge zur Tarifbindung und Tariftreue, sowie die Aktualisierung der betrieblichen Mitbestimmung – d.h. eine Novellierung des Betriebsverfassungsgesetz und des Personalvertretungsgesetz – fanden Zustimmung. Dies galt auch für den Antrag der einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindungsquote zum Thema hat. Die Anträge zu den Themen Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen  und Besetzung von Tarifausschüssen wurden als Arbeitsauftrag an die CDU/CSU Arbeitnehmergruppe geleitet. Auch der Antrag auf Abschaffung des Tarifeinheitsgesetz wurde an die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU weiter gegeben. Dieser Antrag löste eine heftige Diskussion auf hohem Standard aus. Der Antrag, der sich gegen Steuerfreiheit oder Steuerbegünstigung von Überstunden ausspricht, wurde ebenfalls fast einstimmig angenommen. Auch personell war die CGB/AG erfolgreich. Ihr Vorstandsmitglied Michael Wolter von der CGM, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der CDA Brandenburg ist, wurde mit einem der besten Ergebnisse in den Vorstand gewählt. Kraft Amtes gehört der AG Vorsitzende Ulrich Bösl von der CGPT dem CDA Bundesvorstand an.

U. Bösl

Sommerempfang der Arbeitnehmerkammer Bremen

Am 2.September fand in der neuen Bremer Überseestadt im früheren Schuppen 2 des vormaligen Europahafens der diesjährige Sommerempfang der Arbeitnehmerkammer statt. Gastrednerin des Abends war Frau Prof. Dr. Phil Yasemin Karakasoglu von der Universität Bremen, die zu Problemen der Migrationsgesellschaft forscht. Unter den Gästen des Empfangs waren auch der Präsident des Senats, Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, und mehrere seiner Senatoren sowie Repräsentanten der Arbeitskammer des Saarlandes. DHV und CGB wurden durch Kollegen Peter Rudolph vertreten, der langjährig Mitglied der Vollversammlung der Arbeitnehmerkammer war.

 

Die Gastrednerin des Abends, Prof. Dr. Phil Yasemin Karakasoglu, von der Universität Bremen.

Der CGB-Landesvorsitzende Bremen, Peter Rudolph, im Gespräch mit dem Präsidenten der Arbeitnehmerkammer, Peter Kruse (Personalratsvorsitzender der Handelskrankenkasse Bremen).

 

PENDLER STÄRKER STEUERLICH ENTLASTEN – CGB FORDERT DEUTLICHE ANHEBUNG DER ENTFERNUNGSPAUSCHALE

Angesichts der im Jahre 2023 weiter gestiegenen Pendlerzahlen in Deutschland fordert der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands eine Anhebung der Entfernungspau­schale für Berufspendler auf 50 Cent je Kilometer. Bislang beträgt die umgangssprachlich Pendler­pauschale genannte steuerliche Entlastung lediglich 30 Cent je Kilometer und 38 Cent ab dem 21.Kilometer, wobei die 38 Cent-Regelung auch noch bis 2026 befristet ist. Diese Sätze decken nicht die tatsächlichen Kosten ab, die den Arbeitnehmern für den Hin- und Rückweg zu ihrer Arbeitsstätte entstehen, zumal steuerlich jeweils nur die einfa­che Weg­strecke geltend gemacht werden kann.

Der CGB verweist darauf, dass von den rund 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Be­schäftigten in Deutschland mit 22,5 Millionen mehr als 60 Prozent ihren Arbeitsplatz au­ßer­halb ihres Wohnortes haben. 7,13 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen täglich mehr als 30 Kilometer fahren, um zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen, rund 4 Millio­nen sogar mehr als 50 Kilometer und rund 2,3 Millionen mehr als 100 Kilometer. Besonders hoch sind die Pendlerzahlen in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Mün­chen.

Für Menschen, die zu ihrer Arbeit pendeln, darf der tägliche Weg von der Wohnung zur Ar­beit nicht zu einem finanziellen Luxus werden. Sie müssen sich den Arbeitsweg auch leis­ten können. Wenn dies nicht mehr gewährleistet ist, lohnt sich die tägliche Arbeit nicht mehr, und die Grundlage für eine auskömmliche finanzielle Existenz entfällt.

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels wird von den Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmern eine erhöhte Mobilität erwartet. Dem muss nach Auffassung der christli­chen Gewerkschaften auch der Gesetzgeber Rechnung tragen und die Entfernungskos­tenpau­schale so anheben, dass die tatsächlichen Pendelkosten der Beschäftigten als Werbungs­kosten steuerlich Berücksichtigung finden.

 

DHV-Information: Hamburger Modell: Was steckt dahinter?

Sollten Arbeitnehmer mehr als sechs Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt sein, so steht ihnen ein Recht auf Unterstützung bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber zu (§ 74 SGB V). Dabei kann die stufenweise Wiedereingliederung, auch als “Hamburger Modell” bekannt, angewendet werden.

Was verbirgt sich hinter diesem Modell? Was sind die Anforderungen? Darüber gibt unser neues Informationsblatt Auskunft.

Zum Herunterladen der Information

Interessant für alle Arbeitnehmer

Datenschutz ist wichtig. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, nach DSVGO Auskunft über alle Ihre Daten, welche er gespeichert hat, verarbeitet oder nutzt, zu geben. Dies sollte er innerhalb von vier Wochen bewerkstelligt haben.

Leider stellt sich das in der Praxis in der Arbeitswelt meisten nicht so leicht dar. Nun gibt es jedoch seit November 2023 ein treffendes Urteil.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat einem Kläger mit Urteil vom 3. November 2023 (Az. 5 Ca 877/23) eine Entschädigung in Höhe von 750 Euro zugesprochen, weil sein Auskunftsersuchen an ein Unternehmen, bei dem er sich beworben hatte, verspätet beantwortet habe.

Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte der Beklagten im März 2017 seine Bewerbungsunterlagen zugesandt. Mit Schreiben vom 18.05.2023 begehrte der Kläger von der Beklagten Auskunft nach der DSGVO darüber, ob und welche Daten zu seiner Person gespeichert seien. Er setzte der Beklagten eine Frist bis zum 02.06.2023. Das Schreiben ging der Beklagten am 18.05.2023 per Email zu. Die Beklagte nahm keine Stellung bis zum 03.06.2023. Sodann erinnerte der Kläger die Beklagte mit Email vom 03.06.2023 an sein Anliegen. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.06.2023 eine Negativauskunft mit dem Inhalt, dass keine Daten des Klägers bei ihr gespeichert seien. Per E-Mail vom 09.06.2023 bat der Kläger die Beklagte um Mitteilung, aus welchem Grund diese die Auskunft nicht zuvor erteilt habe. Per E-Mail vom 13.06.2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Auskunft mit Blick auf Artikel 12 DSGVO fristgerecht erteilt worden sei. Mit Email vom 13.06.2023 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 1.000 Euro wegen behaupteter Verletzung des Art 12 DSGVO auf. Die Beklagte lehnte den Anspruch des Klägers mit Email vom 14.06.2023 ab.

Das Gericht begründet seine Entscheidung, dass der Verantwortliche zwar nach 19 Tagen auf das Auskunftsersuchen geantwortet habe, aber gemäß Artikel 12 Abs. 3 der Datenschutzgrundverordnung eine „unverzügliche“ Beantwortung Voraussetzung ist.

Die DSGVO sieht zwar in Art. 12 Abs. 3 für die Beantwortung eine maximale Frist von einem Monat ab Eingang des Antrags vor. Diese Höchstfrist darf aber nicht routinemäßig, sondern nur in schwierigeren Fällen ausgeschöpft werden. Angelehnt an § 121 BGB, ist unter „unverzüglich“ „ohne schuldhaftes Zögern“ zu verstehen. Da „unverzüglich“ weder „sofort“ bedeutet noch damit eine starre Zeitvorgabe verbunden ist, kommt es auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an. Nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ist aber ohne das Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich keine Unverzüglichkeit mehr gegeben. Die speziellen Umstände für einen erhöhten zeitlichen Bearbeitungsaufwand müssen vom Verantwortlichen dargelegt werden.

Nach Ansicht des Gerichts ist der Verantwortliche auch verpflichtet, die Struktur der Organisation so zu gestalten, dass eine fristgerechte Bearbeitung von eingehenden Anträgen möglich ist.

Da der Kläger in Ungewissheit über seine personenbezogenen Daten gelassen worden sei, sieht das Gericht den immateriellen Schaden darin, dass der Kläger seine Daten vorübergehend nicht kontrollieren konnte. Darüber hinaus konnte der Betroffene nicht überprüfen, ob und wie die Beklagte seine persönlichen Daten verarbeitet hatte.

Für nähere Informationen zu Entscheidung:

www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/arbg_duisburg/j2023/5_Ca_877_23_Urteil_20231103.html

oder als link Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 877/23 (justiz.nrw)

Henning Röders

Bundesvorsitzender

Gehaltstarifabschluss Privatbanken

Anfang Juli einigte sich der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes mit den verhandelnden Gewerkschaften verdi und DBV auf folgenden Tarifabschluss:

  • 2 Nullmonate (Juni und Juli)
  • Gehaltserhöhungen:

5,5 % mehr ab 1.8.2024

3 % mehr ab 1.8,2025

2 % mehr ab 1.7.2026

  • Erhöhungen Nachwuchskräftevergütungen:

150 Euro mehr ab 1.8.2024

50 Euro mehr ab 1.8.2025

50 Euro mehr ab 1.7.2026

  • Laufzeit bis September 2026 (28 Monate)

Des Weiteren einigten sich die Tarifparteien auf Tarifgespräche zur Weiterentwicklung des Tarifentgeltsystems und zu einer modernen und individuellen Arbeitszeitgestaltung.

Die Gewerkschaften waren mit sehr hohen Forderungen in die Verhandlungen gegangen:

Verdi: 12,5 %, mindestens 500 Euro und 250 Euro mehr für Nachwuchskräfte – und das bei 12 Monaten.

DBV: 16 % bei einer Laufzeit von 24 Monaten, mindestens 600 Euro mehr; Nachwuchskräfte 250 Euro mehr; 1 Stunde Arbeitszeitverkürzung auf 38 Wochenstunden

Begleitet wurden die Verhandlungsrunden mit der üblichen Begleitmusik von Warnstreikaktionen.

Gemessen an den hohen Forderungen ist der Tarifabschluss ernüchternd. „Die Kunst des Machbaren“, wie der DBV seine Tarifinformation als Überschrift versieht, ist noch eine freundliche Umschreibung dieses Verhandlungsergebnisses, das weit hinter den Forderungen der Gewerkschaften zurückgeblieben ist. 10, 5 % mehr Gehalt und 250 Euro mehr Nachwuchskräftevergütung bei einer Laufzeit von 28 Monaten haben die durch die Tarifforderungen geschürten hohen Erwartungen nur unzureichend erfüllt. Besonders der Tarifabschluss 2022 war mit 13 Nullmonaten und zwei linearen Gehaltserhöhungen mit einem Gesamtvolumen von sehr mageren 5,0 % bei einer Laufzeit von 35 Monaten ein Schlag ins Kontor für die Beschäftigten der Privatbanken. Die Kluft zu den Beschäftigten der Sparkassen hat sich mit dem Abschluss Anfang Juli noch vergrößert. Denn diese profitierten von einer monatlichen Stückelung der Inflationsausgleichsprämie in 2023, einer Sockelanhebung von 200 Euro und einer Gehaltserhöhung von 5,5 % ab März 2024. In den unteren und mittleren Entgeltgruppen beträgt die Gesamtsteigerung damit deutlich über 10 % bis über 16 % – und das bei einer Laufzeit von nur 24 Monaten!

Natürlich wachsen die Wünsche bei Tarifverhandlungen nicht in den Himmel. Ein Tarifabschluss stellt immer die Kunst des Machbaren dar. Auch gehört zur Wahrheit, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Beschäftigten der Privatbanken unter 10 Prozent liegt und somit weder verdi noch DBV ein ernstzunehmendes Druckpotential bei den Privatbanken entfalten können. Die verhandelnden Gewerkschaften sollten deshalb selbstkritisch reflektieren, ob man nicht zukünftig etwas realistischere Forderungen aufstellen sollte.

V.I.S.d.P.: Henning Röders

 

 

 

Veranstaltung der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zum Thema gute Arbeit

Veranstaltung der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zum Thema gute Arbeit

Am 15.07.2024 hatte die SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg zu einer Veranstaltung mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil eingeladen. Unter dem Motto „Für gute Arbeit: sicher, gerecht, zukunftsfest“ hielt er ein Impulsreferat, diskutierte mit der hamburgischen Gesundheits- und Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer sowie mit der hamburgischen DGB-Vorsitzenden Tanja Chawla und stellte sich den Fragen des Publikums.Als DHV-Bundesvorsitzender unter lauter DGB-Betriebsräten und hauptamtlichen DGB-Gewerkschaftssekretären war ich zwar ein Exot. Aber dennoch war die Veranstaltung durchaus kurzweilig und interessant. Hubertus Heil nannte Punkte, denen ich als christlicher Gewerkschafter durchaus zustimmen kann, wie u.a.:

  • Tariftreuegesetz zur Steigerung der Tarifbindung: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen sollte auch an die Bindung oder Anwendung von einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen gekoppelt werden. Die Gegner einer solchen Regelung sollten bedenken: Die Orientierung an dem wirtschaftlichsten Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis benachteiligt viel zu oft die Unternehmen, die sich an tarifvertragliche Regelungen halten und deshalb leider dem Preiswettbewerb mit tariflosen Unternehmen nicht standhalten können.
  • Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen: Auch der CGB fordert dies, um tariftreue Unternehmen vor Dumpinglohnkonkurrenz in Schutz zu nehmen. (zur Beschlusslage des DHV-Bundesgewerkschaftstages und des CGB-Bundeskongresses s. Artikel zu 75 Jahren Tarifvertragsgesetz) Bundesgewerkschaftstages
  • Digitales betriebliches Zugangsrecht für Gewerkschaften: Eine solche Regelung gibt es bereits im Bundespersonalvertretungsgesetz und sollte in alle Landespersonalvertretungsgesetze und in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen werden. Dabei sollte das digitale Zugangsrecht für alle Arbeitnehmervereinigungen gelten, die unter den Schutz der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz fallen

Positiv war auch, dass der Bundesarbeitsminister auf die Verpflichtung der Bundesregierung aus der EU-Mindestlohnrichtlinie einging, einen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindungsquote auf 80 % der Arbeitnehmer/innen zu erstellen. Allerdings glaube ich nicht, dass der Bundesregierung einen solchen Plan noch vor der Bundestagswahl 2025 vorlegen wird.

Beim Thema Mindestlohn kritisierte der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Arbeitgeberseite in der Mindestlohnkommission, die mit ihrem Nein eine stärkere Anhebung des Mindestlohns verhindert habe. Er machte eine deutliche Ansage, dass er sich ein erneutes Patt zwischen Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter nicht noch einmal ansehen werde. Für mich war diese Äußerung ein deutliches Zeichen, dass es im Wahljahr 2025 sehr wahrscheinlich wieder eine SPD-Initiative in Richtung überproportionale Erhöhung des Mindestlohns – vielleicht auf 15 €? – geben wird. Mal sehen, wie sich die FDP verhalten wird.

Diese Kritik von Bundesarbeitsminister Heil ist verwunderlich, da die Mindestlohnkommission den 2023 geltenden Mindestlohn auf Grundlage der von der 2014 amtierenden Großen Koalition unter der damaligen SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles verabschiedeten gesetzlichen Regelung festgelegt hatte. Die Aussage des Bundesarbeitsministers ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Mindestlohn endgültig zum Spielball politischer Interessen geworden ist und die Mindestlohnkommission nur noch eine Farce darstellt.

Auf andere kritische Punkte ging Hubertus Heil nur unvollständig ein. Mit markigen Worten plädierte er gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters – ohne aber zumindest anzudeuten, wie die Finanzierungsfrage gelöst werden könne. Auch das Thema Bürgergeld streifte er nur kurz, ohne die Probleme mit den Kosten und den fehlenden Arbeitsanreizen zu erwähnen. Zum Versagen im sozialen Wohnungsbau fiel ihm nur das Lob ein, dass es endlich wieder ein Bauministerium gibt. Nun, vielleicht fehlte auch die Zeit, auf diese Kritikpunkte näher einzugehen.

Henning Röders

 

DHV-Information zu den jüngsten Verhandlungsergebnissen im Handel

„Ver.di’s Verhandlungsdebakel im Handel – Eine kritische Bestandsaufnahme“

Die jüngsten Verhandlungsergebnisse von ver.di für den Einzel- sowie Groß- und Außenhandel lässt viele Beschäftigte ratlos zurück. Was als Durchbruch verkauft wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als mageres Zugeständnis, das an den realen Problemen der Branche vorbeigeht. Man sieht hier, wohin ein gewerkschaftliches Tarifmonopol führt.

Nehmen wir Petra S.*, langjährige Kassiererin bei einer großen Supermarktkette. „Mit der Lohnerhöhung kann ich mir gerade mal einen Kaffee mehr pro Woche leisten“, sagt sie kopfschüttelnd. „Von wegen Inflationsausgleich – das ist ein schlechter Witz.“

Ähnlich sieht es Markus K.*, Lagerist bei einem Großhändler. Er hatte auf Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und auf eine wesentlich höhere Lohnerhöhung gehofft. Stattdessen heißt es weiter: Überstunden schieben bei dünner Personaldecke. „Ver.di hat uns echt hängen lassen“, meint er enttäuscht.

Diese Einzelschicksale werfen ein Schlaglicht auf die größere Frage: Hat ver.di noch die Schlagkraft, um die Interessen der Beschäftigten wirksam zu vertreten? Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Der Handel muss sich mal wieder einmal dank der Einheitsgewerkschaft mit Brosamen begnügen.

Besonders bitter: Die Mobilisierungskraft von ver.di scheint zu schwinden. Groß angekündigte Warnstreiks verpufften weitgehend wirkungslos. In einer Großstadt wie Köln beteiligten sich gerade mal knapp über 200 Mitarbeiter aus dem Handel – ein Armutszeugnis für eine Millionenmetropole und für die zweitgrößte Gewerkschaft im DGB. Vielleicht sollte sich die Einheitsgewerkschaft lieber auf ihr Kerngeschäft im öffentlichen Dienst zurückziehen. Hier sind sie ohne Frage sehr gut organisiert, in allen anderen Bereichen müsste man ein großes Fragezeichen setzen, wenn man die Tarifergebnisse als Grundlage nimmt.

Die Handelsbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen wie Digitalisierung, Automatisierung der Verkaufsprozesse, Personalabbau und wachsender Konkurrenzdruck. Damit die Beschäftigten nicht im Hinblick auf die Arbeits- und Gehaltsbedingungen ins Hintertreffen geraten, ist es eine Rückbesinnung auf gewerkschaftliche Kernwerte wie Solidarität, Kampfbereitschaft und eine klare Kante gegenüber den Arbeitgebern notwendig. „Back to the roots“ – so sagt man im Neudeutschen. Ver.di hat es in dem über ein Jahr dauernden Tarifkonflikt im Handel nicht geschafft, dieser Herausforderung gerecht zu werden.  Die Gewerkschaft hat es versäumt, die realen Nöte der Basis in handfeste Forderungen und gute Abschlüsse zu übersetzen. Stattdessen wirkt sie angesichts der dürftigen Verhandlungsergebnisse wie ein zahnloser Tiger, der vor den Arbeitgebern einknickt.

*Namen für den Artikel geändert